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"Ich bin ordentlich ins Schwitzen gekommen"

Frage: Das Trainerteam im ÖSV ist groß, Anna Fenninger hat großes Vertrauen in Meinhard Tatschl, mit dem sie schon lange zusammenarbeitet. Wie wichtig ist er für sie?

Kriechbaum: "Es ist sehr, sehr wichtig, einen Trainer zu haben, zu dem das Vertrauen gewachsen ist, mit dem man gut kann, Informationen austauscht. Es ist leichter, mit so jemanden eine Taktik zu besprechen für ein Rennen, für die ganze Saison, für die Trainingsplanung. Es ist sehr, sehr wichtig, dass Sportler eine starke Bezugsperson innerhalb der Trainermannschaft haben. Anna hat den 'Meini', andere haben einen anderen Trainer. Das gehört sehr stark dazu."

Frage: Während des Super-G hat die Zusammenarbeit der Trainer und die Weitergabe der Informationen an die Läuferinnen, wie diese berichteten, perfekt funktioniert. Ein Musterbeispiel, wie es laufen soll?

Kriechbaum: "Super-G oder das Ergebnis eines Super-G ist immer Teamwork. Man hat sechs bis acht Positionen, es gibt meistens ein, zwei markante Positionen. Oft einmal ist es noch ein bisschen markanter, wie es eben hier war. Da spielt dann das Vertrauen zu jedem einzelnen Trainer an einer Position eine große Rolle. Weil es immer wieder sein kann, dass sich die Linie von der Besichtigung ein bisschen ändert. Wenn man weiß, man kann der Person an der Position vertrauen, weiß man, so ist es zu machen. Wenn sich von der Besichtigung her zwei, drei Positionen ändern, ist es schwierig, das am Start zu verarbeiten. Wenn sich nur eine ändert, geht es gerade noch. So war es hier der Fall."

Frage: Sie waren an der entscheidenden Position vor dem Zielhang, haben Anweisungen gefunkt. Es kommt aber auch darauf an, wie Ihre Läuferinnen die Informationen umsetzen. Waren Sie nervös?

Kriechbaum: "Ja, natürlich. Denn es war so extrem und so rennentscheidend. Das hat man auch im Super-G sehr, sehr selten. Da kommt man schon ganz ordentlich ins Schwitzen."

Frage: Wie blicken Sie mit drei Medaillen im Gepäck den technischen Disziplinen entgegen?

Kriechbaum: "Man glaubt immer, dass es dann ein bisschen einfacher funktioniert, weil man ein bisschen lockerer fahren kann. Aber es ist jedes Rennen ein neues Rennen. Man muss sich auf jedes neu konzentrieren, das gilt für die Läuferinnen, aber auch die Trainer und Betreuermannschaft. Man darf ganz bis zum Schluss nicht lockerlassen. Man muss vom ersten bis zum letzten Moment da sein. Man hat vielleicht ein bisschen ein besseres Gefühl und eine ein bisschen bessere Ausgangsposition, weil man nichts mehr zu verlieren hat, sondern nur noch was zu gewinnen. Aber für die einzelne Läuferin, die noch gar nicht am Start war, spielt das keine Rolle."

Österreichs Ski-Damen halten bei den Olympischen Spielen in Russland bei drei Medaillen, Anna Fenninger gewann den Super-G, Nicole Hosp holte Super-Kombi-Silber und Super-G-Bronze.

Im Interview mit der APA sprach Rennsportleiter Jürgen Kriechbaum über Fenninger, Emotionen, Bezugspersonen und die weiteren Rennen.

Frage: Ihre Sensibilität ist Anna Fenninger in der Vergangenheit im Rennsport öfters im Weg gestanden. Sie hat gemeint, sie sei stolz, dass sie die Enttäuschung aus der Abfahrt weggesteckt und es im Super-G gezeigt hat. Sind Sie auch stolz auf sie?

Kriechbaum: "Ich bin schon sehr stolz. Es freut mich, dass sie es geschafft hat. Sie hat es geschafft, dass sie sich doch noch einmal richtig gefasst und eines draufgelegt hat, auch wenn die Sache zuerst nicht ganz nach Wunsch gelaufen ist."

Frage: Bei Gewinnerinnen und Verliererinnen - es fließen viele Tränen bei diesen Spielen...

Kriechbaum: "Ich finde, wenn man Fraulichkeit in den ganzen Sport hineinbringen kann, schadet das eigentlich überhaupt nicht. Der Skirennsport ist sowieso männerdominiert. Man weiß, dass die Mädels weinen, wenn sie ausfallen, wenn sie gewinnen oder es nicht so läuft. Das gehört dazu und ist ein Ausdruck von sehr starken Emotionen. Ich finde das positiv. Diesen Ausdruck hat auch Anna. Man sieht selten einen männlichen Rennläufer, der, wenn er ein Rennen verhaut hat, durchs Ziel geht und kein Interview gibt. Bei den Damen ist das immer wieder der Fall."

Frage: Haben Sie nach der Vorgeschichte Fenninger den Sieg im Super-G zugetraut?

Kriechbaum: "Zugetraut habe ich es ihr auf alle Fälle. Sie ist in der Abfahrt schon richtig überzeugt ans Werk gegangen, da ist es ihr nicht aufgegangen, sie hat einen Schlag erwischt. Das kann passieren. Aber das muss man dann, so gut es geht, trotz aller Emotionalität sehr nüchtern betrachten und sagen, man hat das Beste probiert und voll riskiert. Im Super-G war es ähnlich, sie hat im Startteil sehr viel riskiert, ist die Flachpassage normal gefahren und die entscheidende Passage sehr geschickt. Die Kombination war gewinnbringend."