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Trio aus Österreich in Kanada auf dem Prüfstand

Trio aus Österreich in Kanada auf dem Prüfstand

Mit Mario Huber, Christof Kromp und Dario Winkler sind am Dienstag gleich drei Österreicher in der Canadian-Hockey-League-Import-Draft gezogen worden!

Was bedeutet dieser Draft im allgemeinen und für diese drei Spieler im speziellen? LAOLA1.at blickt hinter die Kulissen:

Was ist die CHL überhaupt und wie läuft deren Draft ab?

Die Canadian Hockey League (CHL) ist nur der Überbegriff für die drei besten kanadischen Juniorenligen und die drei Österreicher wurden jeweils von einer dieser Ligen gedraftet. Die Western Hockey League (WHL) gilt als körperlivch stärkste und beste der Ligen, allerdings auch als jene mit den größten Reisestrapazen.

Viele der Teams der Ontario Hockey League (OHL) sind hingegen um Toronto platziert, was das Scouten dementsprechend einfacher macht und den Spielern mehr Zeit zum Training gibt. Die Quebec Major Junior Hockey League (QMJHL) ist fast ausschließlich im französischsprachigen Teil von Kanada vertreten. Diese Liga gilt als schwächste der drei, das Hauptaugenmerk liegt auf manchmal vogelwilder Offensive. Die Zeiten, als diese Liga als Goalie-Fabrik bekannt war, sind auch bereits einige Jahre her und wohl vorbei.

Die Draftorder wird NHL-ähnlich aus der umgekehrten Reihenfolge der Abschlusstabelle(n) gebildet, wobei die drei Ligen immer rotieren.

Die Besonderheiten der CHL-Import-Draft:

Grundsätzlich gilt: Ein Europäer muss durch den Import Draft gehen, um dort spielberechtigt zu sein. Alle drei Ligen halten jedoch ihre jeweiligen Drafts, bei denen die nordamerikanischen Spieler – nach den jeweiligen Regionalgebieten aufgesplittet – gezogen werden. Sei es die OHL Priority Selection im April, der WHL Bantam Draft im Mai, oder die QMJHL-Repechage im Juni, dort werden die Rechte der jüngeren Spieler aufgeteilt.

Grundlegende Regeln

Jedes Team darf nur zwei Europäer auf dem Eis haben bzw. nur zwei auf deren "Protected List". Zu Letzterer gibt es aber einige Ausnahmen, die auch die drei Österreicher betreffen könnten (siehe unten). Doch das ist der Grund, warum man in bei den Draft-Ergebnissen oft "PASS" liest – Teams haben ihre Importplätze belegt und verzichten auf weitere Picks.

Seit 2013 dürfen keine europäischen Goalies mehr gezogen werden. Das war das (etwas hysterische) Ergebnis einiger enttäuschender kanadischer Torhüter-Leistungen bei den Junioren-Weltmeisterschaften.

Import-Spieler dürfen nur in einem gewissen Alter gezogen werden, heuer betraf es die Jahrgänge 1996 bis 1998. Das jeweilige Mindestalter für nordamerikanische Spieler divergiert von Liga zu Liga, allerdings dürfen alle Teams nur drei Overage-Spieler einsetzen. Das ist in der nächsten Saison der Jahrgang 1995. Overage-Spieler dürfen aber nicht mehr gedrafted werden. Auf Mario Huber (Jahrgang 1996) umgelegt: Er kann noch zwei Jahre in der CHL spielen, aber heuer ergab sich seine letzte Draft-Chance.

Ebenfalls wichtig für die Import-Spieler: Sie dürfen nach einer Regeländerung im ersten Jahr nicht mehr getradet werden, das soll für eine gewisse Planungssicherheit sorgen.

