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"Erfolgslauf gegen KAC war geschichtsträchtig"

Für viele Sportler beginnt nach dem Karriereende ein Selbstfindungs-Prozess.

Die Suche nach Erfüllung führt einst erfolgreiche Stars oftmals zurück zu ihrer langjährigen Berufung. Manch anderer genießt die während der Profi-Karriere so fremde Freizeit und widmet sich häufig zu kurz gekommener Passionen.

Nur die Wenigsten starten mit konkreten Plänen in ihr zweites Leben. Zu eben jener Sorte zählt Gert Prohaska.

Bereits im Verlauf der aktiven Jahre bastelte der nunmehr 35-Jährige eifrig an seiner Zukunft. Der gebürtige Friesacher schloss 2007 das Studium der Publizistik- und Kommunikationswirtschaft ab.

Nach zehn Saisonen für den Villacher SV erklärte der dreimalige österreichische Meister im Sommer seinen Rücktritt. Fanghandschuhe sowie tägliche Trainings-Einheiten gehören der Vergangenheit an.

Im LAOLA1-Interview spricht Prohaska über Beweggründe, neues Tätigkeitsfeld hinter den Kulissen, seinen Mentor, Nachfolger Bernhard Starkbaum und die kommende EBEL-Saison.

LAOLA1: Mit 35 Jahren hast du dich entschieden, einen Schlussstrich zu ziehen. Als Goalie wäre noch die ein oder andere Saison denkbar gewesen, warum dieser Schritt?

Gert Prohaska: Für einen Sportler bin ich nicht mehr so jung. Natürlich wären weitere Jahre als Profi gegangen, aber mir hat zum Schluss die Motivation gefehlt. Ich habe immer gesagt, ich möchte nicht ewig spielen. Es war ein guter Zeitpunkt aufzuhören.

LAOLA1: Dennoch bleibst du dem VSV auch nach dem Karriereende erhalten.

Prohaska: Ich arbeite seit Anfang August im Marketing, habe Bereiche des Merchandisings, der Öffentlichkeitsarbeit und Presse-Betreuung übernommen. Das Telefon läuft seitdem heiß, es ist wirklich viel zu tun.

LAOLA1: Ein Trainer-Dasein hat dich vorerst nicht gereizt?

Prohaska: Ich habe immer gesagt, Trainer möchte ich nicht werden. Ein Job als Mannschafts-Coach hat mich nie gereizt, eventuell werde ich einmal Tormann-Betreuer. Aber die nächsten Jahre kann ich mir nicht vorstellen, täglich auf dem Eis zu stehen.

LAOLA1: Alles begann in Klagenfurt. Warum bist du 2001 zum Erzrivalen nach Villach gewechselt?

Prohaska: Ich habe beim KAC ungefähr fünf Jahre in der Ersten gespielt. Michael Suttnig und Michael Puschacher waren vor mir. Eigentlich saß ich meist auf der Bank und bekam nur sporadische Einsätze. Dann hat sich mir die Chance geboten, zur Nummer eins des VSV aufzusteigen. Diese habe ich sofort ergriffen und es nie bereut. Es war das Beste, was ich machen konnte. Ein Sprichwort besagt: Einmal Villach, immer Villach.

LAOLA1: Wann war für dich eigentlich klar, dass du zwischen den Pfosten stehen willst?

Prohaska: Mit sechs oder sieben Jahren bin ich durch meinen Vater zum Eishockey gekommen. Er hat uns damals gefragt, ob wir, mein Bruder und ich, mittrainieren wollen. Mit Acht haben sie Torhüter gesucht, da habe ich aufgezeigt. Eigentlich meldeten sich alle Kinder, egal was gefragt wurde (lacht). Deswegen war es eher Zufall, dass ich Goalie wurde. Es war nicht der große Wunsch (lacht).

LAOLA1: In Villach gelang 2001 der Durchbruch, erfolgreiche Jahre folgten. Was war rückblickend der schönste Moment deiner Karriere?

Prohaska: Die beiden Meistertitel waren großartig, aber das ist, glaube ich, jedem bewusst. Die Serie gegen den KAC mit 17 Siegen in Folge war etwas Geschichtsträchtiges, was wahrscheinlich nie wieder zu schaffen sein wird. Und das Freiluft-Derby im Januar 2010 war ein Super-Ereignis. Vor 30.500 Fans in der Klagenfurter Arena mit 3:1 zu gewinnen, ist für einen Sportler logischerweise nicht alltäglich. In diesem Spiel dabei zu sein, war etwas ganz Beeindruckendes.

Prohaska kam von Rivale KAC nach Villach

LAOLA1: Und die größte Niederlage?

Prohaska: Solche gehören zum Sportler-Leben dazu und hat es klarerweise gegeben. Aber darüber denkt man nicht mehr nach. Wenn ich auf meine Karriere blicke und speziell auf die Jahre in Villach, fallen mir nur positive Sachen ein.

