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"Ich hatte viel Druck auf meinen Schultern"

Neues Jahr, altes Ergebnis. Wieder einmal bestimmten Marcel Hirscher und Ted Ligety den Saison-Auftakt in Sölden.

Diesmal mit einem „Störefried“, schob sich doch der Franzose Thomas Fanara im zweiten Lauf noch zwischen die Dominatoren der letzten Saisonen.

In vergangenen Jahren wirkte Hirscher nach dritten Plätzen nicht zufrieden, zu groß waren Ehrgeiz und Siegeswille. Diesmal jedoch trat er nach Rang drei entspannt wie selten zuvor auf. „Weil ich erleichtert bin. Ich hatte viel Druck auf meinen Schultern, das Training war nicht immer einfach“, erklärt der vierfache Gesamtweltcupsieger.

Warum der 26-jährige Salzburger sich selbst falsch benotete, er sich über die Leistungen der anderen Österreicher freut, er im Flachstück Zeit liegen ließ und er Anna Fenninger nicht besuchen wird, hat LAOLA1 zusammengefasst.

MARCEL HIRSCHER...

… OB ER ZUFRIEDEN MIT PLATZ DREI IST:

Ich bin sehr erleichtert, dass ich dabei bin. Man sieht aber, dass die anderen aufgeholt haben - da heißt es jetzt, dran bleiben. Die ersten drei sind knapp beisammen, dahinter ist dann doch ein Abstand. Ich bin sehr froh, vor allem nach den letzten Wochen. Ich hatte viel Druck auf meinen Schultern, das Training war nicht immer einfach. Der erste richtig gute Trainingstag war das heutige Rennen. Ich bin total glücklich mit dem dritten Platz. Ich habe meine Hausaufgaben erledigt. Ich bin sehr gut gefahren. Ich habe mein persönliches Maximum herausgeholt, deswegen bin ich auch so glücklich. Ich habe aber schon das Gefühl, dass wir drei den Rest des Feldes heute etwas distanzieren konnten.

… WARUM ER SICH ALS SCHULNOTE FÜR DAS RENNEN EINE DREI GAB:

Ich habe nicht lange genug darüber nachgedacht. Ich habe gedacht, eine 3 würde passen. Es ist aber eher eine 1-2. Ich bin wirklich zufrieden.

… ÜBER DAS DUELL MIT TED LIGETY:

Es ist nicht selbstverständlich, so lange in Folge am Podest zu sein. Es beeindruckt mich, dass die selben Gesichter beim ersten Saisonrennen wieder am Podium stehen. Mein Team hilft mir sehr viel. Ich bin nur so gut, wie mein Team ist. Wenn man zu Ted schaut, sieht man, dass sie auch einen guten Job machen. Er hat ebenfalls gute Leute um sich. Für mich ist das ein ernstes Duell, ich habe großen Respekt vor ihm. Es zahlt sich nicht aus, irgendwelche Psycho-Spielchen zu spielen. In Amerika wird es sicher zach. Den nächsten Riesentorlauf (Beaver Creek/Anm.) gewinnt er wieder, das ist aufgelegt. Dann kommen wir aber nach Val d'Isere, wo ich vielleicht wieder nachlegen kann.

… ÜBER DEN ZWEITPLATZIERTEN THOMAS FANARA:

Wenn ihr mich fragt, ist er in den letzten Jahren einer der besten fünf RTL-Fahrer der Welt. Er ist nicht zu groß, dafür sehr aggressiv und hat eine perfekte Technik. Vor seiner Verletzung war er bereits sehr stark. Danach hat er etwas Zeit gebraucht, jetzt ist er aber wieder super unterwegs.

