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"Herminator" und Kitz: Keine Liebe auf den ersten Blick

Die meisten Rennen in dieser Saison hat Hermann Maier daheim vorm Fernseher gesehen.

Nur beim Flutlicht-Slalom in seinem Heimatdorf Flachau war er als Zaungast dabei.

Und das im wahrsten Sinne des Wortes, stand er doch im oberen Teil der nach ihm benannten Piste am Zaun und schaute sich das Spektakel, die Skier angeschnallt, erste Reihe fußfrei an.

In aller Ruhe und völlig ungestört beobachtete der „Herminator“ die Show der Techniker.

Neues Leben als "Unternehmer"

Wenn der 39-Jährige am Donnerstag nach Kitzbühel fährt, um dort gemeinsam mit Marcel Hirscher einen Sponsortermin wahrzunehmen, wird das anders sein.

Dann ist es mit der Ruhe und fußfrei vorbei, steht der „Unternehmer“ („Ich unternehme sehr viel!“) wie jedes Jahr im Mittelpunkt.

Der Salzburger kehrt als sechsfacher Kitzbühel-Sieger – einmal Abfahrt, fünf Mal Super-G - mit besten Erinnerungen in die Gamsstadt zurück.

"Das war ein Skandal in Österreich"

Aber, erinnert sich Maier bei "Sport & Talk" im Hangar-7, es hat ein bisschen gedauert, bis er mit dem Hahnenkamm „warm“ geworden ist.

„Ich bin es relativ falsch angegangen. Die Saison 1997/1998 war meine erste volle und ich habe den Gesamt-Weltcup angeführt. In diesem Jahr waren die Olympischen Spiele in Nagano und Kitzbühel war das vorletzte Rennen."

"Aber ich hatte mich dazu entschlossen, dass ich die Rennen auslassen, mir eine Auszeit nehmen und Kondition trainieren werde. Das war natürlich ein Skandal in Österreich!“

Die Tage nach seiner Entscheidung wird der Salzburger nie vergessen: „Ich habe noch nie mit so vielen Menschen gesprochen, die gesagt haben: Fahr, es ist sicherlich besser! Aber im Endeffekt war es die richtige Entscheidung“, lacht Maier heute.

Der Rest – Horror-Sturz in Nagano und dann Olympia-Gold im Super-G und im Riesentorlauf – ist österreichische Sport-Geschichte.

Erinnerungen an Bierdose am Start

Wie auch seine Kitzbühel-Siege, zum Beispiel der erste im Jahr 2000. Wenn der Gewinner von 54 Weltcup-Rennen an seinen ersten Triumph erinnert, dann vor allem „an die Menschenmassen, die Strecke, aber auch das Psychologische.“

„Ich habe mir irrsinnig schwer getan, mich vom Hirn auf das Rennen einzustellen, weil einfach so viel Drumherum ist und die Strecke so undurchschaubar war. Ich habe nie genau gewusst, was ich machen soll, damit ich richtig schnell bin. Ich habe dieses Rennen mit keinem anderen vergleichen können.“

Unvergleichbar sind auch die kuriosen Momente, die es so nur am Hahnenkamm gibt. Ein Beispiel gefällig?

„Wengen ist schon eindrucksvoll, aber Kitzbühel ist noch einmal eine Steigerung. Die Kulisse ist viel komprimierter. Du streckst deinen Kopf beim Starthaus raus und nebenbei jubeln die Fans und halten dir eine Bierdose her und du musst eigentlich zur Mausefalle hin.“

Kitzbühel verzeiht keine Fehler

Diese Erfahrungen werden auch die sechs ÖSV-Debütanten, die von Herren-Chef Mathias Berthold über die Streif geschickt werden, machen. Machen müssen, meint Maier.

„Wenn ich Mentor wäre, dann würde ich den Jungen nicht sagen, dass es etwas Besonderes ist Kitzbühel zu gewinnen, sondern eher das Gegenteil."

"Der Druck wird einfach irrsinnig groß und diese Abfahrt verzeiht keine Fehler“, hat Maier in Kitzbühel auch viele Karrieren zu Ende gehen sehen, bevor sie überhaupt begonnen haben.

"Sind meine eigenen Vorstellungen"

„Man muss sich ans Limit herantasten wie auf keiner anderen Abfahrt, muss hineinwachsen, sonst ist man in Kitzbühel fehl am Platz.“

Im ÖSV-Team würde man für Hermann Maier sicher einen Platz finden, aber einer der Größten hat gar nicht wirklich Lust, seine Erfahrungen an die jungen Läufer weiterzugeben.

„Es muss passen. Was man da weitergibt, hat man sich selber erarbeitet und irgendwo sind das eigene Vorstellungen. Und die so rüberzubringen, dass sie auch umgesetzt werden, das ist oftmals eine Schwierigkeit.“