news

Was bedeutet der NHL-Lockout für Grabner und Co?

Was bedeutet der NHL-Lockout für Grabner und Co?

Seit Sonntag ist es fix: Die NHL befindet sich im Lockout.

Die Klubbesitzer konnten sich mit der Spielergewerkschaft auf keinen neuen Rahmentarifvertrag einigen, weswegen die Saison nicht wie geplant am 11. Oktober starten wird.

Kommt Vanek nach Österreich?

Viele Cracks werden während des Ausschlusses in Europa anheuern.

Auch die österreichischen NHL-Exporte Thomas Vanek, Michael Grabner und Andreas Nödl haben angedeutet einem Engagement auf dem „alten Kontinent“ nicht abgeneigt zu sein.

Doch wie realistisch ist es, dass ein NHL-Star in Österreich landet, wie viel muss man für so einen Spieler bezahlen und welche Folgen hat der Lockout für die beste Eishockey-Liga der Welt?

Capitals-Scout Bernd Freimüller, der von 1998 bis 2011 als Europa-Scout für die Atlanta Thrashers tätig war und den Lockout 2004/05 selbst miterlebte („Ich habe damals auf zehn Prozent meines Gehalts verzichtet“), gibt bei LAOLA1 Auskunft.

LAOLA1: Der NHL-Lockout ist seit Sonntag Tatsache, hast du schon mit einem NHL-Spieler Kontakt aufgenommen?

Bernd Freimüller: Nein, habe ich nicht. Ich habe natürlich ein bisschen vorgefühlt, aber noch nicht wirklich konkret angefragt, weil ich auch noch nicht gehört habe, dass wir irgendwas machen werden.

LAOLA1: Ihr habt also vereinsintern noch nichts abgesprochen?

Freimüller: Grundsätzlich haben wir vor einigen Tagen gesagt, dass wir nicht aktiv werden, weil wir schon am Punktelimit sind und die Mannschaft gut funktioniert. Es hängt aber natürlich auch immer von Verletzungen ab. Am Wochenende ist das Lazarett wieder etwas größer geworden und jetzt müssen wir uns zusammensetzen, und entscheiden, ob sich dadurch etwas geändert hat. Die Tendenz ist aber eher so, dass wir nichts unternehmen werden.

LAOLA1: Ihr habt also nicht vor, einen Spieler zu holen?

Freimüller: Uns werden laufend Spieler angeboten, aber momentan ist es für uns kein Thema. Wir haben in unserer Liga eine Punkteregelung und können nicht Spieler reinholen, wie wir wollen. Der einzige Verein, der das machen kann, ist Zagreb. Für die gilt die Punkteregelung fast nicht, die können jederzeit jemanden einbürgern. Bei uns ist das Ganze nicht so einfach.

LAOLA1: Glaubst du, dass NHL-Cracks in der EBEL landen werden?

Freimüller: Was die anderen Vereine machen kann ich natürlich nicht wirklich beurteilen, aber ich bin überzeugt davon, dass Salzburg jemanden holen wird, da sie finanziell dazu locker in der Lage sind. Auch der KAC hat die monetären Voraussetzungen. Villach wird mit Michael Grabner in Verbindung gebracht und von den Punkten ist bei denen auch alles möglich. Außerdem dann kann wie gesagt Zagreb jederzeit etwas von heute auf morgen machen.

Andreas Nödl zieht es nach Europa

LAOLA1: Vanek, Grabner und Nödl sind nicht abgeneigt in der EBEL zu spielen. Besteht Interesse an einem der drei?

Freimüller: Das muss Tommy Samuelsson beantworten und dann muss natürlich Präsident Hans Schmid entscheiden, ob die finanziellen Mittel dafür da sind. Meine Aufgabe wäre es dann, zu beurteilen, welcher Spieler uns was bringen würde. Zusätzlich muss man natürlich bedenken, dass ein Vanek vom Gehalt und somit von der Versicherungssumme ein ganz anderes Kaliber als ein Nödl ist. Ich kann mir auch gut vorstellen, dass Salzburg eine Anlaufstelle für die Österreicher wird.

LAOLA1: Wäre es für die NHL-Cracks schwer sich wieder an das NHL-Niveau zu gewöhnen, wenn sie in der EBEL gespielt haben?

