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Sotschi als Schlaraffenland für Österreichs Eissportler

Sotschi als Schlaraffenland für Österreichs Eissportler

Alles unter einem Dach

In Sotschi werden bei den Eislaufbewerben 75 Medaillen vergeben, inklusive Eishockey und Curling sind es 87, rechnet Stanuch vor und träumt von einem Eissportzentrum unter einem Dach quasi für 87 Medaillen. Von einer gemeinsamen Infrastruktur für Fitness, Gymnastik, Entspannung oder Massage würden alle profitieren.

Auch im Eiskunstlauf hat Österreich großen Nachholbedarf. Während Kerstin Frank in einer Halle mit Ostblock-Charme aus den 70er-Jahren (Eisring Süd) trainiert, läuft sie bei Olympia im Iceberg-Palast, der alleine umgerechnet rund 32 Mio. Euro gekostet hat.

Eiszeit und Fahrzeit sind die Hindernisse für Frank, die vom US-Trainingszentrum Hackensack/New Jersey schwärmt.

"Da sind vier Eisflächen nebeneinander, im ersten Stock ein Fitnessstudio und Pilates ist auch gleich dort. Wenn ich um 9.00 fertig bin und um 12.00 die nächste Stunde habe, kann ich dort eine Stunde Ballett machen. Bei uns muss ich schauen, ob sich das ausgeht, weil wir für Ballett oder Fitnesstraining woanders hinfahren müssen", erzählt die Wienerin.

Slalom zwischen Kindern

Auch die Eiszeit kann sie nicht immer so nutzen, wie es nötig wäre. "Ich laufe teilweise mit Kindern. Die haben ein anderes Bewegungsmuster, eine andere Geschwindigkeit, ein anderes Gefühl für die Distanz, das entwickelt sich erst über die Jahre. Da muss ich dann mehrmals angurken, bis ich den Sprung ansetzen kann", erläutert Frank.

Auch das Paarlauf-Duo Miriam Ziegler/Severin Kiefer kann viel Unerfreuliches berichten und kritisiert dabei den Vorsitzenden des steirischen Landesverbands.

"Statt Elitestunden wurden ein Haufen Kinderkurse aufs Eis gestellt. Was erstens gefährlich und für uns nicht förderlich für Top-Leistungen ist. Wir trainieren täglich zwei Stunden, aber nur eine Stunde so wie wir wollen. Wir müssen Slalom zwischen anderen Läufern laufen", beschreibt Kiefer die Situation.

In fünf hochmodernen Wettkampf-Hallen finden in Sotschi die olympischen Eis-Bewerbe statt. Rund um einen großen Platz liegen die Arenen für Eishockey (Bolschoi, Schajba), Eisschnelllauf (Adler), Curling (Ice Cube), Eiskunstlauf und Short Track (Iceberg) sowie zwei Trainingshallen. Eine andere Welt vor allem für die österreichischen Eissportler, die von solchen Hallen nur träumen können.

Nach der Pleite bei den Olympischen Sommerspielen 2012 in London hat Sportminister Gerald Klug einen Sportstätten-Masterplan angekündigt. Der ist auch für den Eissport in Österreich dringend notwendig.

Denn Olympia-reif sind die Trainingsbedingungen nicht, unter denen sich die rot-weiß-roten Eisschnellläufer, Eiskunstläufer und Short-Tracker vorbereitet haben. Und mit Ausnahme von Wien entsprechen auch die Eishockey-Hallen nicht modernen Anforderungen.

Nur eine Freiluftbahn

Die Eisschnellläuferinnen Anna Rokita und Vanessa Bittner haben in Innsbruck an sich gute Bedingungen, allerdings ein großes Manko: es gibt nur eine Freiluft-Bahn.

Eis gibt es erst Mitte November, der Weltcup beginnt aber schon Anfang November. Die Saisonvorbereitung wird daher großteils im 130 km entfernten deutschen Inzell absolviert, auch nach Italien (Baselga di Pine und Klobenstein) geht es öfter.

Auf einer Freiluftbahn trainieren "ist vielleicht nicht mehr so zeitgemäß, weil alle Wettkämpfe in der Halle sind und dort das Eis drei, vier Sekunden schneller ist. Das ist eine andere Belastung", erklärte Rokita.

