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Bieler: "Ich habe selbst nicht mehr daran geglaubt"

Bieler:

Mehr als fünf Jahre musste Christoph Bieler warten, ehe er im Weltcup der Nordischen Kombinierer endlich wieder von ganz oben herunter lachen konnte. 

Bei der WM-Generalprobe in Almaty (KAZ) war es so weit, der Tiroler feierte seinen sechsten Weltcupsieg und bewies, dass noch immer mit ihm zu rechnen ist.

Aufgrund seiner zuletzt gezeigten Leistungen gilt „Bieles“ auch bei der Weltmeisterschaft im italienischen Val di Fiemme zu den potenziellen Medaillenkandidaten.

Im Gespräch mit LAOLA1 versucht der 35-Jährige jedoch, die Erwartungshaltung zu relativieren. Ein gewisser Druck von Seiten der Öffentlichkeit sei „vollkommen klar“, aber „vom Umfeld her ist das schon so einzuschätzen, dass ich nicht in der Favoritenrolle bin. Es gibt genug andere Athleten, die um den Sieg mitkämpfen.“

 „Nicht mehr daran geglaubt“

 Ein Grund für seine Zurückhaltung liegt darin, dass zuletzt nicht mehr alle Asse in Kasachstan dabei waren. „Dass es sich so entwickeln würde, war nicht geplant. Hervorgerufen natürlich auch durch ein geringeres Starterfeld. Trotzdem muss man einen Weltcup erst einmal gewinnen.“

Selbst für Bieler kam das Ganze überraschend. „Es ist wunderschön, weil ich selbst nicht mehr an einen Weltcupsieg geglaubt habe. In meinen Top-Saisonen ging es leicht von der Hand, danach wurde es immer zacher.“

Nun sei es „in gewisser Weise schon eine Genugtuung“, es den Kritikern noch einmal gezeigt zu haben. Wobei er für diese Verständnis aufbringt, „denn Ergebnisse sind nun einmal wichtig.“

Dabei sah es für den Routinier auch in dieser Saison lange nicht besonders gut aus, selbst das WM-Ticket war nicht gesichert.

Keine optimale Vorbereitung

„Über drei Jahre bin ich meiner Form hinterher gehechelt und auch im letzten Herbst ist es wieder nicht perfekt gelaufen“, erläutert der Team-Weltmeister und -Olympiasieger.

Die Materialumstellung mit den engeren Anzügen machte ihm ebenso zu schaffen wie ein Sturz. Das Training musste immer wieder neu geplant werden, von seiner Topform war er weit entfernt.

Erst ein Trainingskurs vor Neujahr  – in Val di Fiemme – brachte Besserung. „Vier Tage haben wir uns dabei wirklich nur auf das Skispringen konzentriert. Der Schalter hat sich umgelegt und seither läuft es im Skispringen.“

Das „Tüpfelchen auf dem i“ fehlt

Bieler gab die Antwort und katapultierte sich mit den Rängen drei und eins ins WM-Team. Seine starke Form will er auch in Predazzo ausspielen. Am ersten Trainingstag gelang das bereits nach Wunsch.

„Es war sehr gut. Ich konnte meine Sprungform umsetzen und war bei meinen beiden Versuchen der Weiteste. Es war noch nicht perfekt, aber ich bin gleich gut zurechtgekommen.“ Der WM-Ort scheint ohnehin ein gutes Pflaster für ihn zu sein.

Vor zehn Jahren war er Teil der goldenen WM-Mannschaft, 2007 entschied er hier zudem einen Weltcupbewerb zu seinen Gunsten. „Es hat einen schönen Nebeneffekt, das ganze Umfeld gefällt mir.“

Und mit dem neu gewonnenen Selbstvertrauen will er nun noch einen draufsetzen. Die größten Chancen rechnet er sich zwar mit der Mannschaft aus, doch da gibt es auch noch den Traum von der ersten Einzelmedaille.

„Ich bin mit meiner Karriere und den Erfolgen, die ich erreicht habe, sehr zufrieden. Aber eine Einzelmedaille wäre das Tüpfelchen auf dem i. Das muss man allerdings passieren lassen, erzwingen kann man nichts.“

 

Aus Val di Fiemme berichtet Christoph Nister

Der nächste Rückschlag folgte allerdings auf dem Fuß, Bieler wurde krank und zeigte in Seefeld (Platz 40) eines seiner schlechtesten Rennen. „Irgendwann fängt man dann an, zu verzweifeln. Vor zwei Jahren ist der WM-Zug kurz vor Schluss ohne mich abgefahren, ich musste von daheim zuschauen.“

Geburt des Sohnes als Turnaround

Der Turnaround gelang ihm schließlich dank einer längeren Pause – krankheitsbedingt, aber auch deshalb, weil Bieler zum zweiten Mal Vater wurde. „Danach haben sich die Räder ineinander gefügt.“

Er habe vor Almaty nur leichtes Langlauftraining betrieben, doch die Blockade im Kopf war plötzlich weg und die kurze Auszeit hat ihm richtig gut getan.

„Absolut, sie war definitiv nötig, der Körper hat das gebraucht. Ich bin aber ehrlich gesagt mit einem sehr mulmigen Gefühl nach Almaty geflogen. Ich wusste ja, dass die Kacke am Dampfen war, was die WM anbelangt.“

Der Druck war immens, denn die Teamkollegen gaben zu diesem Zeitpunkt eine sehr gute Figur ab. „Man freut sich einerseits mit, andererseits ist aber auch schwierig, dabei zuzuschauen.“