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"Natürlich will ich spielen - deshalb bin ich hier"

Sidney Crosby ist da – und alle kommen.

Hunderte Fans pilgerten in die Albert-Schultz-Halle, um den kanadischen Eishockey-Star zu sehen und vielleicht ein Autogramm zu ergattern.

Während beim ersten Training neben einigen Zusehern nur LAOLA1 und Kollegen der kanadischen Sport-Plattform „TSN“ anwesend waren, kreuzte diesmal eine Armada an Journalisten in der Heimstätte der Vienna Capitals auf, wo Team Kanada vor der WM trainiert.

„Ich bin aufgeregt. Wir haben ein junges, talentiertes Team. Immer, wenn man für sein Heimatland auflaufen kann, ich es toll“, berichtet der 27-Jährige.

Training gleich nach Ankunft

Der Pittsburgh-Angreifer wirkt bei seinem ersten öffentlichen Auftritt etwas geschlaucht. Kein Wunder, kam er erst heute Dienstag via Washington in Wien an.

„Ich habe versucht, etwas zu schlafen. Aber es war nicht leicht“, gesteht er ein, dass ihm die Zeitumstellung etwas zu schaffen macht.

Das Ausscheiden seiner Penguins in der ersten Runde der NHL-Playoffs gegen die New York Rangers sei ebenfalls ein harter Schlag gewesen. Dennoch blickt er nach vorne: „Ich war enttäuscht, in den Playoffs ausgeschieden zu sein. Aber das kann ich nicht mehr ändern. Zum Glück kann ich bei der WM weiterhin Eishockey auf hohem Niveau spielen.“

„Bin hier, um zu spielen“

Die Entscheidung, ob er vor dem Start der WM in Prag (1. Mai) auch das Länderspiel gegen Österreich (29. April, 18:30 Uhr LIVE auf LAOLA1.tv) bestreitet, ist noch nicht gefallen.

„Ich weiß es ehrlich gesagt noch nicht. Ich habe mit dem Coach noch nicht darüber gesprochen“, so Crosby.

Sein Coach Todd McLellan will ihn  in die Entscheidungsfindung miteinbeziehen: „Wir wissen es noch nicht. Ich werde mit Sidney sprechen und ihn fragen, ob er spielen will.“

Gold ist das Ziel

Eine WM-Goldmedaille ist das fehlende Puzzle-Teil in Crosbys Trophäenschrank. Möglich, dass er auch deswegen nach einer langen und anstrengenden Saison in der NHL nach Europa kommt.

„Jeder ist wegen demselben Ziel hier, jeder will gewinnen. Es gibt viele gute Teams. Es ist ein ernstes Turnier, hier anzutreten ist immer aufregend“, lässt der Olympiasieger durchklingen, dass er nicht hier ist, um sich mit Silber oder Bronze zufrieden zu geben.

Außerdem sei es eine Ehre, das Trikot mit dem Ahornblatt zu tragen. „Der Stolz, für Team Kanada zu spielen, ist speziell. Es kommt nicht darauf an, wie alt du bist oder wie oft du schon gespielt hast, für Kanada zu spielen ist einzigartig.“

Fakt ist, dass die ohnehin schon stark besetzten Nordamerikaner durch den zweimaligen NHL-MVP als noch größerer Favorit in die tschechische Hauptstadt reisen.

„Die Chemie stimmte sofort, es sieht gut aus“, erzählt Matt Duchene. Der Angreifer der Colorado Avalanche trainiert im Sommer mit Crosby und gilt als guter Freund des 27-Jährigen.´

Giroux freut sich auf Raffl

Claude Giroux gilt hingegen nicht als bester Freund von Sidney Crosby, die beiden gelten als verbitterte Rivalen und spielen nun erstmals im selben Team. Einen Österreicher zählt der Flyers-Angreifer hingegen zu seinen engsten Freunden: Michael Raffl ist weit mehr als nur Girouxs Teamkollege in Philadelphia.

