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Vettori: "Man will Schlierenzauer älter reden, als er ist"

Vettori:

Ernst Vettori hat dieser Tage gut lachen, was seine Skispringer betrifft.

Der sportliche Leiter des ÖSV konnte in bislang drei Bewerben ebenso viele Medaillen bejubeln und darf mit den Leistungen seiner Schützlinge mehr als zufrieden sein.

Genau das macht der 48-Jährige, der in seiner aktiven Zeit selbst fünf Medaillen bei Nordischen Ski-Weltmeisterschaften sammelte, auch im Gespräch mit LAOLA1 deutlich.

Der Tiroler spendet dabei Lob für den Mixed-Bewerb, ärgert sich über die Vorwürfe eines Nachwuchs-Problems und zeigt Mitgefühl mit einem seiner Adler.

Ernst Vettori über ...


… die von ihm ausgestrahlte Gelassenheit:

Ich hoffe doch, dass ich generell eher eine Frohnatur bin. Natürlich nimmt es enorm viel Druck weg, wenn gleich zu WM-Beginn Medaillen gewonnen werden. Das ist für die Sportler und natürlich auch die Trainer von großer Bedeutung.

 

… möglicherweise zu niedrig gesteckte Ziele:

Ganz und gar nicht. Die von uns anvisierten vier Medaillen muss man erst einmal machen. So etwas ist immer schnell niedergeschrieben und klingt nicht viel, in Wahrheit ist es aber irrsinnig schwierig, sie zu erreichen. Die bisherigen Leistungen waren sehr zufriedenstellend, jetzt von mehr zu sprechen, ist eine gefährliche Sache.

 

… die Entwicklung der Damen:

Wir sind äußerst zufrieden. Wir mussten mit Dani (Iraschko, Anm.) die Weltmeisterin vorgeben, was für uns ein Riesenverlust war. Wir haben gedacht, ohne sie werden wir im Mixed-Bewerb wohl nichts reißen. Chiara (Hölzl) ist aber dann bei der Junioren-WM schon sehr gut gesprungen, hat sich bei der WM noch einmal gesteigert und hier eben sehr erfreuliche Leistungen gezeigt.

… die WM-Premiere des Mixed-Bewerbes:

Ich bin der Meinung, dass der Mixed-Bewerb eine richtig interessante Geschichte ist. Wir haben hier einen ganz anderen Nationen-Mix als bei gewöhnlichen Teamspringen. Hier kommen beispielsweise die US-Amerikaner dazu. Die führen die Nationenwertung bei den Damen an, was natürlich die Burschen weiter anspornen kann. Insofern glaube ich, dass der Modus bzw. Bewerb für den Skisprungsport eine echte Bereicherung ist.

 

… die Zwischenbilanz der Skisprung-Herren:

Die sieht sehr positiv aus. Wir sind von der Normalschanze mit einer Medaille rausgegangen, was bei der engen Konkurrenz nicht einfach war. Zudem war erfreulich, dass Thomas Morgenstern um die Medaillen mitgesprungen ist. Silber ist für Gregor ein riesiger Erfolg.

 

… die Einzelleistungen seiner Springer:

- Gregor Schlierenzauer: Er ist auch auf der Großschanze einer der Topfavoriten. Er hat heuer schon so viele Erfolge gefeiert und so viel geleistet. All diese Dinge sprechen für einen hervorragenden Sportler.

 

- Thomas Morgenstern: Er hat sich zurückgenommen und trainiert und springt jetzt wieder in hervorragender Form. Ich traue ihm jetzt alles zu, er ist wieder eine richtige Stütze in unserer Mannschaft.

 

- Manuel Fettner: Wir wissen, wie gut er springen kann. Er war auch auch der kleinen Schanze im Training top, hatte dann aber Pech. Das klingt immer nach Ausrede, aber wir wissen, wenn er seinen besten Sprung hat, ist er ein ernstzunehmender Gegner im Kampf um die Medaillen.

- Wolfgang Loitzl: Die letzten Sprünge haben mir richtig gut gefallen. Ich habe zuvor ja immer gedacht, er kann noch viel mehr. Bei Wolfi weiß man, was er schon alles gewonnen hat. Seine Saison ist ja auch ganz gut, nur muss er die letzten paar Prozentpunkte auch im Wettkampf noch zulegen.

 

- Stefan Kraft: Alles, was er macht, muss man hoch einschätzen. Er sammelt hier Erfahrungen, die er mitnehmen muss. Er kann ganz locker und befreit springen.

 

- Andreas Kofler: Natürlich hat man Mitgefühl, wenn er zweimal nicht nominiert wird. Ich weiß, wie das ist, weil es mir selbst des Öfteren so erging. Es ist schade, dass er seine Form nicht wieder gefunden hat. Es ist eben so, dass die Saison in drei Monaten abgewickelt wird. In dieser Zeit eine Form wiederzufinden, ist nicht ganz so einfach. Wir haben alles versucht, es ist nicht gelungen.

 

… den Vorwurf, der ÖSV habe ein Nachwuchs-Problem:

Damit tue ich mich immer schwer. Wir haben auch in der Nationalmannschaft eine sehr gute Altersstruktur. Man will den Schlierenzauer immer älter reden, als er ist, auch Morgenstern ist doch bei Gott noch nicht alt. Und dass jetzt auch ein Stefan Kraft dabei ist, lässt uns wieder zu einer der jüngeren Mannschaften werden. Wir haben Gott sei Dank aber auch Routiniers wie Loitzl oder Martin Koch bei uns, die genauso wichtig sind. Es geht ja nicht darum, das jüngste Team zu haben, es geht darum, wer das beste hat. Alter schützt vor Leistung nicht!

 

… Hoffnungen für die letzten beiden Bewerbe:

Ich erhoffe mir, dass wir ähnlich weitermachen wie bisher. Wir wollen, dass die Bedingungen fair bleiben, dann ist für uns sicherlich noch einiges möglich. Man müsste es aber auch hinnehmen, wenn wir leer ausgingen. Natürlich wäre man enttäuscht, es geht hier nur um die ersten drei Plätze – aber es gibt in dieser Branche eben auch einen irren Konkurrenzkampf.

 

Aus Val di Fiemme berichtet Christoph Nister