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"Es ist nicht einfach, Marcel zu schlagen"

Alexis Pinturault steht vor zahlreichen Medienvertretern und beantwortet geduldig alle Fragen.

Nichts Ungewöhnliches für einen Skistar - möchte man meinen.

Denn vor drei Jahren wären Interviews wie dieses nicht möglich gewesen. Der Franzose sprach kein Wort Englisch und konnte sich nur in seiner Muttersprache verständigen.

"Englisch zu lernen, war das wichtigste. Ich konnte früher kein Wort sprechen und mittlerweile geht es ganz gut", übt sich der 23-Jährige gegenüber LAOLA1 in Bescheidenheit.

Mehr als gut geht es ihm hingegen auf der Piste. In den vier Jahren seit seinem Weltcup-Debüt konnte er sechs Siege einfahren. Umso beeindruckender wird diese Bilanz, wenn man sich ansieht, in welchen Disziplinen er diese Erfolge feierte.

Bei zwei Slaloms, einem Riesentorlauf, einem Super-G und zwei Super-Kombis lachte der zweifache Junioren-Weltmeister aus Moutiers im Departement Savoie vom Sieger-Podest. Damit fehlt ihm nur noch ein Erfolg in der Abfahrt, um als sechster Fahrer nach Marc Giradelli, Pirmin Zurbriggen, Günther Mader, Kjetil Andre Aamodt und Bode Miller alle Disziplinen zu gewinnen.

"Nicht in dieser Saison", winkt der Olympia-Bronzemedaillengewinner aber sofort ab. Er wolle sich lieber auf seine bewährten Disziplinen konzentrieren. Ein Fahrer, der in drei (mit Super-Kombi vier) Disziplinen für einen Sieg gut ist, sollte aber auch im Kampf um den Gesamtweltcup eine große Rolle spielen.

Manch einer sieht Pinturault sogar als größten Konkurrenten von Marcel Hirscher im Kampf um die großé Kristallkugel. Warum es sehr schwer wird, den Salzburger zu schlagen, er von Salomon zu Head gewechselt ist, was er sich von der WM erwartet und wie er Hirscher, Ligety, Svindal und Co. "verfolgt", erzählt er im LAOLA1-Interview:

LAOLA1: Ist der Gesamtweltcup heuer schon dein großes Ziel?

LAOLA1: Letzte Saison lag Hirscher am Ende nur 200 Punkte vor dir. Macht das Hoffnung?

Pinturault: Ich werde mehr Super-Gs fahren und versuchen, dort mehr Punkte zu holen. Im Slalom will ich diese Saison von Anfang an besser sein. Letztes Jahr habe ich lange gebraucht, um in Tritt zu kommen. In den ersten Rennen hatte ich viele Ausfälle. Da verlierst du viele Punkte. Ich werde versuchen, bei jedem Rennen gut zu fahren und vorne dabei zu sein.

LAOLA1: Du konntest bereits im Slalom, Riesentorlauf, Super-Kombi und Super-G Weltcup-Siege feiern. Damit fehlt dir nur noch die Abfahrt - ist das eines deiner Ziele?

Pinturault: Nicht in dieser Saison. Die Abfahrt ist eine sehr schwere und anstrengende Disziplin. Wenn ich die auch noch in meinen Terminkalender aufnehme, kann es schnell zu viel werden. Ich muss Slalom und Riesentorlauf fahren, das sind im Moment meine besten Disziplinen. Dann habe ich noch den Super-G und die Super-Kombi. Wenn ich dann noch die Abfahrt hinzunehmen würde, wäre es nicht einfach ein Tag pro Rennwochenende mehr. Denn du musst die Trainings absolvieren und dann noch das Rennen. Über den ganzen Winter gesehen sind das 20 bis 30 Tage mehr. Im Moment wäre es also zu viel. Ich will mich auf meine Disziplinen fokussieren.