"Es ist fein, einmal was anderes zu machen, aber das Haupttraining vor den Weltcups müssen wir in der Halle machen." Für die 18-jährige Sportgymnasiastin Bittner, die als jüngste Eisschnellläuferin in Sotschi eine Talentprobe abgegeben hat, heißt es daher, regelmäßig am Donnerstag nach der Schule ab ins Auto mit Rückkehr am Sonntag.

Veronika Windisch: "Gibt keinen Verein, der zweimal in der Woche Eis hat"

Wie das Wasser für die Fische

Veronika Windisch ist gleich ganz ins Ausland übersiedelt - allerdings auch, weil der 56-fachen Staatsmeisterin die für ein gutes Short-Track-Training nötige Konkurrenz fehlt. Die Weizerin hatte sich für Vancouver 2010 in Calgary vorbereitet, für Sotschi schloss sie sich dem deutschen Team in Dresden an.

"Bei Eiszeiten mangelt es. In Österreich gibt es keinen Verein, der zweimal in der Woche Eis hat; das hat man in Deutschland am Tag", beschreibt Windisch die Situation.

"Fisch braucht Wasser zum Schwimmen, wir brauchen das Eis zum Laufen", meint Österreichs Sportdirektor Marek Stanuch zur tristen Situation. "Wir kämpfen um ein Bundesleistungszentrum Eisschnelllauf in Innsbruck und Short Track in Wien oder auch Villach. Aber die Gespräche dauern schon so lange.

Zukunft ungewiss

Ich hoffe, dass uns Entscheidungsträger die Chance geben, dass wir eine Heimstätte haben, um unseren Sport leistungsmäßig betreiben zu können", sagte Stanuch, der ein vernichtendes Urteil fällt: "Das, was wir im Short Track haben, hat mit Leistungssport nichts zu tun."

Hannes Wolf, Trainer der Innsbrucker Eisschnelllauf-Gruppe um Rokita und den Talenten Bittner, Armin Hager (19) und Linus Heidegger (18) hofft ebenfalls auf das LZ.

"Wir haben schon vor zwei Jahren angesucht, das habe ich geschrieben, das liegt irgendwo. Das Leistungszentrum ist Voraussetzung auch für den Sportstättenbau. Die Verpflichtung, die Eisbahn in Innsbruck zu erhalten, endet 2014.

Die Frage ist, wird sie saniert oder abgerissen. Vom Ministerium wurde uns gesagt, sie sind dabei, wollen aber ein Bekenntnis vom Verband, dass ein Leistungszentrum installiert wird", erklärte Wolf.

Eiskunstläuferin Frank muss auf ein Trainingszentrum wohl weiter warten

Keine Eishockey-WM in Sicht

Christine Mörth, die Präsidentin des Eiskunstlauf-Verbands, ist sich der schwierigen Umstände bewusst. "Das ist ein Riesenthema für uns. Wir haben ganz, ganz wenige Hallen, die durchgehend in Betrieb sind. Fast alle sperren im Sommer für ein paar Wochen zu.

Zudem gebe es ein "Grieß um die besten Zeiten". Der Bau "ist nicht das Problem", sagt sie, "sondern der Erhalt." Ein fertiges Konzept hat der Verband allerdings nicht bei der Hand.

Im Eishockey hat Österreich zwischen 1967 und 2005 einmal pro Jahrzehnt eine A-WM organisiert. Damit ist bis auf Weiteres Schluss, keine einzige Halle im Land entspricht den Kriterien für eine Elite-Weltmeisterschaft.

ÖOC weiß um Probleme

Auch die Vereine in Klagenfurt, Villach, Linz, Salzburg oder Graz wünschen sich seit langem Spielstätten, die modernen Anforderungen entsprechen.

ÖOC-Präsident Karl Stoss weiß, dass hier vieles im Argen liegt. "Eishallen gibt es genügend, aber auch viel mit Publikum. Die Initiative von Minister Klug für Rio 2016 mit dem Olympia- und Hoffnungskader, das soll in Hinkunft auch für die Winterspiele gelten. Da wird man dann auch versuchen, Projekten Geld zur Verfügung zu stellen und zu investieren - aus diesen Töpfen heraus", erklärte Stoss.