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"Ich habe ein gutes Bauchgefühl"

Hochsommer in Österreich!

Bei Temperaturen um die 30 Grad fällt es vielen schwer an Eishockey zu denken. Dennoch ist diese Zeit für die Verantwortlichen der Vereine wohl eine der wichtigsten.

Es werden Verträge für die neue Saison finalisiert und teilweise beginnt bereits im Juli wieder die Vorbereitung auf die kommende Spielzeit.

Auch die Vienna Capitals arbeiten dieser Tage akribisch an einer schlagfertigen Truppe. Nicht weniger als zehn Neuzugänge haben die Hauptstädter bereits vermeldet, acht davon kommen von anderen EBEL-Vereinen.

Außerdem verpflichteten die Wiener mit Bernd Freimüller einen hauptberuflichen Scout, der Fehleinkäufe a la Pat Kavanagh verhindern soll.

Caps-Trainer Tommy Samuelsson spricht bei LAOLA1 über die Zusammenarbeit mit Freimüller und die getätigten Transfers. Weiter gibt er Fehler zu und weiß wo man bei den jungen Spielern den Hebel ansetzen muss.

LAOLA1: Die Planung für die neue Saison ist voll im Gange. Wie zufrieden sind Sie bisher mit den getätigten Transfers?

Tommy Samuelsson: Mein Bauchgefühl sagt mir, dass wir uns gut verstärkt haben. Ich bin zufrieden mit der Kaderplanung. Am Anfang der Saison gibt es immer eine Grundidee nach welcher der Verein seine Einkaufspolitik ausrichtet. Diese haben wir gut umgesetzt.

LAOLA1: Die Vienna Capitals haben hauptsächlich Spieler verpflichtet, die im letzten Jahr bereits EBEL-Erfahrung gesammelt haben. Ist dies den Transfers des letzten Jahres geschuldet, als man sich mit einigen DEL-Spielern vertan hat?

Tommy Samuelsson: Der Hauptgrund ist, dass es sich bei den Verpflichtungen um sehr gute Spieler handelt. Wir haben ihr Können mit den eigenen Augen gesehen, da sie in einigen Spielen gegen uns angetreten sind. Alle haben ein hohes Niveau und warum sollten wir nicht Spieler einkaufen, die sich bereits in unserer Liga profiliert haben.

LAOLA1: Mit Bernd Freimüller haben die Capitals einen hauptberuflichen Scout verpflichtet. Wie sieht ihre Zusammenarbeit aus?

Samuelsson: An einem Arbeitstag stehen wir acht bis zehn Stunden dauerhaft per Mail und Telefon in Kontakt. Bereits zwei Tage nach dem Viertelfinal-Aus gegen Linz haben wir uns getroffen und mit der Planung für die neue Saison begonnen. Die Kooperation mit Bernd Freimüller ist sehr wichtig. Nicht nur für mich, sondern auch für die Zukunft der Vienna Capitals. Er kennt weltweit fast jeden Menschen, der etwas mit Eishockey zu tun hat.

LAOLA1:Im letzten Jahr hatte man vor der Saison als Ziel die Meisterschaft ausgegeben. Dennoch war nach einer durchwachsenen Saison im Viertelfinale Schluss. Räumen Sie Fehler ihrerseits ein?

Samuelsson: Es ist Teil meines Charakters, dass ich mich selbst hinterfrage. Ich recherchiere die Versäumnisse und analysiere, was ich besser machen kann. Ein großer Faktor im letzten Jahr war, dass ich die Liga nicht kannte und das Niveau nicht einschätzen konnte.  Mittlerweile weiß ich, dass die Liga sehr gut ist und alle Mannschaften ein hohes spielerisches Level haben. Es gibt viele gute Spieler, nicht nur die Österreicher sondern auch die Inputs. Das bedeutet es gibt keine Gegner, die man auf die leichte Schulter nehmen kann und weniger als 100 Prozent Leistung abrufen muss.

LAOLA1: Mit Innsbruck und Dornbirn nehmen zwei neue Vereine am Spielbetrieb der EBEL teil. Wie sehen Sie diese Erweiterung?

Samuelsson: Meiner Meinung nach ist es gut, dass zwei neue österreichische Vereine den Weg in die oberste Spielklasse gefunden haben. Ich habe selbst in Innsbruck gearbeitet, daher freut es mich besonders, dass sie wieder zurück sind.

Samuelsson kennt nun die Liga und das Niveau besser
LAOLA1:Beide Mannschaften werden auf junge Spieler setzen müssen. Auch in ihrem Kader tummelt sich so manches Talent. Was erwarten Sie von Spielern wie Mario Seidl oder Mario Fischer?

