Hirscher: Mir war klar, dass er dem Druck standhält. Er hat selten das Problem, dass er von der Linie her eng wird und ist unglaublich schnell. Ich habe mir schon letztes Jahr seine Videos angeschaut und gesehen, dass da bereits eine neue Generation kommt.

LAOLA1: Wie bitte? Du bist doch selbst erst 24 Jahre jung.

Hirscher: Ja, aber bei mir ist es auch schon wieder sieben Jahre her, dass die Leute gesagt haben: Schau, wie fährt denn der Hirscher komisch. Das ist schon eine lange Zeit.

LAOLA1: In Norwegen sagen die Experten schon, dass Kristoffersen ein neuer Hirscher ist. Siehst du irgendwelche Parallelen?

Hirscher: Er hat die Coolness eines 19-Jährigen. Das ist derzeit sein großes Plus. Er denkt nicht viel nach, derzeit ist einfach alles möglich. Mir war es früher auch Banane, wenn ich ausgefallen bin oder einen Fehler gemacht habe. Hauptsache, ich hatte Spaß! Aber umso öfter man in die Favoritenrolle kommt, umso zacher wird es.

LAOLA1: Kristoffersen hin, Neureuther her – du bleibst aber der große Favorit für Olympia-Gold.

Hirscher: Also die Dichte im Slalom ist in diesem Winter unglaublich hoch. Aber das ändert nichts an der Erwartungshaltung der Öffentlichkeit. Egal was ich jetzt sage, die ändert sich vielleicht um zwei Prozent.

LAOLA1: Und wie sieht es mit der eigenen Erwartungshaltung aus?

Hirscher: Meine persönliche relativiert sich mit jedem Training. Da sehe ich wie mein Speed ist und wie ich fahre. Deshalb sind die dreieinhalb Wochen bis zum Slalom in Sotschi auch so wichtig.

LAOLA1: Also macht es dir nichts aus, dass der Rennrhythmus nach St. Moritz unterbrochen wird?

Hirscher: Ganz ehrlich, ich bin richtig froh, dass jetzt einmal Ruhe ist. Der Riesentorlauf hat in der Vorbereitung viel Zeit verschlungen. Aber ich bin froh, dass wir aufgeholt haben. Auch wenn ich mich noch nicht zu weit aus dem Fenster lehnen möchte, weil ich mir nicht sicher bin, wie sehr Ligety aufdreht, wenn es härter wird. Nur: Darunter hat der Slalom ein bisschen gelitten.

LAOLA1: Was sagst du zum Olympia-Aus von Hannes Reichelt?

Hirscher: Das relativiert brutal viel. Am Montag am Weg zur Startnummern-Auslosung habe ich mir gedacht: Was bist du für ein Depp, dass du dich über den Einfädler in Kitzbühel so ärgerst. Es ist doch nur Skifahren! Aber wenn man etwas gerne tut und dafür lebt, möchte man auch Leistung bringen.

LAOLA1: Reichelt war in den Speed-Disziplinen sicher unser heißestes Eisen. Musst jetzt wieder du die Kohlen aus dem Feuer holen?

Hirscher: Ich kenne diese Situation ja aus dem Vorjahr von der Weltmeisterschaft. Davor fürchte ich mich nicht. Aber natürlich würde es mich freuen, wenn die anderen Jungs Medaillen holen und den Druck der Nation nicht nur mich tragen lassen würden.

LAOLA1: Kann man Schladming 2013 mit Sotschi 2014 vergleichen?

Hirscher: Ich stelle es mir leichter vor als die WM. Bis jetzt hat mich von meinem Umfeld noch keiner auf Sotschi angeredet. Vor der WM sind im Dezember schon alle durchgedreht. Von dem her ist es ganz anders.

LAOLA1: Du hast nach Kitzbühel gesagt, dass du in erster Linie auf der Suche nach dem perfekten Schwung bist. Wie nah warst du in Schladming dran?

Hirscher: Ich weiß es nicht. Das verrate ich euch dann am Karriereende.

LAOLA1: Wir danken für das Gespräch.

 

Das Interview führte Stephan Schwabl