LAOLA1: In den Jahren als Profi hast du wahrscheinlich einige Anekdoten erlebt. Kannst du uns einen kleinen Auszug geben?

Prohaska: Da gibt es viele Sachen, allerdings sind die meisten nicht für die Öffentlichkeit bestimmt. In der Kabine ist es immer lustig, Dinge werden versteckt, Schuhe auf den Fußboden genagelt oder Hosen mit Rasierschaum gefüllt. Das passiert beinahe täglich.

LAOLA1: Während deiner Laufbahn gab es verschiedenste Trainer, wem verdankst du am meisten?

Prohaska: Meine Familie ist immer hinter mir gestanden, auch wenn es nicht so gut gelaufen ist, und ein großer Rückhalt gewesen ebenso Freunde. Wenn ich an das Sportliche denke, ist es Ron Kennedy, der leider schon verstarb. Er hat mich wie auch Markus Kerschbaumer damals zu einem NHL-Trainer geschickt, zu dem wir über Jahre hinweg im Sommer gefahren sind. Das beeinflusste meine Karriere insofern, dass ich einen neuen Stil erlernt habe, obwohl ich schon 25 Jahre alt war. Großen Anteil hat auch Kerschbaumer, der später mein Tormann-Trainer wurde und jeden Tag mit mir arbeitete. Ich kann mich ganz groß bei ihm bedanken.

LAOLA1: Was macht ihn zu einem solch guten Betreuer?

Prohaska: Wir haben jeden Tag an Kleinigkeiten oder eben größeren Sachen gearbeitet. Es gibt einige Grund-Übungen, danach gehen wir auf spezielle Dinge, wie gemachte Fehler, die Gegentore und den nächsten Gegner ein. Wenn es wichtige Spiel-Situationen oder gefährliche Powerplays gibt, wird das durchgenommen und die Übungen zielen darauf ab. Zudem arbeiten wir mit Video-Analysen, das hat sich bewährt. Die Kontinuität macht es aus.

LAOLA1: Du hast es vorhin anklingen lassen: „Einmal Villach, immer Villach“. Was macht für dich den Verein aus?

Prohaska: In Österreich gibt es keinen Klub, in dem derart viele ehemalige Spieler mitarbeiten. Mike Stewart ist Trainer, Equipment-Manager ist Kruno Sekulic, im Nachwuchsbereich arbeiten Peter Raffl und Helmut „Fuzi“ Petrik oder im Management Giuseppe Mion. Die Leute sind seit 30 oder 40 Jahren im Verein und fühlen sich wohl. Manchmal wird gestritten und die Fetzen fliegen, aber man verträgt sich schnell wieder.

LAOLA1: Allerdings hat die „VSV-Familie“ den Verlust eines wichtigen Mitglieds zu beklagen. Kapitän Jonathan Ferland wechselte zu den Vienna Capitals, wie bitter ist dieser Abgang?

Prohaska: Johnny war sicherlich ein wichtiger Akteur, hatte ein großes Herz und war bei Anhängern sowie der Mannschaft beliebt. Es ist bitter, dass er in Wien gelandet ist. Spieler kommen und gehen, so ist das Eishockey-Geschäft. Für mich war es dennoch etwas überraschend. Aber wir haben gute Spieler verpflichtet.

LAOLA1: Der Villacher SV rüstete mit einigen Akteuren, welche teilweise NHL-Erfahrung vorweisen, auf. Was traust du deinen Ex-Kollegen für die neue Saison zu?

Prohaska: Wir werden ein attraktives Eishockey spielen, die Fans werden Freude haben. Körperlich sind wir eine stärkere Mannschaft als in den letzten Jahren. Wir haben große, bullige Cracks gekauft, denn das Spiel des VSV ist ein körperbetontes. Von einer Platzierung kann man zu diesem Zeitpunkt noch nicht sprechen. Das Team wird gut spielen und Kampfgeist wie auch das Herz des VSV weiterführen.

LAOLA1: Ab sofort ist Bernhard Starkbaum unumstrittene Nummer eins. Welche Qualitäten zeichnen deinen 25-jährigen Nachfolger aus?

Prohaska: Bernhard hat letzte Saison hervorragend gespielt und mich abgelöst. In den letzten Jahren, es ist das sechste in Villach, hat er sich extrem gesteigert. Er kam aus Wien von der zweiten Liga und musste viel lernen, das hat er mit Bravour geschafft, auch dank Kerschbaumer. Bernhard hat großes Selbstvertrauen, arbeitet jeden Tag extrem hart und verzweifelt nicht, wenn es nicht so gut läuft. Er geht das Training dann noch härter an. Er ist einfach ein guter Tormann und wird eine gute Nummer eins sein, auch im Nationalteam.

Das Gespräch führte Christoph Köckeis