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Von "Minnesota Twice" & staal'scher Bruderliebe

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Beinahe 72 Stunden bedurfte es, bis die Free Agency 2012 ihren einstweiligen Höhepunkt erreichte.

Zach Parise und Ryan Suter, die begehrten Juwelen, hatten sich entschieden. Mit Spannung wurde dieser Moment erwartet, letztlich hinterließ er etliche Fragezeichen.

Den Zuschlag erhielten die Minnesota Wild, ein chronisches "Loser-Team". Indes schauten prominente Franchises durch die Finger.

Um Alternativen auf einem qualitativ beschränkten Markt  zu entdecken, sollten die General Manager nun eine gesunde Portion Vorstellungskraft mitbringen. Jene ließen andere schon walten.

LAOLA1 fasst die ersten Transaktionen nochmals in fünf Aspekten zusammen.

  • "Minnesota Twice":

Eingangs sei ein Exkurs erlaubt: Der 9. Juli 2010 veränderte die Welt des Basketballs. Verantwortlich dafür, ein gewisser LeBron James. Er, der legitime Erbe des legendären Michael Jordans, spaltete an jenem Tage die NBA. Nach Gesprächen mit Dwyane Wade und Chris Bosh beschloss der „King“, eine von der Konkurrenz befürchtete Star-Allianz bei den Heat zu gründen. Medien titelten damals „Miami Thrice“, die vielerorts angefeindeten „Big Three“ waren geboren.

In Nordamerika sind derartige Absprachen, wie Parise und Suter bewiesen, kein einmaliges Szenario. Ersterer erklärte offenkundig: „Ryan und ich haben darüber gesprochen, dass es großartig wäre, zusammen zu spielen.“ Für den aus Minneapolis, stammenden Stürmer war die Nähe zur Familie ausschlaggebend. Anstatt gelegentlicher Flüge in die Heimat, könne er nun per Auto den Vertrauten spontane Besuche abstatten.

„Diese Chance, hier aufzulaufen, bedeutet mir viel“, gesteht der 69-Punkte-Mann. Parise wird der Offensive um Dany Heatley und Mikko Koivu zusätzlich Schlagzahl verleihen. Hingegen sollte Suter, in Nashville zu einem der besten Verteidiger gereift, Rückhalt bieten. „Es ist ein großartiger Tag in der Historie der Wild“, freut sich GM Chuck Fletcher über den Coup.

Ob "Minnesota Twice" in 13 Jahren, sie cashen je 98 Millionen Dollar, auch zu Titelhamstern avancieren, ist fraglich. Übrigens: „Miami Thrice“ benötigte zwei Jahre für den Triumph.

  • Die Absagen-Könige:

Pittsburgh zu unattraktiv? Schwer vorstellbar, bei klingenden Namen wie Sidney Crosby, Evgeni Malkin und Kris Letang. Oder zieht man gerade deshalb stets den Kürzeren, wenn es um hochkarätige Verstärkungen geht? Allem Anschein nach, ja. Kaliber á la Parise scheuen womöglich davor zurück, in einem Orchester lediglich die dritte respektive vierte Geige zu spielen.

Solche Spekulationen sind hypothetischer Natur, im Falle des Neo-Wild-Arbeitnehmers wohl aufgrund freundschaftlicher Verbundenheit zu Crosby zu verneinen. Gleichwohl weiß jeder: Bei den Penguins konzentriert sich alles auf „The Next One“. Der Millionen-Regen (104,4) bis zum Jahr 2025 sollte als Bestätigung ausreichen. Die Übermacht Crosbys gepaart mit Malkins Scoring-Touch vertrieb schon Jordan Staal, dazu später ausführlicher.

Ray Shero setzte auf die Free Agency, vergambelte sich allerdings. Er bekam weder Parise, noch Suter. Zudem flüchtete Steve Sullivan, da die „Pens“ wegen des erhofften „Blockbuster-Deals“ zu lange zögerten. „Mit dem Roster sind wir zufrieden, doch beide hätten sehr gut zu uns gepasst. Wir versuchen weiter, das Team upzugraden“, beruhigt Shero.

Oberste Priorität hat der sportlichen Leitung zufolge ein Flügelstürmer: „Jemanden zu finden, der mit Sidney über längere Jahre stürmt, wäre fantastisch.“ Ein zuverlässiger Adjutant eben.

  • Altstar wird ein Cowboy:

Keine Sorge, Jaromir Jagr versucht sich nicht als Footballer bei den Dallas Cowboys. Der Altstar bleibt der NHL selbst im Eishockey-Rentenalter von 40 Lenzen erhalten. Nur: Auf die alten Tage schickt er sich an, die Weiten der USA zu erkunden. Seine 19. Spielzeit in Übersee verlebt er nämlich erstmals in der Western Conference. In Dallas, Texas.

