news

So funktioniert der Workflow im "Team Hirscher"

So funktioniert der Workflow im

Nein, gezählt hat er sie nicht. Aber ungefähr zehn Paar Slalom- und zehn Paar Riesentorlauf-Ski hat Edi Unterberger für Bansko eingepackt.

Dazu ein paar „Spezial-Ski“ für den Parallel-Slalom auf der Mega-Rampe in Moskau.

Die letzten Tage waren arbeitsreich für den Service-Mann von Marcel Hirscher, galt es doch neben den technischen Disziplinen auch die richtige Abstimmung für den Super-G zu finden.

Denn in Crans Montana wagt sich der junge Salzburger wieder in den Speed-Bereich vor, um im Kampf um den Gesamt-Weltcup noch das eine oder andere Wörtchen mitzureden.

„Wir haben viel trainiert und probiert, um möglichst viele Erkenntnisse zu sammeln. So filtern wir die Ski heraus, von denen wir überzeugt sind, dass sie gut funktionieren.“

Mit Edi Unterberger hat der 22-Jährige von Atomic nicht einfach nur einen Service-Mann an seine Seite bekommen. Der Salzburger ist eine „Legende“ im Ski-Weltcup, was er nicht zuletzt seiner erfolgreichen Arbeit mit und für Hermann Maier, Stephan Eberharter oder Michael Walchhofer verdankt.

Im großen LAOLA1-Interview spricht der 41-Jährige über die Arbeit im „Team Hirscher“, seine Connection mit Vater Ferdinand und er zieht den Vergleich mit dem „Herminator“.

Außerdem gewährt der bodenständige Tüftler einen seltenen Blick hinter die Kulissen.

LAOLA1: Wie kann man sich die Zusammenarbeit im „Team Hirscher“ mit Marcel, Vater Ferdinand und dir vorstellen?

Edi Unterberger: Es ist jetzt die erste Saison für mich mit Marcel, aber es hat von Anfang an gut funktioniert. Wir verstehen uns sehr gut und es war natürlich auch hilfreich, dass der Ferdl seinen Buam gut kennt und auch schon viele Erfahrungswerte gesammelt hat. Ich bin auch schon ein Zeiterl Servicemann, habe meine Erfahrungen. So ergänzen wir uns gegenseitig.

LAOLA1: Marcel Hirscher lässt bei Interviews keine Gelegenheit aus, auch das Material und seine Bedeutung anzusprechen.

Unterberger: Dadurch, dass der Vater so interessiert ist und sich intensiv mit der Thematik befasst, ist das für ihn sicher auch mehr Thema als vielleicht für andere Läufer. Wir schauen auch gemeinsam nach jedem Rennen, egal ob es gut oder schlecht gelaufen ist, was man vielleicht verändern oder eben noch besser machen kann.

LAOLA1: Normalerweise besteht eine „Ski-Zelle“ aus Athlet und Servicemann. Wie passt da der Vater dazwischen und hinein?

Unterberger: Er ist irgendwo das Bindeglied zwischen Marcel und mir. Der Ferdl begutachtet seinen Sohn wirklich bei jeder Fahrt und sieht gleich, wenn etwas nicht passt. Und er ist, genau wie ich auch, ein Tüftler, der so lange probiert, bis gewisse Probleme aus dem Weg geschafft sind.

LAOLA1: Wenn der Vater eh schon alles sieht, wie wichtig ist da das Feedback des Läufers?

Unterberger: Die große Frage ist immer: Wo fängt man an, was verändert man, wo hört man auf? Wenn der eine dann das meint und der andere in eine andere Richtung gehen will, kommt am Ende überhaupt nichts raus. Und genau da kommt dann der Athlet ins Spiel. Mit unserer Erfahrung und dem Feedback von Marcel sind wir bis jetzt immer auf einen gemeinsamen Nenner gekommen, der eigentlich super funktioniert hat.

LAOLA1: Immer wieder wird der Vergleich zwischen Hirscher und Hermann Maier gezogen. Du hast mit beiden zusammengearbeitet, wie treffend ist dieser Vergleich?

Unterberger: Der Hermann war schon ein bisserl älter, als er in den Weltcup gekommen ist. Und sein Vater war nicht dabei. Aber er war auch sehr materialbezogen, hat irrsinnig getüftelt und sich sehr gut ausgekannt. Der Hermann hat ja selber Ski hergerichtet, sonst wäre er nie dorthin gekommen, hätte keine Europacup-Rennen gewonnen. Was das Material angeht, kann man sicher Vergleiche ziehen, da sind sie auf einer Stufe.

LAOLA1: Rund um die Rennen in Kitzbühel und Schladming wurde die leidige „Einfädler-Diskussion“ losgetreten. Welche Lehren hat man daraus im Materialbereich gezogen?

