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Stecher: "Ich habe gedacht, ich bin Vierter"

Stecher:

Erster Wettkampf, erste Medaille.

Für die Nordischen Kombinierer hätte die Nordische Ski-Weltmeisterschaft in Val di Fiemme kaum besser beginnen können.

Mario Stecher, der nach einer schweren Knorpelverletzung, die er sich Anfang Jänner zuzog, erst auf den letzten Drücker auf den WM-Zug aufsprang, gewann nach einem Sprung auf der Normalschanze (HS 106) sowie 10 km Langlauf die Silbermedaille.

Zweites Silber nach 1999

In einem packenden Finish musste sich der Steirer nur dem Franzosen Jason Lamy Chappuis geschlagen geben.

Im Zielsprint rang er das DSV-Duo Björn Kircheisen und Eric Frenzel knapp nieder. Damit gewann der 35-Jährige 14 Jahre nach seinem Silber-Ritt in der Ramsau seine zweite Einzelmedaille.

Kurz, nachdem er dem ÖSV das erste Edelmetall im Fleimstal bescherte, stand er einer kleinen Mediengruppe, der auch LAOLA1 angehörte, Rede und Antwort.

LAOLA1: Mario, Gratulation zur Silbermedaille. Hast du schon realisiert, was du geleistet hast?

Mario Stecher: Ich hatte beim Langlaufrennen Zeit, zu realisieren, wo ich mich befinde. Beim Skispringen war es sensationell und wider Erwarten. Es hat alles zusammengespielt. Einerseits ein sensationeller Sprung, andererseits hatte ich unten sehr guten Wind. Beides zusammen hat einfach gestimmt.

LAOLA1: Der Langlaufbewerb war bis zum Ende extrem spannend. Hast du für den Zielsprint eine Schuhnummer größer gewählt?

Stecher: Es war wohl nicht einmal eine ganze Schuhnummer, maximal eine halbe. Mit freiem Auge war es fast nicht zu erkennen, wer vorne war. Ich konnte zum Glück über den letzten Hügel mit den anderen drei mitfighten und wusste oben, dass alles drin ist. Auf der Zielgerade hatte ich einen leichten Strauchler und musste zurücknehmen, weil einer auf meine Bahn ausgeschert ist. Ich muss aber mehr als zufrieden sein.

LAOLA1: Vor dem Wettkampf hast du noch gemeint, von einer Einzelmedaille zu sprechen wäre vermessen. Wie siehst du das jetzt?

Stecher: Das war es ja auch bis zu meinem Sprung. Ich hatte schon einen guten Probesprung, danach hatte ich das Gefühl, da ist etwas möglich. Ich war erst etwas nervös, aber genau bei meinem Sprung habe ich die richtige Einstellung gefunden und das hat einfach gepasst.

LAOLA1: Hast du beim Zieldurchlauf sofort gewusst, dass es für eine Medaille gereicht hat?

Stecher: Nein, ich habe gedacht, ich bin Vierter. Es war eine Erlösung, als ich gesehen habe, ich bin Zweiter. Vierter zu werden, das wäre schon schade. (lacht)

Eine glückliche Familie: Die Stechers
LAOLA1: Dein Ausfallschritt hat am Ende den Ausschlag gegeben. War das so geplant?

Stecher: Mit dem Arsch wäre ich wohl nicht vorne gewesen. (lacht) Das war instinktiv, aber die anderen beiden haben es auch probiert. In Oslo habe ich mal einen Sieg deshalb verloren, heute war das Glück auf meiner Seite.

LAOLA1: Nun liegen 14 Jahre zwischen deiner ersten Einzelmedaille in der Ramsau und jener hier. Kann man die beiden vergleichen?

Stecher: Die Medaille ist an sich die gleiche. Ansonsten ist es ganz was anderes nach dieser Vorgeschichte. Ich hätte mir nicht mal erträumen lassen, dass das so funktioniert. Auf der anderen Seite war ich in der Ramsau auch im Eck und keiner hat noch damit gerechnet, dass wir Österreicher eine Medaille machen. In diesem Sinne besteht eine Parallele. Allerdings sind 14 Jahre vergangen, das ist eine andere Zeit. Schön aber, dass es wieder passiert ist.

LAOLA1: Wie ging es dir während des Langlaufs, als einer nach dem anderen aufschloss. Hat dich das nervös gemacht oder hattest du eine innere Gelassenheit, da du weißt, du bist auf der Zielgeraden einer der Schnellsten?

Stecher: Nervös bin ich überhaupt nicht geworden, ich wusste aber nicht, wie gut ich drauf bin. Auf der letzten Runde habe ich etwas probiert, es sind aber weiter vier, fünf Leute an mir dran geblieben. Gott sei Dank konnte ich am Ende noch mitfighten, das war wichtig.

LAOLA1: Bei Lamy hatte man den Eindruck, dass er unglaublich starkes Material hatte.

Stecher: Ja, der hatte einen richtig guten Ski. Das passiert, das hat er sich aber auch erarbeitet.

LAOLA1: Im Nachhinein betrachtet hat der Vergleich mit Marlies Schild wohl doch nicht so ganz gepasst, da du jetzt eine Medaille hast?

Stecher: Doch, an sich schon. Das, was jetzt passiert ist, ist nicht normal. Wenn mir gestern einer gesagt hätte, ich hüpfe 106 Meter, hätte ich gesagt: 'Du bist ein bisserl deppert.'

LAOLA1: War das der beste Sprung seit deinem Sturz?

Stecher: Ja, der beste seit meiner Verletzung und auch davor bin ich schon ewig nicht mehr so gut gesprungen. Ich habe hart gearbeitet und mich mental darauf eingestellt. Es hat alles zusammengepasst.

LAOLA1: Kann man dich mit einem guten Wein vergleichen – je älter, desto besser?

Stecher: Ja, schon. Nur ist ein guter Wein in diesem Alter auch schon mal oft sauer. (lacht)

LAOLA1: Welche Bedeutung hat deine Medaille auch im Hinblick auf das gesamte Team, da der Druck ja nun deutlich rausgenommen wurde?

Stecher: Ich glaube, für die Mannschaft ist es sicher gut. Ich bin froh, dass ich diese geholt habe. Ich weiß aber aus der Ramsau, als wir bis zum Schluss gehofft haben, dass es nie leicht ist, wenn man ihr hinterher läuft. Vor allem ist die Mannschaft wirklich stark. Es hat keiner eine schlechte Platzierung erbracht, das ist wichtig für die weiteren Wettkämpfe.

LAOLA1: Wie betrachtest du die Ausgangslage für den Teambewerb?

Stecher: Es gehört immer auch etwas Glück dazu, damit wir um den Sieg mitkämpfen können. Es gibt vier, fünf gleichwertige Mannschaften, das hat man ja in dieser Saison schon das eine oder andere Mal gesehen. Da wird es nicht einfach, um das Podium mitzukämpfen.

LAOLA1: Vielen Dank für das Gespräch.

 

Aus Val di Fiemme berichtet Christoph Nister