„Er ist ein richtig guter Freund. Es wird sicher lustig, gegen ihn zu spielen“, freut sich der 27-Jährige im Gespräch mit LAOLA1 auf das Duell gegen das ÖEHV-Team.

Während die Saison noch lief, sei es in der Kabine schon zu kleineren Sticheleien gekommen: „Es wird komisch, ihn auf der anderen Seite zu sehen. Wir haben am Ende der Saison schon gescherzt, dass wir gegeneinander spielen werden.“

Diese Frage wiederum stellt sich für „Sid the Kid“ nicht. „Natürlich will ich spielen, deshalb bin ich hier.“ Es sieht also ganz so aus, als dürfen sich alle Fans, die eine Karte für das Länderspiel besitzen, darauf freuen, einen der aktuell besten Eishockey-Spieler der ganzen Welt hautnah erleben zu dürfen.

Lob für Vanek und Grabner

Spezielle Erinnerungen an Österreich und das ÖEHV-Team, gegen das er bei den Olympischen Spielen 2014 mit 6:0 gewinnen konnte, habe er nicht. Einmal sei er schon in Wien gewesen, allerdings nur zur Durchreise. „Ich war hier, als ich mit der U18 in Bratislava gespielt habe. Wir sind hier gelandet und dann weitergefahren.“

Die rot-weiß-rote Auswahl hat in Sotschi keinen bleibenden Eindruck beim ehemaligen Wunderkind hinterlassen. „Ich habe keine speziellen Erinnerungen. Auf die größere Eisfläche muss man sich immer erst einstellen. Die Teams, die daran gewöhnt sind, beherrschen das Eis perfekt. Das merkt man immer, wenn man gegen Europäer spielt“, sieht er einen kleinen Heimvorteil für Österreich.

Auf Thomas Vanek und Michael Grabner angesprochen, ist er hingegen voll des Lobes: „Das sind sehr gute Spieler! Besonders Vanek, er hat gute Hände. Grabner ist wahnsinnig schnell.“

„Er will mich kaltstellen“

Raffl erfreut sich bei den Flyers großer Beliebtheit. Als Giroux auf den Villacher angesprochen wird, gehen seine Mundwinkel nach oben, man merkt ihm an, dass er gerne über seinen „Buddy“ spricht.

„Er hat gemeint, er wird mich kaltstellen. Ich werde versuchen, nicht zu lachen wenn ich ihn sehe“, scherzt er.

Nicht nur durch seine sympathische Art, auch durch seine Leistung auf dem Eis ist der Kärntner in der „City of Brotherly Love“ etabliert. So bekommt er auch von Giroux ein Sonderlob ausgesprochen: „Er wird jedes Jahr besser. Seine Einstellung auf und neben dem Eis sind zwei Gründe für seinen Erfolg. Wenn er so weitermacht, wird er noch besser.“

Alle wollen Crosby sehen

Nicht mehr viel Spielraum zur Verbesserung hat hingegen Sidney Crosby. Es gibt eigentlich nichts, was der 27-Jährige nicht kann.

Coach McLellan glaubt, dass die Anwesenheit seines Superstars das ohnehin schon starke Team nochmals auf ein höheres Level bringt: „Es ist ein großer Schub für das Team, für die jüngeren Spieler, für das Betreuerteam. Und für das gesamte Turnier. Er ist einer der besten Spieler der Welt. Wenn ein Turnier so einen Spieler hat, dann steigt das Interesse.“

Das gesteigerte Interesse ist auch in der Albert-Schultz-Halle deutlich spürbar. Einige Zuseher warteten stundenlang, um sich den besten Platz für ein Autogramm zu sichern. Auch Kinder und Jugendliche, die mit Erlaubnis ihrer Eltern die Schule schwänzten, um Crosby auf die Beine zu sehen, jubelten ihm auf den Rängen zu.

Wenn Sidney Crosby da ist, kommen eben alle.

 

Matthias Nemetz