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Kalt: "Lassen uns davon nicht verrückt machen"

Kalt:

Ein gellendes Pfeifkonzert begleitete die KAC-Cracks in den Kabinentrakt. Soeben erkämpfte sich der Vize-Meister ein 2:1 über Fehervar, das Ende des fünf Spiele währenden Negativtrends.

Befreiender Jubel wollte trotzdem nicht aufkommen. Vielmehr verdeutlichte der wenig triumphale Erfolg die eklatante Diskrepanz zwischen Anspruch und Wirklichkeit.

Für die Anhängerschaft des österreichischen Rekord-Champions zählen einzig und allein die Spitze.

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Zu Saisonbeginn vollzog Manny Viveiros den vom Vorstand gewünschten Umbruch. Die Jugend sollte forciert, der Neuanfang kontinuierlich vorangetrieben werden. Die Erwartungen blieben die gleichen. Ein Trugschluss, wer dachte, dies sei miteinander zu vereinbaren.

„Es ist eine gute Schlagzeile“

Die Realität ist deprimierend. Nur zwei Siege in sieben Spielen, der Druck auf das Platzierungsrunden-Schlusslicht nimmt nach dem 0:3 im „Salata Winter Classic“ gegen Zagreb zu. Die Eishockey-Hochburg wird ungeduldig. Ebenso die Führungsriege.

Gegenüber der „Kleine Zeitung“ stellte Vize-Präsident Hellmuth Reichel dem langjährigen Trainer ein Ultimatum: „Ich sehe keine Entwicklung in die richtige Richtung. Ohne Steigerung wird Viveiros nicht zu halten sein. Was ich aber nicht hoffe.“

All das im Vorfeld des Gastspiels bei Salzburg, etwas mehr als eine Woche vor den Playoffs. Stürmer-Routinier Dieter Kalt (37) äußert im LAOLA1-Interview seine Kritik am Vorgehen.

LAOLA1: Turbulente Zeiten beim KAC – wie stehst du zur losgetretenen Trainer-Diskussion?

Dieter Kalt: Diese Geschichte ist typisch für Klagenfurt oder Kärnten, wo ein derart starkes Interesse am Eishockey herrscht. Wenn es gut läuft, wird nach oben hin übertrieben. Genauso wird man in den etwas schlechteren Phasen schneller nervös. Ich habe das schon öfter erlebt. Da gibt es viele äußere Einflüsse, durch die eine Spirale entsteht. In der Mannschaft ist das überhaupt nicht so. Gerade jetzt befinden wir uns in einer Phase, wo man ruhigen Kopf bewahren muss. Selbst wenn wir bislang eine super Saison gehabt hätten, könnte in zwei Wochen Urlaub sein. Andersrum wäre möglich, dass wir in den Playoffs plötzlich einen kompletten Lauf bekommen. Meiner Meinung nach sollte man uns in Ruhe arbeiten lassen.

LAOLA1: Bewahrt die Führungsetage wirklich die erhoffte Geduld?

Kalt: Zeitungen lese ich größtenteils nicht, denn es gibt bei uns immer sehr viele Spekulationen. Von den Dingen lasse ich mich nicht beeinflussen. Alle haben ein gutes Verhältnis zum Trainer, da gibt es sicher kein Problem. Manches, was zu lesen ist, wurde möglicherweise irgendwo aufgeschnappt. Ich weiß nicht, ob man da die Aussagen und Interviews so für bare Münze nehmen muss. Die Situation wird etwas ausgenützt, es ist nämlich eine gute Schlagzeile.

LAOLA1: Die Worte von Vize-Präsident Reichel sind allerdings unmissverständlich, oder?

Kalt: Im Sport ist es allgemein üblich, dass Ergebnisse zu sehen sein müssen. Egal ob du Spieler oder Trainer bist, das ist für alle gleich. So gesehen, stellt das keine große Überraschung dar, denn solche Aussagen haben immer Gültigkeit. Man muss sich an irgendeinem Wert messen lassen. Dennoch ist das Wichtigste, die Ruhe innerhalb der Kabine. Warum sollten wir die Entscheidungen in irgendeiner Art kommentieren. Wir versuchen, zusammen unsere Arbeit zu machen und hoffen, das bringt auch ein gutes Ergebnis. Alles andere gilt es zu akzeptieren, wie es kommt.

LAOLA1: Habt ihr innerhalb des Teams diese Angelegenheit besprochen?

