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Erfolg hat in Zagreb einen Namen: Marty Raymond

Erfolg hat in Zagreb einen Namen: Marty Raymond

Die Bären sind los.

Der Titel des Kultfilms aus dem 70ern könnte genauso gut das Motto der diesjährigen EBEL-Saison sein.

Medvescak Zagreb mischt derzeit die heimische Eishockey Szene ordentlich auf. Mit dem Engagement von Trainer Marty Raymond haben die Kroaten offensichtlich einen Glücksgriff getätigt.

Der 47-jährige Kanadier formte aus der Mannschaft eine schlagfertige Truppe, die unter anderem durch ihre unglaublich kompakte Defensive überzeugt. Lediglich 84 Gegentreffer in 33 Spielen spricht eine deutliche Sprache und ist gleichzeitig Liga-Bestwert.

Derzeit rangieren die Bären nur einen Punkt hinter Meister Salzburg auf dem dritten Rang und konnten am Dienstag die Black Wings Linz, überlegener Tabellenführer der EBEL, auswärts mit 4:1 in die Schranken weisen.

LAOLA1 hat mit dem Bären-Dompteur Marty Raymond gesprochen und sich mit ihm über den Erfolgslauf, seinen Keeper Robert Kristan, die KHL und den möglichen Meistertitel unterhalten.

LAOLA1: Herr Raymond, Sie haben mit Ihrem Team am Dienstag beim Tabellenführer in Linz gewonnen. Was war der Schlüssel zum Erfolg gegen die Black Wings?

Marty Raymond: Wir wussten von Beginn an, dass wir ein gutes erstes Drittel spielen müssen, denn die Linzer starten vor eigenem Publikum immer wie die Feuerwehr. Aber wir schafften es, das Vorgenommene gut umzusetzen und gingen mit einer 3:0-Führung in die Pause. Danach haben wir nicht nachgelassen. Linz hatte zwar Chancen, aber wir haben das gut zu Ende gespielt.

LAOLA1: In Linz hat auch wieder Ihre Defensive sehr gut funktioniert. Während Ihr Team am Anfang der Saison, als Torhüter Robert Kristan ausgefallen ist, noch große Abwehrprobleme hatte, steht die Verteidigung nun wie eine eins. Ist dies nur der Rückkehr ihres Goalies geschuldet?

Raymond: Das Problem zu Beginn der Saison war, dass wir keinen Torhüter hatten. Neben Kristan war nämlich auch unsere Nummer zwei Michael Ouzas nicht einsatzfähig. Also spielten wir mit einem 17-jährigen Kind im Tor (Anm. Andrej Vasiljevic) und waren dennoch über weite Strecken konkurrenzfähig. Das zeigte uns, dass wir eine starke Mannschaft haben. Wir ließen uns nicht beirren und waren uns sicher, dass sich die positiven Resultate einstellen würden. Mittlerweile haben wir zwei gesunde, starke Torhüter und spielen gutes defensives Eishockey. Aber der Schlüssel ist der gesamte Abwehrverbund, der dem Gegner nur sehr wenige Chancen erlaubt. Gegen Linz bekamen wir elf Zwei-Minuten-Strafen und haben nur 31 Schüsse in 60 Minuten zugelassen. Das ist nicht so schlecht.

LAOLA1: Dennoch zeigt die Formkurve seit der Rückkehr Kristans deutlich nach oben. Wie wichtig ist er für die Mannschaft?

Raymond: Er ist ein Leader durch seine Aktionen auf dem Eis und sehr fokussiert auf seine Aufgaben. Er wird schon mal laut, wenn es sein muss, weiß aber auch, wenn es angebracht ist nichts zu sagen. Überhaupt sind meine Spieler eher ruhige Typen. Sie sind sehr konzentriert und in erster Linie Krieger, die alles tun würden, um zu gewinnen. Kristan hält uns den Rücken frei und ist ein guter Torhüter.

LAOLA1: Als Sie in Zagreb begonnen haben, gab es sicherlich einige Spieler, die Sie noch nicht kannten. Wer hat Sie überrascht?