Alexis Pinturault gilt als größter Konkurrent Marcel Hirschers

LAOLA1: Wo kannst du dich noch verbessern?

Pinturault: Ich versuche, vermehrt Riesentorlauf zu trainieren. Ich will am Kurveneingang arbeiten, dass ich am Kurvenausgang mehr Geschwindigkeit habe. Außerdem will ich im Flachen besser werden. Letztes Jahr konnte ich mit Ted in den steilen Stellen gut mithalten, aber im Flachen und in den eigentlich einfachen Passagen habe ich meistens viel Zeit verloren.

LAOLA1: Was hat sich seit deinen Erfolgen aus den letzten Saisonen geändert?

Pinturault: Das Wichtigste war, Englisch zu lernen. Ich konnte früher kein Wort sprechen und mittlerweile geht es ganz gut. Durch die ganze Aufmerksamkeit kommen auch immer mehr Interviews und PR-Termine auf mich zu. Es ist niemals leicht, mit allen Medien zu sprechen. Jetzt geht es aber besser.

LAOLA1: Wie gehst du in die nächsten Rennen?

Pinturault: Ich habe in Sölden (Platz drei/Anm.) gesehen, dass das neue Material funktioniert und ich dabei bin. Ich denke, ich habe jetzt bessere Chancen, Rennen zu gewinnen. Außerdem habe ich mehr Selbstbewusstsein und kann beruhigt und gut in die nächsten Rennen gehen. Ich habe keine richtige Strategie. Ich will jedes Rennen und jeden Tag so gut wie möglich absolvieren.

LAOLA1: Warum bist du im Sommer von Salomon zu Head gewechselt?

Pinturault: Jetzt haben Ted und ich die gleichen Waffen. Aber das Gute ist, er kriegt etwas von mir und ich etwas von ihm. Die Zusammenarbeit macht uns alle schneller.

LAOLA1: Du hast in Sotschi mit Bronze im Riesentorlauf bewiesen, dass bei Großveranstaltungen mit dir zu rechnen ist. Was sind deine Ziele für die WM in Beaver Creek 2015?

Alexis Pinturault: Man kann das einfach nicht vorhersagen. Es ist niemals leicht, die große Kugel zu gewinnen. Du denkst den ganzen Sommer daran und bereitest dich vor, aber wenn der Winter beginnt, denkst du nicht mehr daran. Ich werde aber natürlich kämpfen. Alle anderen tun das aber auch. Es kann ein netter Winter werden.

LAOLA1: Bist du Marcel Hirschers größter Gegner im Kampf um die große Kugel?

Pinturault: Ich weiß es nicht. Es gibt viele Fahrer, die richtig gut sind. Es ist nicht einfach, ihn zu schlagen, aber ich werde es versuchen.

Pinturault: Wir werden sehen. Ich werde mein Bestes geben und versuchen, etwas zu holen. Vielleicht kann ich ja irgendwo den ersten Platz erreichen. (lacht)

LAOLA1: Wie gehst du so ein großes Event wie eine WM an?

Pinturault: Du musst dich fokussieren und so tun, als wäre die WM nicht anders als ein normales Weltcup-Rennen. Natürlich sind mehr Medien und mehr Zuseher dort, aber du musst bedenken, dass du für dich fährst. Einfach versuchen, so zu tun, als wäre es ein Rennen wie jedes andere im Winter.

LAOLA1: Verfolgst du eigentlich, was die Konkurrenten machen oder wo sie trainieren?

Pinturault: Ich weiß, wo Ted Ligety war. Ich weiß also nicht viel, nur was er in Instagram oder Facebook postet. Ich folge nämlich allen Läufern, also weiß ich, was sie ungefähr machen und wo sie sind. Ich bin viel auf Instagram und folge Marcel (Hirscher/Anm.), Ted (Ligety/Anm.), Aksel (Svindal/Anm.) und den meisten anderen Kollegen.

 

Das Gespräch führte Matthias Nemetz