Kalt: Wenn es einen Spieler betrifft, spricht man darüber. Ebenso werden wir informiert, wenn neue Akteure hinzukommen. Über Zeitungs-Berichte diskutiert man nicht. Wir wissen genau, wie es in dem Geschäft läuft. Oft basiert etwas nur auf heißer Luft. Die Unruhe vom Team wegzuhalten, ist eine zusätzliche Belastung.

LAOLA1: Viveiros ist mittlerweile eine Institution in Klagenfurt: Steht man auch nach fünf Jahren voll und ganz hinter dem 46-Jährigen?

Kalt: Wir haben eine Aufgabe zu erledigen. Wir arbeiten ein Jahr, um in den Playoffs Erfolg zu haben. Das funktioniert nur, wenn wir es gemeinsam machen. Es ist nicht die Zeit, um etwaige Auflösungs-Erscheinungen zu zeigen.

LAOLA1: Du betonst stets, die heiße Phase steht erst bevor: Warum wird ausgerechnet zum jetzigen Zeitpunkt der Trainer in Frage gestellt?

Kalt: Es ist nicht das erste Mal! Wir sind die einzige Mannschaft der EBEL, bei der solche Dinge passieren. Es liegt in der Natur der Sache, wenn es nicht so läuft. Die Erwartungen der Klagenfurter Öffentlichkeit und auch unsere eigenen sind sehr hoch. Manchmal klaffen eben Wirklichkeit sowie Anspruch auseinander. Und die Aufgabe der Medien ist, zu spekulieren. Wir lassen uns nicht verrückt machen.

LAOLA1: Welchen Zweck verfolgt der Verein mit der „Frist“?

Kalt: Bei uns wurde das ganze Jahr konzentriert gearbeitet. Daher kann ich mir nicht vorstellen, dass vorschnelle Änderungen vollzogen werden. Mehr als das Beste zu versuchen, geht eben nicht. Wenn das gut genug ist, passt das Resultat. Wenn nicht, gibt es Entscheidungen. Viele Sachen sind in dieser Schärfe übertrieben und werden hochgepusht, das hat keinen Einfluss auf unsere tägliche Arbeit.

LAOLA1: Eine Krise kann man nicht leugnen: Was fehlt zur bestechenden Form des Saison-Auftakts?

Kalt: Die Frage versuchen wir selbst zu beantworten und eine Lösung zu finden, warum die Resultate nicht zu unserer Zufriedenheit ausfallen. In der Phase ist es stets wichtig, sehr rational zu analysieren. Wo hapert es wirklich? Es sind größtenteils Kleinigkeiten, welche es zu verbessern gibt. Daher würde es mich nicht wundern, wenn wir mit kleineren Änderungen plötzlich einige Spiele in Serie gewinnen. Dann können wir in zehn Tagen telefonieren und ich wahrscheinlich die Frage beantworten, warum es beim KAC so gut läuft (lacht).

LAOLA1: Im Zentrum der Kritik stehen Mike Siklenka und Thomas Koch. Wie stehst du dazu, dass die missliche Lage an ihnen festgemacht wird?

Kalt: Es ist ein Mannschaftssport, da ist jeder Spieler ein wichtiges Rädchen im Gesamten. Und wenn zwei oder drei nicht richtig funktionieren, steht auf einmal der ganze Karren. Das sind nicht nur jene, die viel Eiszeit bekommen, sondern jeder Akteur sowie der Betreuerstab. Es ist nur schwer irgendwo Fehler festzumachen. Gruppendynamik hat damit zu tun. Probleme an einer Person festzumachen ist eine Sache der Medien. Wir Leistungsträger stehen mehr im Fokus. Sei es aufgrund früherer Erfolge, überhöhter Erwartungen oder angeblichen Transfer- und Vertragssummen. Die Einzelkritiken sind manchmal sehr ungerecht, damit weiß man aber nach Jahren umzugehen.

LAOLA1: Besonders das Offensiv-Spiel stockt: Fünf Tore in fünf Begegnungen sind deutlich zu wenig. Dass Defender Kirk Furey mit 29 Punkten die Scorerliste anführt, ist bezeichnend. Wie lässt sich das Manko beheben?

Kalt: Leider gibt es kein Patentrezept. Wenn man zu kompliziert wird, irgendetwas nicht funktioniert, muss man den Schritt zurück machen und das ganze einfacher gestalten. Das ist in der Trainingslehre so und keine Phrase. Wenn man an gewissen Sachen verzweifelt, wird man passiver statt aktiver. Die Playoffs kommen genau richtig, da sind Einstellung und mannschaftliche Kompaktheit gefordert. Das kommt uns sicher entgegen.

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Das Gespräch führte Christoph Köckeis