Die Unterschiede zwischen NHL-Draft undCHL-Import-Draft:

Vor allem einer: Beim NHL-Draft geht es um die Leistungsstärke, die Spieler werden von den einzelnen Teams unzählige Male beobachtet und gerankt. Natürlich geht jedes Team von seiner eigenen Liste aus, aber die Endergebnisse des Draft sind schon ein Indikator dafür, wie das Leistungsvermögen eines Spielers von allen Teams eingeschätzt wurde.

Nicht so beim Import-Draft, dieser wird nämlich zu einem Großteil von den Agenten gesteuert. Mit ganz wenigen Ausnahmen senden die CHL-Teams natürlich keine Scouts nach Europa, sind also aufs Hörensagen angewiesen. Und ein Faktor steht hier im Vordergrund: Der beste Spieler hilft dir nichts, wenn er nicht rüberkommt, auch wenn das natürlich trotzdem passiert (siehe Lukas Haudum, der letzten Sommer von Mississauga gedrafted wurde).

Die Teams versuchen auszuloten, welche Spieler nach Nordamerika kommen werden, das läuft alles über die jeweiligen Agenten. Diese arbeiten oft über Jahre mit einigen wenigen Teams zusammen und tätigen da bereits Deals vor dem Draft. Der Spieler wird quasi einer Organisation versprochen, anderen Teams wird beschieden: "Wenn ihr ihn draftet, kommt er nicht rüber." Das Engagement von Mario Huber in Victoriaville kam für Insider daher nicht überraschend, sein Agent Francois Guay hat gute Kontakte zu dieser Organisation. Hätte das Team 20 Spots weiter hinten gezogen, wäre das Ergebnis das gleiche gewesen.

Natürlich gibt es einige Spieler, denen die Destination egal ist, nur die Liga soll fixiert sein. Bei diesen kann dann die Draftorder entscheiden, wer zuerst kommt, mahlt zuerst. Doch das ist eher die Ausnahme.

Auch ein Faktor: Einige NHL-Teams wollen ihre Tage zuvor gedrafteten Spieler in Nordamerika sehen, legen dem Spieler und seinem Agenten nahe, doch zum "Team X" zu wechseln, zu dem der Scouting Director schon seit Jahren eine gute Beziehung hat.

Diese Nebendeals machen also die Draftorder meist hinfällig, im Gegensatz zum NHL-Draft sagt es fast gar nichts aus, ob du als Nr. 6 oder 60 gezogen wirst. Je nachdem, an welcher Stelle "dein" Team draftet, wirst du gezogen.

Zusammenfassend gesagt: Der Import-Draft wird von den Agenten gesteuert, beim NHL-Draft haben ausschließlich die Scouts das Sagen. Beim Import-Draft werden viele Top-Talente nicht gezogen, beim NHL-Draft natürlich schon.

Die drei Österreicher und ihre Organisationen:

Mario Huber – Victoriaville Tigers (QMJHL):  Huber sieht seine unmittelbare Zukunft sicher in Victoriaville, circa 100 km von Quebec City entfernt. Die Tigers, die in der letzten Saison in der ersten Playoff-Runde ausgeschieden sind, werden voraussichtlich nur mit Huber als Legionär in die Saison starten, der enttäuschende Russe Nikita Li wird nicht zurückerwartet, der tschechische Verteidiger Filip Pyrochta unterschrieb in seiner Heimat bei Liberec, könnte aber natürlich wähernd der Saison zurückkehren.

Huber sollte körperlich keine Probleme haben. Seit letztem Sommer arbeitet der Tiroler mit einem Personal Trainer zusammen, hat dadurch viel Muskelmasse aufgebaut, an Rohkraft hat es ihm ja nie gefehlt, ebenso nicht an den Abschlussfähigkeiten. Sein Abgang schmerzt die Innsbrucker sehr.