Freimüller: Das ist kein Problem, das hat damit nichts zu tun. Unsere Liga ist nicht so schlecht. Ich habe mir beispielsweise am Wochenende wieder DEL-Spiele angesehen. Da ist höchstens ein marginaler Unterschied zu sehen. Und zweitens geht es darum, dass du im Saft bleibst, dass du im Trainings- und Spielbetrieb bleibst. Da kommt es nicht wirklich aufs Niveau an. Wenn die NHL wieder angeht, kommen ohnehin davor die Trainingslager. Da könnte man genauso sagen, dass Vanek und Co. den Anschluss an das NHL-Niveau nicht finden, weil im Sommer keine Spiele sind. Das ist kein Argument für mich.

LAOLA1: Hast du durch deine Kontakte Insider-Informationen über die Verhandlungen?

Freimüller: Es ist, wie ich gehört habe, von Eigentümerseite her keine große Tragik, wenn die Eishallen im September, Oktober und November noch zu bleiben, denn da spielt ohnehin Football die Hauptrolle in den USA. Es gibt allerdings auch Stimmen, die von einem längeren Lockout ausgehen. Ich hoffe, dass man sich bald einig wird. Es gibt aber noch keine Übereinkunft in dem Punkt wie die Einnahmen aufgeteilt werden.

LAOLA1: Es geht also grundsätzlich darum, wie die Gewinne zwischen Spielern und Klubbossen aufgeteilt werden?

Freimüller: Ja, das kann man so sagen. Die großen Teams in der NHL, wie beispielsweise Montreal oder Toronto, machen riesige Gewinne. Aber es gibt auch kleine Klubs, die Jahr für Jahr durchgeschleppt werden müssen und Verluste machen. Und da ist man sich jetzt nicht einig, ob die Ausfälle von den großen Vereinen ersetzt werden sollen, worauf die Spielergewerkschaft plädiert, oder, ob das Geld, einfach ausgedrückt, aus den Taschen der Spieler kommen soll. Sprich, ob die Einnahmen der Spieler gesenkt werden sollen und damit die kleinen Teams mitgeschleppt werden. Das ist der springende Punkt.

LAOLA1: Wie sieht das Ganze finanziell aus? Was müsste ein österreichischer Klub für einen NHL-Spieler zahlen?

Freimüller: Ich habe gerade eine E-Mail an einen Agenten geschickt und ihn gebeten mich anhand eines hypothetischen Spielers aufzuklären. Fakt ist, dass die Versicherung zu bezahlen ist und die hängt natürlich vom Vertrag ab. Jemand mit einem Einjahresvertrag und 600.000 Dollar Gehalt ist logischerweise billiger, als einer mit einem Fünfjahresvertrag mit einer Gesamtsumme von 40 Millionen Dollar.

LAOLA1: Bekommen die Spieler während des Lockouts überhaupt ein Gehalt?

Freimüller: Nein. Wenn das so wäre, würde jeder Lockout unendlich lang gehen. Die Gehälter werden nicht ausgezahlt, weil es keinen Rahmentarifvertrag gibt. Die Spieler bekommen nur circa acht Prozent ihres Gehaltes aus einem Emergency-Fonds der Spielergewerkschaft, in den sie in den letzten Jahren eingezahlt haben.

LAOLA1: Muss ein europäischer Verein nur die Versicherung zahlen oder muss er auch gehaltsmäßig drauflegen?

Freimüller: Nein, überhaupt nicht. Jeder Spieler kann sagen ich komme nach Europa bzw. Österreich, weil es mir hier gefällt und spiele umsonst. Mit den Gehältern hat es nur insofern zu tun, weil die Versicherungssumme wie bereits erwähnt vom Gehalt abhängig ist. Das ist ja zum Beispiel auch bei Weltmeisterschaften so. Da muss der jeweilige Verband die Versicherungssummen für die abgestellten NHL-Spieler übernehmen.

LAOLA1: Thomas Pöck wird in der AHL spielen und nicht nach Europa wechseln. Bestehen also doch Einschränkungen?