Unterberger: Wir haben zum Beispiel geschaut, dass der Ski nicht so beißt. Über den Innenski kriegt man viel Druck, da haben wir versucht, das ein bisschen zu steuern. Aber wir haben uns eigentlich schon nach dem Ausfall in Wengen in diese Richtung orientiert und versucht, Lösungen zu finden.

LAOLA1: Wurden deshalb auch die sogenannten „Geierschnäbel“ wieder an die Skispitzen montiert?

Unterberger: Die bringen einfach einen gewissen Abstand zum Tor. Dadurch erhöht sich die Chance, dass man in einer kritischen Situation eben nicht einfädelt. Deshalb sind sie jetzt drauf und werden auch drauf bleiben.

LAOLA1: ... damit Hirscher bis zum Schluss im Kampf um den Gesamt-Weltcup mitmischt?

Unterberger: Die Chance ist sicher da. Marcel wird auch darum kämpfen und überall sein Bestes geben, aber wir gehen nur von Rennen zu Rennen. Ein Beat Feuz ist auch auf einem sehr guten Weg. Wir schauen beim Weltcup-Finale in Schladming, was rauskommt. Wenn es heuer nicht reicht, dann werden wir im nächsten Jahr vielleicht ein bisschen mehr Super-G fahren, und vielleicht will der Marcel durch das Aus der Super-Kombi auch die großen Kombinationen fahren. Aber das ist noch Zukunftsmusik.

LAOLA1: Mit dem Ja zum Super-G ab Crans Montana ist eine weitere Disziplin dazu gekommen. Wie sehr erschwert das deinen Job?

Unterberger: Der Start war sicher ein bisschen schwieriger, da wir den Super-G im Vorfeld kaum trainiert haben. Klar hat man gewisse Anhaltspunkte vom Riesentorlauf, in Neuseeland sind wir auch einen Tag gefahren, dazu das Training jetzt. Daran orientieren wir uns, dann schauen wir, wie die Bedingungen in Crans Montana sind - da muss man flexibel sein. Aber ich habe schon mehrere Varianten vorbereitet, weil jetzt geht es im Weltcup Schlag auf Schlag.

LAOLA1: Die ÖSV-Teamkollegen und –Trainer waren überrascht, wie schnell Hirscher in den ersten Super-G-Trainings war. Was darf, was kann man sich von ihm erwarten?

Unterberger: Die paar Trainings, die wir bis jetzt gehabt haben, sagen noch nicht viel aus. Aber das kennt man ja auch von den Spezialisten, die viel Super-G trainieren: Manchmal geht es besser, manchmal schlechter. Es kommen so viele Faktoren dazu: das Gelände, die Steilheit, … In Val d’Isere, wo er richtig gut gefahren ist, ist ihm zum Beispiel das Gelände sehr entgegen gekommen.

LAOLA1: Kommen wir zu dir: Wie lebt es sich damit, die „Legende“ unter den Servicemännern zu sein?

Unterberger: Ach, es gibt andere, die schon länger dabei sind als ich und auch Erfolge gehabt haben. Ich hatte gute Athleten, habe zehn Jahre mit Hermann Maier gearbeitet. Das bringt sicher Anerkennung in meiner Berufssparte. Aber die Kollegen machen auch ihren Job und haben vielleicht gerade nicht so den erfolgreichen Athleten. Gefordert sind wir jedoch alle!

LAOLA1: Dabei könnte man meinen, dass es entspannt hergeht, wenn man einen Läufer hat, der „nur“ Riesentorlauf und Slalom fährt?

Unterberger (lacht): Das glaubt man, dass die technischen Disziplinen weniger Arbeit sind als Abfahrt und Super-G. Aber wenn man intensiv probiert, um in jeder Disziplin nach vorne zu kommen – ich habe ja beim Training nicht nur drei Paar Ski am Hang, sondern sechs, sieben -, dann braucht das natürlich auch eine gewisse Vorbereitung, die natürlich sehr zeitintensiv ist. Vor allem, weil der Marcel auch jemand ist, der sehr viel trainiert. Ich habe das fast unterschätzt und mir gedacht, dass es ein bisschen gemütlicher wird. Aber das Gegenteil ist der Fall.

LAOLA1: Wenn es um den Gesamt-Weltcup geht, macht man wahrscheinlich trotz der vielen Stunden, die man sowieso schon im Ski-Keller steht, gerne noch die eine oder andere Überstunde?

Unterberger: Sicher, wenn man so ein Ziel vor Augen hat und die Erfolge auch entsprechend sind, fällt es einem nicht schwer, noch mehr zu investieren. Aber ich bin ein Typ, der auch dann alles Mögliche probiert, wenn es bei meinem Läufer vielleicht nicht so gut läuft. In so einem Weltcup-Winter ist man so oder so gefordert, da kommt es auf die eine oder andere Stunde mehr nicht mehr an. Dann schaut man, dass man sein bisserl Schlaf kriegt. Aber am besten schläft es sich natürlich, wenn es so gut läuft.

LAOLA1: Wir danken für das Gespräch.

Das Interview führte Stephan Schwabl