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Österreich und seine Stürmer

Österreich und seine Stürmer

Die Erste Bank Eishockey Liga sollte eigentlich eine österreichische Liga mit internationaler Beteiligung sein. Wirft man einen Blick auf die Scorerwertung wirkt es, als wäre es genau umgekehrt.

Mit Roland Kaspitz findet sich nur ein ÖEHV-Crack unter den besten zehn Punktesammlern, die restlichen neun kommen aus Kanada (4), Tschechien, USA, Ungarn, Kroatien und Slowenien. Der Villacher ist seit Jahren aufgrund seiner Assist-Zahlen ganz vorne in den Wertungen vertreten. Seit der Spielzeit 2000/01 verbuchte der quirlige Kärntner immer mehr als 30 Vorlagen pro Saison und auch heuer hält er bereits bei deren 34.

Gute österreichische Stürmer sind Mangelware, zumindest solche, die in ihren Vereinen auch tatsächlich eine tragende Rolle spielen. LAOLA1 macht gemeinsam mit dem ehemaligen NHL-Scout (Atlanta-Thrashers) und Liga-Insider Bernd Freimüller den Check und weiß, wer von den heimischen Angreifern überzeugt und wer enttäuscht hat.

>>>Freitag, 19:15 Uhr im LAOLA1-LIVE-Stream: Capitals vs. Salzburg<<<

Gregor Baumgartner (Black Wings Linz)

  Der Linzer Routinier, der als einziger Österreicher in der Geschichte zwei Mal für die NHL gedraftet wurde, erlebt seinen zweiten Frühling. Im letzten Jahr stand aufgrund einer Lungenquetschung bereits das Karriere-Aus des 32-jährigen Stürmers im Raum, zum Glück für die Black Wings hat sich der ehemalige Nationalspieler doch für ein Weitermachen entschieden. Mit 17 Toren ist er der beste österreichische Torschütze der EBEL und auch in der Assist-Wertung erreicht er mit 18 Vorlagen den respektablen 22. Platz. Alles in allem spielt er bisher eine Top-Saison, auch weil Trainer Rob Daum auf ihn baut und ihm in wichtigen Situationen, wie zum Beispiel im Powerplay, viel Eiszeit gibt.

Bernd Freimüller: „Er war schon immer einer der besseren Eisläufer der Liga und passt daher perfekt in das System der Linzer. Es spielt ihm natürlich in die Karten, dass er mit Mike Ouellette und Patrick Leahy in einer Linie spielt. Gregor ist ein Spieler, der eine gute Linie noch besser macht. Er war immer ein guter Stürmer, aber nicht immer so effektiv wie in diesem Jahr. Sein eisläuferisches Können ist sein großer Trumpf“.

Raphael Herburger (KAC)

Der gebürtige Dornbirner ist schon seit längerem ein Versprechen für die Zukunft. Zu Saisonbeginn zeigte er gemeinsam mit den Geier-Brüdern, Manuel und Stephan, starke Leistungen und kam auf bisher 18 Scorerpunkte, wobei er sieben Tore erzielte. Zu seinem Pech machte ihm eine Verletzung einen kleinen Strich durch die Rechnung, ansonsten hätte er das Karriere-High von 25 Punkten wohl schon nach dem Grunddurchgang erreicht. Coach Manny Viveiros hält sehr viel vom 23-jährigen Stürmer und bewies dies auch mit einer Nationalteam-Nominierung.

Bernd Freimüller:  „Er war vor seiner Pause auf dem besten Weg eine sehr gute Saison zu spielen. Seit er wieder zurück ist, hat er es nicht geschafft, an das vorher Gezeigte anzuschießen, spielt aber dennoch stark. Er hat einen sehr guten Antritt und wird mit der Scheibe am Stock nicht langsamer wie so mancher in Österreich. Er schießt in diesem Jahr auch weit mehr als in den letzten Saisonen, dadurch hat er einen weiteren Schritt in seiner Entwicklung vollzogen. Wenn er gesund bleibt, ist er in den nächsten Jahren ein Fix-Starter im Nationalteam.“

Thomas Raffl (RB Salzburg)

  „Ich bin froh, als Stürmer eingesetzt zu werden und das schlägt sich auch auf die Statistik nieder“, sagte der gebürtige Villacher vor kurzem gegenüber ServusTV. Prompt setzte ihn Trainer Pierre Page im nächsten Spiel wieder als Verteidiger ein. Dennoch ist Raffl als Stürmer für seinen Verein doch wichtiger als auf der Position des Defenders. Mit 29 Vorlagen und neun Toren ist er die Nummer eins der internen Scorerliste und sein gutes Auge für den Mitspieler lässt ihn den vierten Rang der liga-weiten Assist-Wertung einnehmen. Raffl hat in den bisherigen Saisonspielen gezeigt, dass er in seiner Zeit in Schweden noch dazugelernt hat und in seiner ersten vollen Saison seit seiner Rückkehr nach Österreich vollends überzeugt.

