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Plötzlich im Tor der Kanadier

Plötzlich im Tor der Kanadier

Aufwachen und trotzdem träumen.

So muss es Phillip Zopf vor einigen Tagen gegangen sein. Der 21-jährige Nachwuchsgoalie der Vienna Capitals wachte am Sonntag auf und befand sich trotzdem irgendwie in einem Traum.

Er durfte beim ersten Training in Wien mit Team Kanada aufs Eis. Da bei den Nordamerikanern mit Mike Smith erst ein Keeper in Österreich war, musste Zopf einspringen.

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Team Kanada statt Silver-Caps. Tyler Seguin, Taylor Hall, Claude Giroux und Matt Duchene statt Patrick Bolterle, Sascha Bauer, Thomas Maier und Benjamin Nisser.

„Ich war überglücklich und habe nicht lange überlegt. So eine Chance hat man nicht jeden Tag“, erzählt der Torhüter im Gespräch mit LAOLA1.

Bis in die Früh NHL-Playoffs geschaut

Doch alles der Reihe nach. Fast hätte der Youngster das Training der Ahornblätter nämlich verschlafen. Der Grund: Eishockey.

Aber nicht Training, sondern die NHL-Playoffs. „Da unsere Saison bereits aus ist, kann ich ein bisschen länger wach bleiben. Also habe ich bis in die frühen Morgenstunden die Playoffs geschaut. Als ich dann am Vormittag aufgewacht bin, hatte ich zehn verpasste Anrufe auf meinem Handy“, lacht er im Nachhinein.

Der seit kurzem ehemalige Capitals-Assistenztrainer Phil Horsky versuchte verzweifelt, Zopf zu erreichen, um ihm die frohe Botschaft zu überbringen. „Dann habe ich sofort zurückgerufen und erfahren, dass ich die Chance habe, mit Team Kanada aufs Eis zu gehen.“

Dass es sich dabei nur um einen Scherz handeln könnte, kam ihm zu keinem Zeitpunkt in den Sinn. „Ich wusste, dass Kanada in Wien trainiert und nur zwei Torhüter im Kader hat.“

Eine glückliche Fügung

Zum Teil hat er das Training mit den Superstars auch seiner Freundin zu verdanken. Eigentlich hätte Zopf nämlich übers Wochenende in seine Heimat Oberösterreich fahren sollen.

„Meine Freundin musste aber am Wochenende ausnahmsweise auf die Uni in Wien und wollte nicht alleine hier bleiben“, erklärt er den Zufall.

Bei der Geburt getrennt? Phillip Zopf (l.) und Ryan Miller

Seine Verwandten werden es ihm verzeihen, sie für Kanadas Star-Cracks sitzengelassen zu haben. „Nach Hause komme ich im Sommer ohnehin noch oft genug“, lacht jener Mann, der eine gewisse Ähnlichkeit mit Vancouver-Goalie Ryan Miller nicht leugnen kann.

„Die Schüsse sitzen ganz genau“

Der größte Unterschied zu den heimischen Spielern sei neben der Schnelligkeit am Eis die Genauigkeit der Schüsse. „Die kommen immer genau dorthin, wo sie hin sollen. Da musst du als Goalie immer lange abwarten und im letzten Moment hin, um irgendwie eine Chance zu haben, den Puck zu fangen.“

Ein ums andere Mal gelang es dem Österreicher, die Kanadier zu beeindrucken. Bei einer 3-gegen-0-Übung schien er schon geschlagen und setzte zum „Desperation Save“ an, indem er in Fußball-Torhüter-Manier Kopf voraus quer durch den Torraum flog.

Eine Sekunde lange wurde es leise. Dann deutete er an, die Scheibe im Handschuh zu haben – kein Tor. Was folgte, war Raunen der Spieler und Applaus in Form von Stockklopfen aufs Eis.

„Es war hart, ich war eine Zeit lang nicht mehr am Eis, weil unsere Saison schon zu Ende ist. Mit der Zeit wurde es besser“, resümiert der Keeper trocken.

In der Kabine nervöser, als am Eis

Auf dem Eis hielt sich seine Nervosität in Grenzen. „Es ist nur ein Training. Wenn einer reingeht, hast du sofort die nächste Chance, einen zu halten und nichts ist passiert.“

Beim ersten Kennenlernen mit den NHL-Stars ist ihm das Herz jedoch in die Hose gerutscht. „Als ich in die Kabine gekommen bin, war ich richtig nervös. Jamie Fraser, den ich von den Capitals kenne und der mittrainiert hat, hat mit geholfen und mich allen vorgestellt“, bläst er durch, wenn er an den Moment zurückdenkt.

Abgehoben und arrogant seien die Mannen aus Übersee keinesfalls. „Die Kanadier sind richtig nett. Ich habe alles bekommen, Ausrüstung, Kappe, Leibchen und vieles mehr“, sagt er und zeigt auf ein eigens für seinen Platz gedrucktes Namensschild mit einer kanadischen Flagge auf der Seite. „Das sind einfach super Typen.“

Ein Pläuschchen mit dem Vorbild

Mit Mike Smith von den Arizona Coyotes war ausgerechnet jener Mann mit ihm im Locker Room und auf dem Eis, den Zopf als sein Vorbild beschreibt. „Ihn schaue ich mir bei den NHL-Highlights oft an. Ich hatte sogar die Möglichkeit, kurz mit ihm zu sprechen.“

„Er hat mir versprochen, ich bekommen einen Stock mit allen Unterschriften“, grinst er bis über beide Ohren.

Bei den Stürmern hat er hingegen keine besonderen Lieblinge und ist von allen begeistert. „Seguin, Nugent-Hopkins, fast alle sind unglaublich bekannt. Alle sind technisch versiert, sie setzen jeden Puck topshelf hinein.“

„Ziel ist, irgendwann gegen sie zu spielen“

In naher Zukunft heißt es für den 21-Jährigen jedoch wieder Vienna Capitals statt Team Kanada. „Ich möchte mich in der Bundesliga etablieren und beweisen. Das Ziel für die nächste Saison sind Einsätze in der EBEL“, nennt er seine naheliegenden Ziele.

In absehbarer Zeit will er aber mehr. „Es war ein unglaubliches Erlebnis. Dennoch war es nur ein Training. Ich möchte irgendwann einmal die Chance haben, für das österreichische Nationalteam gegen sie zu spielen.“

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„Es war unglaublich toll, diese Leute kennenlernen zu dürfen. Dennoch hoffe ich, dass sie einmal meine Gegner sind“, träumt er mit einem Funkeln in den Augen.

Und wie Zopf erst unlängst erfahren hat, gehen Träume manchmal in Erfüllung...


Matthias Nemetz / Peter Altmann