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"Jeder möchte das größte Stück vom erlegten Bären"

ÖSV-Präsident Peter Schröcksnadel ist zu jeder Jahreszeit ein gefragter Mann.

Aber in den Tagen vor dem Weltcup-Auftakt in Sölden - noch dazu vor einem WM-Winter mit Titelkämpfen in der Heimat - ist der Terminkalender des Tirolers besonders voll.

Der Bitte für ein LAOLA1-Interview ist Schröcksnadel dennoch gerne nachgekommen, hat sich lange Zeit genommen und zu den heißen Themen zum Beginn der kalten Jahreszeit - wie immer - klare Worte gefunden.

Herausgekommen ist ein zweiteiliges Interview (Hier geht's zu Teil 1), in dem der mächtigste Sport-Funktionär des Landes über den Ärger mit Schladming, seinen Wunsch nach einer Nacht-Abfahrt und die Probleme im Sommersport spricht.


LAOLA1: Herr Präsident, bis zur Ski-Weltmeisterschaft in Schladming sind es noch rund dreieinhalb Monate. Wird es wirklich die schönste, tollste, beste WM, wie Sie angekündigt haben?

Peter Schröcksnadel: Ich habe nichts angekündigt, aber das ist unser Ziel. Es läuft jetzt sehr gut, in Schladming ziehen auch alle an einem Strang. Aber das haben wir ja immer wieder erlebt, dass nach einer WM-Vergabe plötzlich die Einigkeit weg ist, weil jeder das größte Stück vom erlegten Bären haben möchte. Das ist jedoch Geschichte, wir schauen nur mehr nach vorne.

LAOLA1: Hätten Sie damit gerechnet, dass es solche Probleme und Widerstände gibt?

Schröcksnadel: Wir veranstalten ja als Österreichischer Ski-Verband einige Rennen und kennen das natürlich. Wir sind meistens damit konfrontiert, dass persönliche Befindlichkeiten eine Rolle spielen. Das ist eigentlich überall so. In Schladming war man enttäuscht, dass nach der Vergabe nicht gleich der große Trubel losgegangen ist. Aber das macht keinen Sinn, weil sonst geht dir die Luft aus.

LAOLA1: Also mussten Sie auf den Tisch hauen und ein Machtwort sprechen?

Schröcksnadel: Die Schladminger wollten es nicht wahrhaben, aber es ist einfach so, dass der ÖSV als Veranstalter das Risiko hat und die Verantwortung, auch für den Sport Geld zu verdienen und nicht die Gemeindefinanzen zu sanieren. Das ist nicht unser Job. Auf der anderen Seite profitiert Schladming enorm von dieser WM, das wird danach ein neuer Ort sein. So gesehen sollte jeder zufrieden sein.

LAOLA1: Sie sprechen vom Risiko für den ÖSV, aber kann es mit einer Ski-WM in Österreich überhaupt ein Risiko geben?

Schröcksnadel: Sicherlich. Da ist einmal das Wetterrisiko. Wenn das nicht passt und ein Rennen ausfällt, kriegt man weniger Geld. Dann kommen keine Zuschauer, das Fernsehgeld wird weniger. Man muss für die Sicherheit sorgen, wir wollen Prominente nach Schladming holen, das kostet natürlich auch viel Geld. Aber das hat nichts mit dem WM-Profit zu tun, sondern da geht es auch um das Image von Schladming.

LAOLA1: Sind Sie enttäuscht vom anfänglichen Ärger mit den Schladmingern, denen Sie immerhin zum Nightrace verholfen haben?

Schröcksnadel: Wir wollten ja das Nightrace eigentlich in einem anderen Ort machen. Aber dort hat man uns gesagt, dass sie das Lampion-Rennen nicht haben wollen. Dann sind wir mit unseren Lampions nach Schladming gegangen und haben dort gemeinsam mit dem Ski-Club ein Event auf die Beine gestellt, das einfach super rüberkommt und ein Riesenerfolg ist. Ich würde mir auch wünschen, dass man einmal eine Abfahrt bei Nacht fährt.

LAOLA1: Wie bitte?

Schröcksnadel: Ja, wir brauchen mehr Spektakel. Und bei Nacht kann man gewisse Dinge einfach besser inszenieren, die bei Tag gar nicht funktionieren würden. Auf der anderen Seite kann man untertags die Landschaft herzeigen, was für den Tourismus sehr wichtig ist.