… ÜBER DIE STARKEN LEISTUNGEN DER RESTLICHEN ÖSTERREICHER:

Das freut mich sehr. Der Roli Leitinger hat ihn gewaltig runtergedrückt - da werden wir uns in den nächsten Jahren noch freuen können. Er hat im Training gezeigt, dass er sehr schnell sein kann. Auch Hirschbühl hat – speziell im ersten Durchgang – gezeigt, was er kann. Für sie ist es auch nicht leicht, wenn sie immer nur zu hören bekommen, dass nichts nachkommt. Es freut mich sehr für sie, dass sie heute so stark gefahren sind. Es gibt nichts mehr zum Sudern.

 

… OB ER JEMALS BEI SO EISIGEN BEDINGUNGEN TRAINIERT HAT:

Solche Bedingungen bekommt man als Österreicher nicht. Als Nicht-Österreicher vielleicht schon. Das liegt nicht am Verband, es ist eben nicht einfach. Die Tage bei Peter Schröcksnadel in Schnals waren echt so, wie man es sich vorstellt. Nicht, weil das Gebiet ihm gehört – es war einfach genial. Das waren Bedingungen, bei denen etwas weitergegangen ist. Ich war gut vorbereitet für den ersten Durchgang, es war lässig zu fahren. Man sieht aber schon, dass der eine oder andere Fahrer aufgeholt hat. Das wird ein zacher Fight.

… ÜBER DEN ZEITVERLUST IM FLACHSTÜCK:

Unten ist es etwas wärmer. Ich habe schon gemerkt, dass es nicht so passt. Es kann sein, dass ich zu hart gefahren bin. Es ist nicht so voran gegangen, das habe ich gespürt. Im letzten Jahr musste ich schauen, die Tore noch irgendwie zu erwischen – heuer ist es sich leicht ausgegangen. Ich habe aber auch sehr lange gewartet, bis ich den Ski freigegeben habe. Wenn du ihn zwei, drei Tore früher freigibst, hast du vielleicht den Speed, um zu gewinnen. Da waren die anderen vielleicht frecher. Aber ich sehe es nicht so tragisch, wichtig ist, dass ich dabei bin.

… ÜBER DIE STIMMUNG UND DEN ZUSEHERREKORD:

Ich nütze im Sommer immer wieder die Möglichkeit, um auf ein Electronic-Festival zu gehen. Beim Rennen habe ich mir gedacht: „Bist du deppert, die Hund schieben mit der Party an!“ Ziemlich geil! Da wäre ich auch motiviert.

… ÜBER DEN HYPE IN ÖSTERREICH UM IHN:

Es ist immer speziell, in Österreich zu fahren. Natürlich sehr positiv, aber auch mit sehr hoher Erwartungshaltung verbunden. Vor Sölden gibt es so viele Verpflichtungen und Termine, das ist verrückt. Dorthin, dorthin, dorthin – jeder will etwas von dir. Deshalb bin ich froh, dass Sölden wieder vorbei ist.

… ÜBER SEIN WEITERES PROGRAMM:

Ich habe bislang keine Trainingstage im Super-G. Jetzt steht erst einmal ein Slalom-Block an. Slalom, Slalom, Slalom. Nach Levi plane ich, in Amerika Riesentorlauf und Super-G zu trainieren. Wir werden sehen, wie es sich entwickelt. Jetzt beginnt wie gesagt die Baustelle Slalom. Bislang habe ich nur drei Slalom-Tage in den Beinen, das ist nicht so viel. Wir suchen immer nach Top-Bedingungen, das ist im Herbst immer mühsam.

… OB ER ANNA FENNINGER BESUCHEN WIRD:

Ich denke nicht. Nicht, weil ich keine Zeit habe, sondern weil ich denke, dass man in dieser Zeit seine Ruhe haben möchte. So würde es mir gehen. Ich wäre froh, wenn ich nach so einem Ereignis etwas Zeit für mich hätte. Für meinen Geschmack wäre es deshalb eindeutig zu früh. Wir haben aber schon kommuniziert.

 

Aus Sölden berichtet Matthias Nemetz