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Das Wiedersehen mit dem einstigen Arbeitgeber

Das Wiedersehen mit dem einstigen Arbeitgeber

Über drei Jahrzehnte bildete die Familie Raffl eine Dynastie im Villacher Eishockey.

Alles begann mit Peter Raffl, der sein Leben dem VSV verschrieb. Während 21 Saisonen feierte er drei Meistertitel, zugleich sorgte der nunmehr 51-Jährige für talentierten Nachwuchs.

Seine Söhne Thomas wie auch Michael verdienten sich im Trikot der „Adler“ ihre ersten Sporen. Nach acht Jahren steht erstmals kein Mitglied des Clans im Aufgebot.

Während Letzterer in die zweithöchste Spielklasse Schwedens zu Leksands IF wechselte, schnürt Bruder Thomas seine Schlittschuhe für RB Salzburg. Die Rückkehr steht unmittelbar bevor, jedoch als Gegner.

Denn am 16. Spieltag gastiert der amtierende Meister beim Tabellen-Schlusslicht aus Villach (LIVE-Stream ab 19:15 Uhr). LAOLA1 kennt sechs Spieler mit Background beim Konkurrenten.

Thomas Raffl:

… ist aus der Parade-Linie der Mozartstädter nicht mehr wegzudenken. Nach einem eher missglückten Aufenthalt in Schweden bei Lulea kehrte der 25-Jährige zurück in die Heimat. Forcierte Chef-Betreuer Pierre Page den gelernten Flügelstürmer im Vorjahr noch in der Abwehr, zählt er seit Saisonbeginn zur festen Größe der Offensive. „Mit seinem Körperbau hatte er gewisse Vorteile als Verteidiger, nur gingen die Scorer-Qualitäten etwas unter. Ihn zeichnen schnörkelloses, geradliniges Spiel aus. Er hat einen guten Schuss, ist zweikampfstark und setzt sich im Eins-gegen-Eins durch“, beschreibt Claus Dalpiaz, Experte bei Servus TV, gegenüber LAOLA1 dessen Vorzüge.

Bislang verbuchte Raffl 19 Scorerpunkte davon 15 Assists, mit dieser Ausbeute ist er "Bullen"-Topscorer. All das machten erst die Abgänge von Thomas Koch (KAC) und Marco Pewal (VSV) möglich. „Letztes Jahr ist er im Schatten der anderen Leistungsträger gestanden und bekam nicht so viel Eiszeit. Nun schlüpft er nahtlose in diese Rolle. Er spielt eine sensationelle Saison. Solche Spieler gibt es in Österreich viel zu wenig“, singt der Rekord-Nationaltorhüter ein Loblied.

Marco Pewal:

Villachs Star-Verpflichtung war zuletzt nicht vom Glück verfolgt. Nach sieben äußerst erfolgreichen Spielzeiten mit vier Titel-Gewinnen brach der 33-Jährige seine Zelte in Salzburg ab. Bei Heimatverein VSV wollte Pewal im Karriere-Frühling nochmals durchstarten, nach sechs Einsätzen kam ihm jedoch ein Fingerbruch mit anschließender Operation dazwischen. Sein Comeback muss das Frohgemüt bis nach dem Länderspiel-Break (15. November) vertagen. Obwohl er in der aktuellen Situation von großer Bedeutung wäre.

„Nach der Verletzung haben sie erst seit dem Craig-Transfer gepunktet“, weiß Dalpiaz, der die Krise des Letztplatzierten unter anderem am Ausfall des „absoluten Führungsspielers“ festmacht. „Er hat Scorer-Qualitäten, erarbeitet sich Chancen und besitzt diesen Torriecher. Selbst wenn du von ihm lange Zeit nichts siehst, findet er irgendwann Top-Möglichkeiten vor. Einen Spieler solchen Formats brauchst du im Aufgebot. Wenn Pewal, Mario Altmann sowie Gerhard Unterluggauer zurückkommen, wird Villach wieder ein Wörtchen mitreden.“ Bis dorthin stehen andere Cracks in der Pflicht.

Andreas Kristler:

Im Teenager-Alter von 16 Jahren debütierte der gebürtige Lienzer auf höchster Ebene, nur zwei Saisonen später zählte er zum Stamm-Personal des VSV. Nach 159 Begegnungen sowie 57 Scorerpunkten wagte Kristler im Sommer das Abenteuer RB Salzburg, bislang mit mäßigem Erfolg. Als Stürmer der dritten Linie verbuchte er bis zum Wiedersehen mit dem einstigen Arbeitgeber nur einen Zähler, der letzte Schritt zum Topspieler blieb ihm bisher verwehrt. Dennoch ist Dalpiaz vom Potenzial überzeugt: „Ein sehr kompakter Spieler und guter Eisläufer. Eigentlich hat er alles, was man als Klasse-Spieler braucht.“