LAOLA1: Lassen Sie uns abschließend noch über den Sommersport sprechen. Was haben Sie von ihrem Kurzbesuch bei den Olympischen Spielen in London für die Ski-WM 2013 mitgenommen?

Schröcksnadel: Mir hat es eigentlich super gefallen. Das einzige, was mir nicht gefallen hat, war die Verpflegung bei den Events. Die Fans mussten hunderte Meter für Würstel oder Fish and Chips anstehen. Da haben wir in Schladming vorgesorgt, dass unsere Gäste zu Essen und zu Trinken haben, sonst sind sie unzufrieden. Außerdem ist die Gastfreundschaft eines unserer Aushängeschilder.

LAOLA1: Gastfreundlich waren auch die rot-weiß-roten Sommersportler, die ohne Medaille nach Hause gekommen sind. Es war angedacht, dass Sie den Sommersport „retten“ sollen, was ist daraus geworden?

Schröcksnadel: Es weiß jeder, dass ich gerne mithelfe, aber ich kann das nicht übernehmen. Mein Job ist der Winter, davon verstehe ich etwas, da kann ich erklären, was wir machen. Aber auch bei uns gibt es Sportarten, von denen ich nichts verstehe, Biathlon zum Beispiel, aber da sind wir trotzdem erfolgreich. Es steht und fällt einfach alles mit den Strukturen – und die kann man überall gut machen.

LAOLA1: Lassen Sie hören?

Schröcksnadel: Bei den Olympia-Sportarten gehört viel verändert. Diejenigen, die eine Chance auf Medaillen haben, gehören besonders gefördert und betreut, auch von Seiten des Olympischen Komitees. Man weiß ja, wer dafür in Frage kommt. Auf der anderen Seite muss man den Fachverband stärken, indem man ihn finanziell unterstützt, wenn er ein gutes Konzept hat. Heutzutage gehen alle nur mehr betteln und kümmern sich nicht um die Struktur. So verändert man gar nichts.

LAOLA1: Die Politik sonnt sich gerne im Scheinwerferlicht von sportlichen Erfolgen. Sollte man die Damen und Herren vermehrt in die Sport-Pflicht nehmen?

Schröcksnadel: Es gibt ja ein Sport-Ministerium und ich muss sagen, dass der Herr Darabos als Sport-Minister einen guten Job macht. Aber man weiß ja nicht, wie es nach Neuwahlen weitergeht. Deshalb müssen wir eben jetzt die Chance nützen und Strukturen schaffen, die von Dauer sind. Weil sonst ist alles für die Wäsch‘.

LAOLA1: Die Forderung nach der täglichen Turnstunde erlebt regen Zulauf. Wie stehen Sie dazu, …?

Schröcksnadel: Ich unterstütze das sehr …

LAOLA1: … und was ist aus ihrem Einsatz für den Erhalt der Schul-Skikurse geworden?

Schröcksnadel: Die Lehrer machen es sich einfach. Sportwochen finden im Sommer statt, da können sie Urlaub machen und baden, gehen Segeln, Tennis spielen und haben kein Risiko. Im Winter ist das alles nicht so einfach. Man braucht Ausrüstung, Migranten haben mit dem Schnee nichts zu tun. Deshalb würde ich mir wünschen, dass ein Migrant ins Ski-Nationalteam kommt. Das würde viel verändern.

LAOLA1: In den Nachwuchslisten sucht man Migranten derzeit noch vergeblich. Von was für einem Zeitrahmen sprechen wir da?

Schröcksnadel: Naja, so abwegig ist das gar nicht. Bei den Youth Olympic Games hat ja auch ein Marokkaner Gold in der Abfahrt gewonnen.

LAOLA1: Das kann ihnen doch nicht gefallen haben, dass nicht ein junger Österreicher am obersten Treppchen gestanden ist?

Schröcksnadel: Doch, doch. Ich finde das ganz super. Das bringt Bewegung in die ganze Geschichte, auch wenn der Marokkaner eigentlich ein Kanadier ist.

LAOLA1: Wir danken für das Gespräch.

 

Das Interview führte Stephan Schwabl


Hier geht’s zum 1. Teil des großen LAOLA1-Talks mit Peter Schröcksnadel >>>