Freimüller: Die NHL und die Spielervereinigung haben noch schnell eine Art Waiver-Liste eingeschoben, da sind Spieler draufgesetzt worden, die in die AHL runtergeschickt werden. Thomas Pöck war da dabei. Da geht es vor allem um junge Spieler, die da Spielpraxis sammeln sollen. Aber grundsätzlich können die älteren Spieler, die nicht in einem Entry-Level-Vertrag sind, machen was sie wollen. Die Vereine haben sie ausgesperrt, es gibt kein Vertragsverhältnis.

Bernd Freimüller hofft auf eine baldige Einigung

LAOLA1: Läuft die NHL dadurch Gefahr Fans zu verlieren bzw. kann etwa die KHL ihr den Rang ablaufen?

Freimüller: Naja, die prominentesten Lockout-Spieler werden in die KHL gehen. Das ist jetzt mit Evgeni Malkin schon losgegangen. Es werden in der russischen Liga auch unabhängig vom Lockout Summen gezahlt, die für den Rest Europas nicht einmal annähernd zu verstehen sind. Unsere Gehälter kann man mit einer Null hinten dran auf die KHL umlegen. Die Liga wird dadurch sicher noch attraktiver, noch stärker, aber als Konkurrenzprodukt zur NHL kann man sie nicht bezeichnen. Da ist ja bildlich gesprochen ein Ozean dazwischen. In Nordamerika ist sie sicherlich keine Konkurrenz. In Europa wird die KHL dadurch aber sicher noch mehr zur Liga Nummer eins, als sie es ohnehin schon ist.

LAOLA1:Inwiefern sind die Mitarbeiter der NHL-Klubs vom Lockout betroffen?

Freimüller: Je kleiner du in dieser Kette bist, umso mehr betrifft es dich. Am Schlimmsten ist es für die Leute, die nur an Spieltagen zum Einsatz kommen, wie etwa Ordner, Restaurantbetreiber oder VIP-Klub-Kellner. Für diese Menschen ist das ein richtiges Desaster. Sonst ist es grundsätzlich so, dass du weiterbezahlt wirst. Allerdings habe ich gehört, dass bei den Vancouver Canucks jeder auf 20 Prozent seines Gehalts verzichten muss. Und ich kann mir vorstellen, dass bei kleineren Organisationen, wie etwa den New York Islanders, wo es um jeden Penny geht, sehr wohl auch Leute freigesetzt werden und das ist natürlich tragisch.

LAOLA1: Was denkst du persönlich wie lange der Lockout anhält?

Freimüller: Ich hoffe immer noch, dass er maximal bis November oder Dezember dauern wird. Das große Datum für die NHL ist das Winter-Classic Anfang Jänner, an dem immer der Vertrag mit NBC beginnt. Das ist ein ganz wichtiges Spiel für die NHL, weil sie da die große TV-Präsenz haben. Wenn diese Partie nicht stattfindet, dann, glaube ich, kann man die NHL-Saison vergessen. Aber es ist immer noch alles möglich. Theoretisch könnte man sich jetzt noch schnell einigen und die Saison würde pünktlich beginnen. Es ist nämlich nicht so wie beim letzten Lockout, als alles persönlich genommen wurde. Die Gesprächsatmosphäre ist relativ amikal. Aber beide Parteien rücken halt von ihren Standpunkten nicht so recht ab. Deswegen ist es auch offen, wann die nächsten seriösen Gespräche überhaupt stattfinden.

LAOLA1: Was denkst du, wohin die Österreicher wechseln werden?

Freimüller: Das kann ich nicht vorhersagen. Bei Vanek weiß man ja zum Beispiel gar nicht, wie seine Pläne tatsächlich aussehen. Von Grabner hört man, dass er nichts dagegen hätte nach Österreich, speziell nach Villach zu kommen. Allerdings darf man nicht vergessen, dass beide Familie haben und vielleicht lieber im Kreis ihrer Angehörigen in den USA bleiben wollen. Andreas Nödl ist zwar über seinen Agenten angeboten worden, so richtig konkret war das Ganze aber noch nicht. Ein Grabner könnte überall in Europa spielen und ein Vanek wäre ja auch in der KHL eine Attraktion, das ist gar keine Frage. Für mich ist es komplett offen, wo die drei spielen werden.

 

Das Interview führte Fabian Santner