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"Fehler war im Bereich der Kommunikation"

Auch wenn der Sommer nochmals ein kräftiges Lebenszeichen gibt, wirft der Winter doch schon seine Schatten voraus.

Heißes Sommer-Thema im Skizirkus ist die Reglement-Änderung für die Weltcup-Saison 2012/13. Die Athleten stoßen sich an den neuen Ski-Regularien im Riesentorlauf. Aber noch viel mehr an der mangelhaften Informations-Politik von Seiten der FIS.

Das wurde auch in der Diskussionsrunde bei „Sport und Talk im Hangar7“ auf ServusTV ersichtlich.

Viele Ansätze, wenig Einigkeit

Es saßen sich gegenüber: Günter Hujara, FIS-Renndirektor, und Athletensprecher Kilian Albrecht. Dazu noch die ÖSV-Abordnung Marcel Hirscher, Benjamin Raich und Ex-Cheftrainer Toni Giger, nun Leiter der Abteilung Forschung und Entwicklung.

Schon in dieser kleinen, aber feinen Runde zeigte sich das Problem der Sicherheits-Diskussion: Es gibt viele Ansätze und damit viele Standpunkte.

Athleten-Protest

So haben zwar rund 200 Athletinnen und Athleten eine Petition an die FIS unterschrieben, darin wird aber vor allem betont, was man nicht will. Der Hauptkritik-Punkt ist die Anhebung des Mindestradius. Statt bisher 28 Meter müssen Riesentorlauf-Skier in Zukunft einen Radius von 35 Metern (zunächst waren gar 40 Meter geplant) aufweisen.

Nach ersten Tests war der Aufschrei groß. So fürchtete etwa Weltmeister Ted Ligety einen Rückfall in die „Schwarz-Weiß-Zeit“ des Skisports.

Eine Befürchtung, die bei einer Gegenüberstellung von ServusTV entkräftet wird. Der Zuschauer wird den Unterschied zwischen einem Ski mit 28 Meter Radius und einem mit 35 Meter kaum merken.

„Aggressivität rausnehmen“

Das sieht auch Benjamin Raich, der die Protestnote übrigens nicht unterzeichnete, so. "Das Argument, das wir 20 Jahre damit zurückgehen, haben wir gerade widerlegt, das ist kompletter Blödsinn“, verweist der Tiroler in der Diskussion auf die zuvor gezeigten Bilder.

„Für den Zuschauer machen die Änderungen sicher nichts aus. Der Athlet wird sich vielleicht ein bisschen schlechter fühlen.“

Für Raich, der sich seit langem Gedanken über Material-Änderungen macht, ist der neue Ski jedenfalls ein Schritt in die richtige Richtung. „Ich denke, man muss die Aggressivität aus dem Ski nehmen. Das geht mit einem längeren, schmäleren Ski, der ein bisschen mehr Radius hat.“

Bei der Ski-Breite ist Raich einer Meinung mit Athletensprecher Kilian Albrecht, der aber mehrmals betont, nicht seine Privatmeinung zu vertreten, sondern die Meinungen der Athleten.

Hirscher fordert Einbindung

Hauptkritik-Punkt der Aktiven ist die mangelnde Einbindung in die Entscheidungsfindung und die schlechte Kommunikation von Seiten der FIS.

Marcel Hirscher fordert etwa, dass die Top 15 jeder Disziplin einbezogen werden. Denn: „Messungen von den Universitäten sind sicher erforderlich, aber es ist immer noch ein Unterschied zwischen dem, was wir wirklich auf der Piste erleben und dem, was da gemessen wird.“

„Die wird gehütet wie der größte Schatz“

„Die Läufer hat es am meisten gestört, dass man sie überhaupt nicht in diesen Prozess miteinbezogen hat“, betont Albrecht. Er verweist dabei auf das Beispiel Aksel Svindal, der als großer Athlet von den neuen Regeln profitieren wird. „Aber er hat dennoch unterschrieben, weil ihm der ganze Prozess nicht passt.“

So kenne Albrecht die FIS-Studie, durchgeführt von den Unis Salzburg und Oslo, nicht im Detail. „Uns hat die Studie nie wer gezeigt, die wird gehütet wie der größte Schatz“, kritisiert der Vorarlberger.

Hujara weist Kritik zurück

Den Vorwurf lässt FIS-Vertreter Hujara durchaus gelten: „Ich glaube, dass der große Fehler im Bereich der Kommunikation war. Da nehme ich jetzt niemanden raus. Ich glaube, da müssen wir Fortschritte erzielen.“

Allerdings wehrt sich der Deutsche dagegen, dass die Athleten nicht eingebunden waren: „Im vergangen Winter gab es eine Befragung zu jedem Rennen, bei der jeder Läufer seine Stellungnahme abgeben konnte.“  Da hätte es eine große Anzahl von Rückmeldungen über Pistenpräparierung oder Kurssetzungen gegeben. „Die Auswertung lief, und alle Maßnahmen, die in eine Richtung gelenkt wurden, waren auf diese Aussagen der Rennläufer gestützt.“

Schmälerer Ski = sicherer

Konsens herrscht bei den Beteiligten darüber, dass die Verminderung der Ski-Breite ein richtiger Schritt ist.

Toni Giger erläutert, dass ein breiter Ski nicht so wendig sei: „Einen breiteren Schi bringe ich einfach schwerer von der Kante, ein schmälerer Ski ist wendiger.“ Dadurch seien Korrekturen für den Läufer leichter.

Was läuft im Speed-Bereich?

Der langjährige ÖSV-Cheftrainer befürchtet aber, dass die aktuelle Diskussion in die falsche Richtung geht. „Ich habe Angst, dass die Pisten-Präparierung und andere wichtige Dinge vernachlässigt werden.“

Ein Eindruck, der sich auch in der ServusTV-Diskussion ergab. Denn diskutiert wird vorwiegend über den Riesentorlauf, die Speed-Disziplinen finden kaum Erwähnung.

Dabei passierten die schweren Verletzungen der letzten Jahre gerade in den Speed-Disziplinen.

„Dort hängen die Ski aber nicht so unbedingt mit der Verletzung zusammen“, berichtet Hujara über die Erkenntnis.

Pisten-Präparierung hat oberste Priorität

So hat hier für Toni Giger die Pisten-Präparierung oberste Priorität: „Am meisten passiert in den Speed-Disziplinen, wenn die Pistenverhältnisse nicht gleichmäßig sind, sprich, wenn man in Abschnitten blankes Eis hat und zwei Kurven später extrem aggressive Schneeverhältnisse. Auf das kann sich der Läufer im Grunde gar nicht einstellen.“

Der Salzburger will zudem das Hauptaugenmerk auf Sprünge richten: „Wir wissen, dass hier sehr viel passiert. Es ist wichtig, dass die Läufer genügend Zeit zum Vorbereiten auf den Sprung haben, den Sprung gut bewältigen können, und dass natürlich auch in der Landezone keine Tore stehen.“

Offensichtlich wurde, dass es kaum möglich sein wird, Lösungen zu finden, die alle zufrieden stellen.

So sei daran erinnert, dass vor einigen Jahren in Kitzbühel versucht wurde, mit einer unruhigen Piste das High-Speed-Hocke-Fahren zu verhindern und damit das Tempo zu drosseln. Was prompt zu teilweise harscher Kritik von Athletenseite führte.