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"Er würde Superlativen erreichen"

Schafft er es tatächlich?

Marcel Hirschers Jagd nach dem fünften Gesamtweltcupsieg in Folge prägt die Schlagzeilen. Kein Wunder, immerhin würde er mit fünf großen Kugeln mit Marc Girardelli gleichziehen. Zudem würde der Salzburger eine weitere Bestmarke einstellen: Bisher konnte nur Annemarie Moser-Pröll den Gesamtweltcup fünf Mal in Folge (zwischen 1971 und 1975) gewinnen..

„Es ist zu früh, um etwas dazu zu sagen. Im Moment wäre es Kaffeesud lesen. Anhand der letzten Jahre bin ich einer der Favoriten. Man kann aber ein Würfelspiel machen, weil es so weit hergeholt ist“, will sich der 26-Jährige nicht zu einer Kampfansage machen. Ist ohnehin nicht sein Stil.

Deswegen hat LAOLA1 mit ehemaligen Stars, Trainern und Funktionären gesprochen. Wer traut Hirscher den Weltrekord zu und wer ist skeptisch? Wer neben den üblichen Verdächtigen auch die Deutschen als starke Konkurrenz sieht und wo sich der Annaberger laut den Experten in der Ski-Geschichte einreihen würde:

 

Hermann Maier:

Ich traue es ihm auf alle Fälle zu. Jemand aus den schnellen Disziplinen hat fast keine Chance, weil es mehr technische Rennen gibt. Mit Kombi und Parallelbewerben muss der Gesamtweltcupsieger eigentlich ein technischer Fahrer sein. Ich weiß, was es heißt, den Gesamtweltcup so oft zu gewinnen. Du darfst nie verletzt sein und musst immer konstant vorne mitfahren. Diese Konstanz ist die große Herausforderung, die Saison auf höchstem Niveau bis zum Schluss durchzufahren. Sportlich gesehen ist der Gesamtweltcup sicher das Größte, was man erreichen kann. Er kann sich eigentlich nur selbst schlagen. Eine Verletzung darf man nie außer Acht lassen, obwohl da auch eher die Speed-Fahrer gefährdet sind. Ich gehe fast davon aus, dass er es schafft. Marcel ist ein Perfektionist und hat ein perfektes Team um sich. Nur ganz wenige sind aus diesem Holz geschnitzt, er gehört einfach dazu. Er ist fast unschlagbar. Dass er einen Gesamtweltcupsieg mehr als ich hätte, ist mir komplett egal. Ich hätte mir nie gedacht, dass ich einen Rekord aufstellen würde. Dazu kommt die Frage, was richtige Rekorde sind. Man ist immer selbst motiviert und fokussiert. Während der Karriere wird man immer wieder darauf angesprochen, danach ist es einem sowieso völlig egal. Die eigenen Erlebnisse sind stärker als alle Zahlen.

 

Marco Büchel:

Aus mehreren Perspektiven betrachtet stehen die Chancen gut. Erstens habe ich selten einen Profi wie ihn getroffen. Er arbeitet so arkribisch am Erfolg, setzt seinen Fokus so gezielt ein und ordnet dem Erfolg alles unter. Weiters bevorzugt der Weltcup-Kalender Techniker. Es gibt mehr Slaloms und Riesentorläufe, als Super-Gs und Abfahrten. Dazu kommen die Super-Kombinationen, die Slalomfahrer meiner Meinung nach bevorzugen. Wenn er im Super-G ein paar Punkte macht und in Slalom und Riesentorlauf weiter so fährt, wird es schwierig für die anderen. Ich hoffe aber, dass die Sache nicht früh entschieden wird. Die Entscheidung soll erst beim Weltcup-Finale fallen, das macht den Skisport interessant. Als Head-Botschafter wünsche ich mir, dass Jansrud, Svindal, Ligety oder Pinturault ihn fordern können. Vom Namen her ist Aksel der größte Konkurrent für Marcel, aber ich weiß nicht, wie er in Form ist. In jeder Generation gibt es ein Ausnahmetalent. Sei das Stenmark, Maier oder Hirscher. Es gibt immer wieder solche Ausnahmeathleten. Das wären aber Superlativen, die er erreichen würde. Auf dem Papier hätte ich es nicht für möglich gehalten, dass es jemals jemand schafft, den Gesamtweltcup fünfmal in Folge zu gewinnen.

 

Peter Schröcksnadel:

Die Wahrscheinlichkeit, dass er erneut den Gesamtweltcup gewinnt, ist am Papier nicht sehr groß. Die Möglichkeit ist da, die Wahrscheinlichkeit ist aber nicht groß. Ein fünftes Mal in Folge? Das darf man sich nicht erwarten. Schaffen kann er es, es spricht aber gegen die Statistik.