Schon im Vorjahr verblüffte der Tscheche. Weniger mit dem Comeback in der Elite-Liga trotz dreijährigem KHL-Aufenthalt, als vielmehr durch die Standort-Wahl. Die Pittsburgh Penguins buhlten um Jagr. Jene Franchise, bei der er zum Denkmal wurde. Dort, wo er trotz Abgangs 2001 verehrt wird, hätte er 2011 den Kreis schließen können. Er verzichtete, ging zum Feind aus Philadelphia, verlor Sympathien.

84 Begegnungen und 62 Punkte danach schwärmte er gar vom „schönsten Karriere-Jahr“, liebäugelte mit einem längeren Engagement bei den Flyers. Doch er überraschte neuerlich. Die Dallas Stars unterbreiteten dem „Soldaten“ – er salutiert nach Toren – ein Angebot, das er nicht ausschlagen konnte. Ein Jahr mit 4,55 Mio. war zu verlockend. GM Joe Nieuwendyk betonte: „Er stand noch nie im Westen unter Vertrag, wollte viel über den Spielstil wissen. Für ihn ist das eine neue Herausforderung.“

Den Eindruck, dass Jagr im „Spätherbst“ nochmals richtig absahnen will, wird man nicht los. Für die Stars ein Glücksfall. Nach Buffalos Center Derek Roy und Ray Whitney zogen sie den nächsten dicken Fisch an Land.

  • Die Staal‘sche Bürderliebe:

Jordan Staal (24) blickt zu seinem vier Jahre älteren Bruder Eric auf. Er ist sein Vorbild. Ab 2012/13 zudem Teamkollege. Ermöglicht hatte dies ein überraschender Trade. Nachdem Jordan eine Offerte der Penguins über zehn Jahre und 60 Millionen ausschlug, wurde er umgehend zu Carolina geschickt. Im Gegenzug wechselten Bandon Sutter, Brian Dumoulin und der achte Draft-Pick ‘12 die Fronten.

Kaum war das Geschäft über die Bühne, konnten ihn die Hurricanes binden. Zu gleichen Konditionen, welche der Ex-Klub in Aussicht stellte. Doch Staal wollte sich nicht begnügen, in der Center-Hierarchie Pittsburgh nur Nummer drei zu sein. Er wollte Aufmerksamkeit. Was er unterdessen am meisten ersehnte, war, endlich wieder mit Eric zu stürmen. Ganz so wie früher.

„Ich wollte nicht verlängern. Damit wär die Chance gering gewesen, jemals an seiner Seite zu sein“, begründete Jordan seinen Beschluss. Vorerst muss sich der jüngere Staal jedoch hinten anstellen. Er darf sich mit Jeff Skinner, „Rookie of the Year“ 2011, um die Spielmacher-Position in der zweiten Sturm-Formation matchen.

Unumstrittenes Aushängeschild bleibt Eric. Seit drei Saisonen führt er die interne Scorerliste an. Ist das Gesicht der „Canes“. Daran wird Jordan nicht kratzen. Er ist froh, mit dem „Bro“ vereint zu sein.

  • Härte ist Trumpf:

„Eine merkwürdige Situation, äußerst emotional“. Geschockt reagierte Roy, als er zum Tauschgeschäft befragt wurde. „Ich war meine ganze Laufbahn in Buffalo, es war ein schockierender Tag.“ Schockierend, kam der Abgang doch aus heiterem Himmel. Im Draft ’01 (32. Stelle) hatte sich Darcy Regier die Rechte am Kanadier gesichert. Langsam wurde er an die Besten der Besten herangeführt, debütierte 2003/04 und war infolge nicht aus dem Erfolgskonstrukt wegzudenken.

Für einen Durchschnitts-Mittelstürmer, Steve Ott (39 Punkte), und Adam Pardy, bestenfalls Defender-Reservist, „wurde“ der Top-Center nach Dallas übersiedelt. Auf den ersten Blick unverständlich, auf den zweiten und dritten nicht minder. „Wir wollten die Balance zwischen technischem sowie physischem Spiel herstellen, ein härteres Team formen“, versuchte Regier die Überlegungen darzulegen.

Roys nominellen Ersatz beschreibt der General Manager so: „Steve kann neben Technikern bestehen, ergänzt sie sehr gut. Er könnte ein wertvoller Bestandteil werden, davon bin ich überzeugt.“ Dass die Sabres in der Vergangenheit jene Mentalität vermissen ließen, welche man benötigt, um den großen Coup zu landen, ist nicht vor der Hand zu weisen.

Otts Statistik – 156 Strafminuten – lässt zumindest einen Kämpfertypen vermuten. Vielleicht wirkt der Schachzug schon bald verständlicher, als anfangs gedacht.

Christoph Köckeis