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Fischbacher: "So konnte es nicht weitergehen!"

Fischbacher:

Der 2012er-Teil des WM-Winters 2012/2013 war für Andrea Fischbacher zum Vergessen.

Und zwar komplett. Ein 17. Platz im Super-G von Lake Louise war das höchste der Gefühle für die Salzburgerin, die es bislang kein zweites Mal schaffte, sich zumindest in den Top-20 zu klassieren.

Sportlich am Boden, erlebte sie mit verletztem Rücken und lädiertem Knie eine Achterbahnfahrt der Gefühle.

Warum tue ich mir das an?

Also setzte sich die Olympiasiegerin nach einem weiteren, für sie enttäuschenden, Wochenende in Val d'Isere daheim hin und nahm sich die Zeit, um einen Strich und also Bilanz zu ziehen.

Fischbacher musste es tun, auch wenn sie wusste, dass sie zu keinem befriedigenden Ergebnis kommen würde.

Schnell war sie bei der Frage aller Fragen angelangt: Warum tue ich mir das eigentlich noch an?

Auch Kathrin Zettel, eine ihrer besten Freundinnen im ÖSV-Team, musste sich diese Frage in den letzten Jahren des öfteren stellen und fand lange keine Antwort.

"Brennt sich im Hinterkopf ein"

„Ich habe jetzt seit fünf Jahren immer irgendeine Verletzung. Das zipft einen an, brennt sich im Hinterkopf ein. Da ist es nur normal, dass man sich irgendwann fragt, ob es das überhaupt wert ist.“

Schmerzen, schickt „Fischi“ nach, gehören irgendwie, irgendwo dazu und werden nach so vielen Jahren im Vollgas-Modus fast schon als „normal“ empfunden.

Kaum eine Rennläuferin, die dieses Gefühl nicht kennt. „Mir war klar, dass es so nicht weitergehen kann, ich den Kopf frei kriegen muss um wieder zurück zu finden, warum ich das gerne tue.“

In drei Schritten zurück

In ihrer Auszeit hat Fischbacher zunächst das Knie therapieren lassen. Aber das war nur der erste Schritt.

Im zweiten nahm sie ein paar Änderungen im Training und beim Material vor. Entscheidend für das neue Glück war aber der dritte und vorerst letzte Schritt.

„Ich bin schon seit dem 4. Jänner am Arlberg, allerdings habe ich die Rennski im Ski-Keller gelassen und bin Gelände fahren gegangen.“

7.000 Höhenmeter an einem Tag

Das Freeriden zählt zu den großen Leidenschaften der kleinen Salzburgerin.

Da traf es sich nur zu gut, dass sie für die ersten Rennen nach der Auszeit nach St. Anton musste, ist der Arlberg doch der ultimative Gelände-Spielplatz.

Vor allem dann, wenn es gleich am zweiten Tag einen halben Meter Neuschnee gibt. „Das war richtig lässig, wir sind an einem Tag 7.000 Höhenmeter Tiefschnee gefahren“, grinst Fischbacher, die mit einem Freund unterwegs war, der die besten Routen und Spots von fünf Skilehrer-Jahren am Arlberg in- und auswendig kennt.

„Wenn man jemanden dabei hat, der sich im Gebiet auskennt, kann man hier unglaublich viel sehen. Ich muss mich aber auch bei den Trainern bedanken, dass sie mir das ermöglicht haben.“

Neustart mit gutem Gefühl

Zum Glück, denn der Ausflug ins Freeride-Fach hat sich bezahlt gemacht: „Mein Kopf ist wieder frei, ich habe Spaß am Skifahren und Rennfahren, stehe wieder gerne am Start und fahre auch gerne hinunter.“

Mit der drittschnellsten Zeit im ersten Training gab Fischbacher reloaded ein kräftiges Lebenszeichen ab.

„Mir wäre es lieber gewesen, wenn ich im Rennen so schnell bin. Aber es ist natürlich ein gutes Gefühl, dass ich den Ski so habe laufen lassen.“

Runter kommen sie (fast) alle

Dabei war es ein Blindflug über die ruppige Kandahar. „Mein Kopf hat von oben bis unten gewackelt, die Piste ist irrsinnig unruhig, aber passt trotzdem gut.“

In St. Anton sind bei diesen Bedingungen sind Gefühl, Köpfchen und Mut gefragt.

„Wenn es so bleibt, dann ist es wurscht, ob man die Linie trifft oder nicht. Dann ist nur wichtig, dass man irgendwie runterkommt.“

Kein Hauen und Stechen

Irgendwie reinkommen möchte Andrea Fischbacher ins WM-Aufgebot für Schladming. Zwar gibt es im Lager der ÖSV-Damen kein Hauen und Stechen um die Startplätze, aber ohne Erfolgserlebnis könnte es eng werden für die Gewinnerin von bislang zwei Weltcup-Rennen.

Doch damit beschäftigt sich Fischbacher im Moment nicht. „Meine volle Konzentration gehört dem Projekt St. Anton, alles weitere ergibt sich dann“, schaut sie nur von Training zu Training und von Rennen zu Rennen.

Und wann ist das Projekt St. Anton ein Erfolg? „Ich darf mir keine Wunder erhoffen, aber wenn ich mit einer Freude am Start stehe, habe ich schon gewonnen!“

 

Stephan Schwabl