Raymond: Überrascht ist vielleicht ein zu großes Wort, aber überzeugt hat mich zum Beispiel Andy Sertich, der sehr gut auf konstant hohem Niveau spielt. Greg Day war mir vorher auch noch kein Begriff und ebenso unser Kapitän Alan Letang, der unglaublich wichtig für unser Team ist. Joel Prpic wäre auch noch zu nennen. Es beeindruckt mich, wie sich diese Spieler auf dem Eis präsentieren und mit welcher Einstellung sie jeden Tag im Training ihr Bestes geben. Ich bin froh, sie in meinem Kader zu haben.

LAOLA1: Wenn es um die Frage nach den Favoriten auf den Titel geht, nennen viele seit geraumer Zeit auch Zagreb. Hat Ihre Mannschaft das Zeug dazu den Titel zu holen?

Raymond: Natürlich ist es das Ziel eines jeden Titel zu gewinnen, aber es hängt von einigen Faktoren ab, nicht zuletzt von Verletzungen und auch ein bisschen Glück. Die Tabelle der EBEL zeigt, dass es wohl derzeit fünf Teams sind, die das Zeug zum Meister haben, aber auch die anderen darf man nicht abschreiben. Es gilt sich auf das Viertelfinale zu konzentrieren und dann kommt in den Playoffs noch ein gewisses Momentum dazu. Wir werden sehen, wer sich den Titel holt. Fragen Sie mich, ob wir eines der besten fünf Teams der Liga sind, beantworte ich das mit ja, sprechen wir über den Titel, kann noch viel passieren.

LAOLA1: Zu Beginn der Saison meinten Sie, es wäre Ihre Aufgabe eine schlagfertige Truppe zu formen und Konstanz in den Verein zu bringen. Wie weit ist dies schon gelungen?

Raymond:  Wir sind auf einem guten Weg, aber haben noch nicht annähernd das erreicht, wo wir hin wollen. Wir sind ein besserer Klub, als noch in der Vergangenheit, nicht zuletzt aufgrund der Strukturen, die wir etabliert haben. Das hat aber nicht nur mit mir zu tun, sondern fängt bei den Spielern an und betrifft die gesamte Organisation. Jeder weiß, was seine Aufgaben sind und Konstanz ist der Schlüssel zum Erfolg. Die Art und Weise, wie wir unsere Spiele bestreiten und die Geschäfte abwickeln, ist gut. Umso weniger Chaos, umso besser für den Verein. So wird es leichter für die Spieler, sich auf ihre eigentliche Aufgabe, das Eishockey, zu konzentrieren.

LAOLA1: Gerüchten zufolge ist Medvescak Zagreb daran interessiert, in den Spielbetrieb der KHL integriert zu werden. Wäre das auch ein Ziel Ihrerseits?

Raymond: Das liegt nicht in meiner Hand. Derzeit bin ich Trainer in der EBEL und das gefällt mir auch. Es gibt immer Gerüchte, aber ich konzentriere mich nur auf meinen derzeitigen Job in der österreichischen Liga und kann dazu nicht mehr sagen.

LAOLA1: Jetzt sind Sie nach vielen Jahren in Übersee in Mitteleuropa Trainer. Was ist für Sie der größte Unterschied zwischen ihrer Arbeit in Nordamerika und der Erste Bank Eishockey Liga?

Raymond: In der ECHL, wo ich gearbeitet habe, war der Umgang mit den Spielern ein anderer. Die Cracks kommen aus den übergeordneten Ligen oder auch der NHL, um Spielpraxis zu sammeln und wollen natürlich wieder dorthin. Du hast in der Saison mit über 50 Spielern zu tun und musst damit umgehen. Natürlich sind alle unglaublich motiviert, weil sie zurück wollen, aber du musst als Trainer sehr geduldig sein, was deine eigenen Ziele betrifft. Du weißt nicht, wie lange du mit den Spielern arbeiten kannst, bevor sie wieder in eine höhere Liga wechseln. In Zagreb ist dies anders. Ich habe mein Team und muss zusehen, dass sich alle gut verstehen und der Teamspirit der Beste ist, denn du musst die gesamte Saison mit dieser Truppe bestreiten.

Das Interview führte Sebastian Rauch