Samuelsson: Beide Spieler haben im letzten Jahr einen großen Schritt gemacht. Seidl schaffte es vom Silver-Caps-Spieler zu einem fixen Bestandteil der Kampfmannschaft. In der Viertelfinalrunde zeigte er seine Können und seine Entwicklung. Man darf aber nicht außer Acht lassen, dass das zweite Jahr oft schwieriger ist. Die Spieler setzen sich selbst unter Druck und erwarten mehr Spielzeit. Auch Trainer, Fans und die gesamte Organisation fordern natürlich mehr. Wichtig ist, ihm Geduld entgegenzubringen, aber auch, dass er knallhart an seinem weiteren Werdegang feilt. Fischer hätte beinahe den Sprung ins WM-Aufgebot der Nationalmannschat geschafft. Ich hoffe er wird auch heuer wieder eine gute Saison haben, damit er im nächsten Jahr in Schweden und Finnland dabei ist.

LAOLA1: Vielen jungen Cracks in Österreich fehlt es im internationalen Vergleich vor allem an der Physis. Wie ist die Entwicklung in ihren Reihen?

Samuelsson: Die Athletik und der physische Status eines Spielers lassen sich nicht in einem Jahr aufbauen. Es benötigt harte Arbeit über viele Jahre, um die Basis zu legen, auf welche man dann später aufbauen kann. Sowohl mit Seidl als auch Fischer arbeiten wir knallhart. Wenn ich diese Spieler hernehme, ist mir um deren körperlichen Zustand nicht bange.

LAOLA1: Es soll eine U22-Liga kommen. Wie sehen Sie die Einführung einer solchen. Ist man in diesem Alter für eine Entwicklung nicht schon zu alt?

Samuelsson: Es ist wichtig, dass man früher mit einem strukturierten Training beginnt. Wir haben uns gerade über Athletik, Fitness und die körperlich Basis unterhalten. Da muss man ansetzen und viel früher mit der Ausbildung beginnen. Ich spreche nicht von Krafttraining sondern von Übungen die die Koordination verbessern oder die Muskulatur stärken.  Diese müssen sehr früh ins Training eingebaut werden. Auch die Struktur auf dem Eis, sprich die taktische Ausbildung, muss mit 15 oder 16 Jahren vorangetrieben werden. Nur wenn dies der Fall ist, könnte es sein, dass du mit 22 fast ein fertiger Spieler bist.

LAOLA1: Die Capitals haben zwei neue Torhüter verpflichtet. Wer ist für Sie die Nummer eins? Haben Sie sich schon festgelegt?

Samuelsson: Für mich war es wichtig, dass wir ein gutes Duo bekommen. Wir werden allein in der Liga schon 50 Spiele im Grunddurchgang haben, zudem nehmen wir an der European Trophy teil. Somit braucht man ein Gespann, das sowohl untereinander als auch in den Spielen konkurrenzfähig ist. Bei Fabian und Matt habe ich ein gutes Bauchgefühl, dass dies der Fall ist.

LAOLA1: Im letzten Jahr haben Sie ganz klipp und klar gesagt, sie wollen Meister werden. Wie sehen ihre Saisonziele für die kommende Spielzeit aus?

Samuelsson:  Wie ich bereits erwähnt habe, kann ich in diesem Jahr das Niveau und die Liga besser. Es gibt viele Gegner, die ein ähnliches Ziel haben. Ende Juli, Anfang August kommt die komplette Mannschaft zusammen und dann werden wir gemeinsam unsere Ziele festsetzen. Wichtig ist auch kurzfristige Ziele zu formulieren, damit wir auch während der Saison unsere Erfolgserlebnisse haben und glücklich sein können.

LAOLA1: Werden Sie ihren Kader noch verstärken?

Samuelsson: Einen Center werden wir sicher noch holen, und einen Try-Out-Platz lassen wir für die European Trophy offen. Da suchen wir noch einen Flügelstürmer.

LAOLA1: Wie wichtig ist die Rückkehr von Rafael Rotter?

Samuelsson: Er ist vielleicht der wichtigste „Neuzugang“ für uns. Im letzten Jahr hat er gerade mal sechs Liga-Spiele gemacht. Ich erwarte mir sehr viel von ihm, denn er ist ein sehr respektloser Spieler. Ihm ist es egal ob er gegen Ljubljana, Helsinki oder auch solche Größen wie Evgeni Malkin antritt. Egal wie sein Gegner heißt, er zeigt keine Respekt und spielt sein Spiel. Das ist unglaublich wichtig. Ich freue mich auf seine Rückkehr.

Das Interview führte Sebastian Rauch