Christof Kromp – Windsor Spitfires (OHL): Windsor liegt unweit von Detroit an der Grenze zwischen Kanada und USA. Die Spitfires verpassten in den letzten drei Jahren zweimal die Playoffs, ein Turnaround muss her. Agent Patrick Pilloni fädelte den Deal mit Windsor ein, doch noch ist unklar, ob Kromp wirklich nach Übersee geht. Vater Wolfgang legt großen Wert auf die schulische Ausbildung. In Schweden verläßt Kromp aber auf jeden Fall seinen letztjährigen Verein Troja-Ljungby. Södertälje und Karlskrona zeigen Interesse. Beim Aufstieg des U18-Nationalteams in Maribor zeigte der 17-jährige Flügel sehr gute Sniper-Qualitäten.

Bei den Spitfires ist die Legionärssituation etwas verworrener. GM Warren Rychel, von LAOLA1.at dazu kontaktiert, rechnet mit dem Kommen von Kromp und sagt: "Es kann sein, dass wir die Saison mit drei Legionären beginnen." Windsor hält auch noch die Rechte am norwegischen Verteidiger Markus Söberg und dem russischen Defender Mikhail Sergachyov. Zwei völlig unterschiedliche Spieler allerdings: Söberg ist als 95er-Jahrgang bereits ein Overager, er schaut sich natürlich um einen Vertrag in Europa um. Sergachyov (1998 geboren) gilt als Mega-Talent und ist ein Anwärter für einen Topplatz in der nächsten NHL-Draft.

Sollten die Spitfires wirklich mit drei Legionären in die Saison gehen, müssen sie innerhalb von zwei Wochen eine Entscheidung treffen. Da weder Kromp noch Sergachyov getradet werden können, müssten sie Söberg freisetzen, er könnte dann per Waivers von jedem anderen CHL-Team verpflichtet werden.

Dario Winkler – Brandon Wheat Kings (WHL): Die Wheat Kings sind seit Jahren eine WHL-Dynastie, erreichten im letzten Jahr auch das Finale. Brandon, etwa 200 km westlich vom NHL-Standort Winnipeg gelegen, ist eigentlich nur für den Weizenanbau und das Eishockeyteam bekannt.

Importtechnisch sind die Wheat Kings voll belegt, auf ihrer Protected List finden sich derzeit gleich vier Imports.

Der schwedische Verteidiger Oliver Kylington, der im letzten NHL-Draftjahr einen fürchterlichen Absturz hingelegt hat: Von einem potentiellen Top-10-Pick zur Nr. 60 in Sunrise. Kylington, ein spektakulärer Skater mit Schwächen in der Risikoeinschätzung, hat allerdings für nächste Saison bei AIK Stockholm unterschrieben, sein Kommen ist daher fraglich.

Rihards Bukarts – ein lettischer Angreifer und Point-Per-Game-Scorer. Da er ein Overager ist, durften die Wheat Kings einen zusätzlicher Europäer draften.

Ivan Provorov – der russische Defender wurde gerade von Philadelphia gedraftet. Da es sich bei ihm um einen NHL-Erstrundendraftpick handelt, gilt eine weitere Ausnahmeregelung und die Kings dürfen einen weiteren Zusatz-Ausländer mit sich führen. Teams, die Spieler an die NHL verlieren, sollen so gerüstet sein.

Dario Winkler – der gebürtige Tiroler machte aufgrund von Verletzungen und Krankheiten in Salzburg eine schwierige Saison durch - gilt aber als cleverer Zwei-Weg-Stürmer. Körperlich hätte er allerdings immensen Aufholbedarf, um in der WHL mithalten zu können. Winklers Agent Pilloni geht davon aus, dass Winkler in der neuen Saison in Übersee aufs Eis laufen wird.

Bemerkenswert: Neben Winkler wurden mit den beiden Deutschen Max Kislinger und Max Gläßl, dem Slowaken Kristian Pospisil und dem hünenhaften Ukrainer Igor Merezhko gleich vier weitere Salzburg-Spieler gedraftet. Die Red-Bull-Akademie in Liefering hat sich damit im ersten Jahr ihres Bestehens als das größte europäische Sprungbett für die CHL etabliert…

 

Bernd Freimüller