Ein Bänderriss im Knie stoppte den Nationalspieler im Februar während des Playoff-Viertelfinales gegen die Black Wings Linz. Solche Zwangspausen sind für jüngere Semester zusätzliche Prüfsteine. „Als Talent ist es immer relativ schwierig, konstant auf hohem Niveau zu agieren. Nach der schweren Verletzung hat er noch Aufholbedarf, was Spielpraxis und Selbstvertrauen anbelangt. Er muss sich aus diesem Loch ziehen. Die Anlagen, ein wichtiger Bestandteil von Salzburg zu werden, hat er.“

Andreas Wiedergut:

„Er ist einer der jungen Villacher, welche ihre Chancen und Eiszeit bekommen“, zeigt sich Dalpiaz ob der Marschroute erfreut. Und der 23-Jährige weiß das in ihn gesetzte Vertrauen zu rechtfertigen. Auch dank einiger Ausfälle erhält Wiedergut sogar im Powerplay seine Einsatz-Minuten. Im Kärntner Derby hatte er maßgeblichen Anteil an der zwischenzeitlichen Führung (Endstand: 1:2), als sein Schuss von der blauen Linie durch Nicolas Petrik in die Maschen abgefälscht wurde. „Er spielt einen guten Verteidiger, ohne komplizierte Sachen zu machen. Der VSV ist ein Arbeiter-Team, das passt also sehr gut.“ Die bekannten Tugenden verinnerlichte er bereits im Nachwuchs.

Wiedergut genoss die Schule der „Adler“ und spielte zwei Saisonen bei den Profis. Danach folgte ein Abstecher zur VEU Feldkirch und Salzburg, wo er 2009/10 insgesamt 55 Mal auf dem Eis stand. Seither gehört er zum festen Bestandteil der Villacher Defensive. Aus gutem Grund, wie Dalpiaz erklärt: „Er weiß genau, was er kann und was er besser lassen sollte. Für einen jungen Spieler ist es wichtig, dass man sich nicht überschätzt und keine Experimente startet, die nach hinten losgehen.“

Markus Schlacher:

… überzeugte mit Hilfe eines Try-Outs die sportliche Führung der „Bullen“. Der Sprung ins Profi-Geschäft gelang zuvor bereits bei Jugendverein VSV, mit welchem er sich 2006 überdies zum Meister krönte. Im Finale wurde damals übrigens sein nunmehriger Verein bezwungen. Ein Gastspiel in Schweden bei Skelleftea – neun Auftritte in der Elitserien – endete nach einem Jahr, ehe Schlacher in vier Saisonen bei BW Linz zum Stammspieler reifte. „Er hat viel Talent, sonst hätte ihn Trainer Page nicht geholt, und nun die Möglichkeit sich zu einem Führungsspieler zu entwickeln“, so Dalpiaz.

Über die Aufgaben eines „Role-Player“ kommt der 24-Jährige noch nicht hinaus. Meist wird die eigentliche Offensiv-Kraft in der dritten oder vierten Abwehr-Formation aufgeboten. Dass solch eine Umfunktionierung glücken kann, bewies Kapitän Matthias Trattnig eindrucksvoll. „Wenn jemand das Talent hat, das Spiel gut lesen kann und das Auge für den Aufbau-Pass besitzt, ist ein Stürmer in der Verteidigung gut aufgehoben. Es wird Gründe geben, warum er eher hinten gesehen wird.“

Pierre-Luc Sleigher:

… hielt dem Erwartungsdruck keineswegs stand. Zwei Tore und eine Vorlage sind eine Enttäuschung, vor allem wenn der Maßstab an der Saison 2009/2010 angesetzt wird. Der Right Wing mischte damals in Diensten der Kassel Huskies die DEL mit 49 Punkten (!) gehörig auf. In der folgenden Pre-Season wollt er sich für ein Engagement bei RB Salzburg empfehlen, nach zwei European-Trophy-Partien war das Gastspiel allerdings wieder beendet. Vergangene Spielzeit lief er dann für die Bietigheim Steelers in Deutschlands zweiter Liga auf.

Die Ursache für die andauernde Ladehemmung in Villach ist im Sommer zu finden, hinderte den Kanadier doch eine Gehirnerschütterung an der optimalen Saison-Vorbereitung. „Wenn du gerade in der Phase, wo du viel Eiszeit hast und intensives Training absolvierst, ausfällst, ist es ein Nachteil. Möglicherweise braucht er die Zeit, um körperlich fit zu werden und sich durchzusetzen. Würde es gut laufen, könnte er sich langsam an das Niveau herantasten. Wie es jetzt ist, müsste er in die Bresche springen, aber das kann er derzeit nicht", kennt Dalpiaz die Problematik. Gelingt der Befreiungsschlag gegen Salzburg, wäre dies für den 29-Jährigen wohl eine Genugtuung.

Christoph Köckeis