 

Michael Walchhofer:

Gegen ihn spricht, dass er ihn schon viermal in Folge gewonnen hat und das schon eine unglaubliche Herausforderung war. Ich traue es ihm sicher zu, ein fünftes Mal zu gewinnen. Insgeheim konnte ich mir aber schon die vier Siege nicht vorstellen. Die Belastung über eine so lange Zeit war hoch, das zehrt auch psychisch. Wenn ihm das noch einmal gelingen würde, wäre das unglaublich – es ist aber auch so schon genial. Einen fünften Sieg traue ich ihm zu, wenn er in Folge wäre, wäre es fast außerirdisch. Die Gegner wissen, dass Marcel sie immer wieder mit seinen konstanten Leistungen verblüfft. Das könnte schon ein Vorteil sein, aber die Gegner sind auch keine Blindgänger, sondern absolute Profis. Es wird wirklich spannend. Auch international gibt es einige Kandidaten, aus österreichischer Sicht ist es vielleicht Matthias Mayer, der mal Chancen hat. Es sind die üblichen Verdächtigen, die genannt werden. Aus der Erfahrung weiß man, dass da immer der eine oder andere unübliche dazukommt. Wer das ist, kann ich aber nicht sagen, da muss ich mich auch überraschen lassen.

Kathrin Zettel:

Ich wünsche es ihm auf alle Fälle. Mit vier Siegen in Folge – unbeschreiblich, dass so etwas möglich ist – hat er schon Großartiges geschafft. Er ist ein Kämpfer und weiß, was ihm gut tut. Wenn er gesund bleibt, hat er sicher eine Chance. Die zwei Norweger Aksel und Kjetil, dazu Ted, der auch in den Speed-Disziplinen für einiges gut ist. Es wird wohl um einiges spannender sein als bei den Damen.

 

Benjamin Raich:

Ich denke, er wird es schaffen. Es ist immer eine ganz schwierige Aufgabe. Wenn man das in Serie schafft, sieht es oftmals leicht aus, aber Marcel betont immer – und davon bin ich auch überzeugt -, es muss alles passen. Die Voraussetzungen passen aber, er ist gut drauf, er ist mental stark, er ist körperlich und skitechnisch stark. Das ist notwendig, um diesen Titel zu holen. Er ist sicherlich der Top-Favorit. Die mentale Stärke ist sicherlich ein zusätzlicher Punkt, der sich für ihn positiv auswirkt.

 

Michaela Kirchgasser:

Er ist ein Wahnsinns-Skifahrer. Ich wüsste nicht, warum er nicht mehr gut fahren sollte. Es wird aber auch von Jahr zu Jahr schwieriger, weil jeder noch mehr versucht, ihn zu kopieren. Einigen gelingt es.

 

 

 

Hans Pum:

Er hat in den letzten Jahren bewiesen, dass er mit dem Druck umgehen kann. In der Vergangenheit war er immer der Favorit und somit der Gejagte. Es wird aber sehr schwer, die Dichte ist groß, es gibt viele Anwärter, die ihn schlagen wollen. Es ist gut und schön für den gesamten Sport, dass Aksel Lund Svindal zurück ist. Mit der starken norwegischen Mannschaft wird es nochmals schwieriger, Marcel hat aber oft bewiesen, mit dem Druck umgehen zu können.

 

Andreas Puelacher:

Einen Gesamtweltcup zu gewinnen ist immer schwer. Man muss über die ganze Saison fit sein, darf weder krank noch verletzt sein. Das hat man nicht selbst im Griff. Er ist jedenfalls gut in Form, wenn nichts dazwischenkommt ist er sicher voll bei den Favoriten dabei. Pinturault ist neben den Norwegern ein großes Thema für mich. Irgendwann wird er sich festigen und Siege einfahren. Ganz vergessen darf man auch die Deutschen nicht. Dopfer und Neureuther sind kompakt, fahren in den technischen Disziplinen sehr gut und sind auch in der Super-Kombination dabei. Die vier Gesamtweltcupsiege sind eine riesige Leistung, vor allem weil er sie in Folge gewonnen hat. Es darf nichts dazwischenkommen – Krankheit, Verletzung, Form, Material. Marcel ist ein arkribischer Arbeiter, das kommt ihm zugute. Er ist topfit und mit 26 Jahren eigentlich noch jung. Sein Körper ist noch nicht so verbraucht wie jener von Svindal zum Beispiel. Das ist ein Vorteil. Hut ab vor seinen Leistungen – unvorstellbar!

 

Zusammengestellt von Matthias Nemetz und Christoph Nister

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