Bernd Freimüller: „Ein Blick auf seine Punkte verrät, dass er heuer um einiges stärker ist als noch im letzten Jahr. Offensiv ist er eine konstant positive Erscheinung bei den Salzburgern. Als Verteidiger gefällt er mir hingegen nicht, denn da gibt es andere, die besser für das adaptiert werden. Im Nationalteam wird er auch ein großer Hoffnungsträger werden, denn er kann auch international Tore machen, weil er körperlich sehr stark ist und über einen guten Schuss verfügt. Seine Achillessehne ist der erste Schritt, sprich der Antritt ist nicht der beste, was ihm in Schweden Probleme bereitet hat, in der EBEL aber nicht so ins Gewicht fällt.

Markus Peintner (VSV)

Totgesagte leben länger. Ein Satz, der sich bei Peintner mehr als nur bewahrheitet hat. Der Stürmer mit der auffälligen Gesichtsbehaarung war im Sommer arbeitslos, kein Verein wollte den für seine kämpferische Qualitäten bekannten Lustenauer unter Vertrag nehmen. Peintner hielt sich beim ATSE Graz fit, bis der VSV doch reagierte und ihn engagierte. Dies hat sich für die Adler mehr als bewährt, denn der Nationalspieler hat eingeschlagen wie eine Bombe. Mit 14 Toren ist er hinter Baumgartner zweitbester österreichischer Torschütze. Markus Peintner ist mit Sicherheit die positive Überraschung des Grunddurchgangs.

Bernd Freimüller: „Da werden sich einige Mannschaften an den Kopf greifen, warum sie Markus nicht geholt haben. Denn egal wie viel Punkte er wegnimmt, stellt er doch so manchen Ausländer, der ohnehin vier Punkte kostet, in den Schatten. Er ist der Grund, warum die Villacher nicht total abgefallen sind, denn er spielt heuer vielleicht sogar über seinen Verhältnissen. Peintner ist immer einer, der sein Energielevel hoch hält, aber er hatte in den letzten Saisonen etwas Probleme mit der offensiven Produktion, was jetzt beim VSV gar nicht der Fall ist. Er ist definitiv ein wertvoller Österreicher.“

Thomas Koch (KAC)

  Es war der Transfer des Jahres. Thomas Koch, Kapitän der Meister-Mannschaft Salzburg, wechselte zurück zu seinem Heimatverein KAC. Aufgrund seiner bisherigen Karriere, unter anderem mit zwei Lehrjahren in Schweden, wurde der 28-Jährige mit ordentlich Vorschuss-Lorbeeren und einem gut-dotierten Vertrag bedacht. Doch bei den Rotjacken kann der Nationalspieler nicht an die Leistungen aus den letzten Bullen-Jahren anschließen. Gerade mal fünf Tore erzielte Koch in 36 Spielen für seinen neuen Arbeitgeber. Die 15 Assists hellen seine Statistik zwar etwas auf, vollends zufrieden kann der ehrgeizige Center aber mit dem bisher Dargebotenen nicht sein.

Freimüller: „Klarerweise, wenn man seinen Vertrag hernimmt und ihn an den Leistungen aus dem letzten Jahr misst, ist er eine Enttäuschung. Dennoch warne ich zur Vorsicht, denn man muss schon ein bisschen aufpassen. Es gibt noch genug Trainer, die mit Hochachtung von ihm reden, denn er ist ein hochintelligenter Spieler auf dem Eis. Sein Positionsspiel und seine Entscheidungen sind immer noch sehr gut, woran es heuer fehlt, ist sein Mut und Wille offensiv Akzente zu setzen, ins Eins-gegen-Eins zu gehen und in Scoring-Position zu kommen. Warten wir aber mal ab, denn ich traue ihm zu, dass er in den Playoffs den Schalter umlegen kann. Die Erwartungen, die mit dem Vertrag in Klagenfurt einhergehen, sind aber auch sehr schwer zu erfüllen. Abschreiben darf man Thomas Koch auf keinen Fall.“

Marco Pewal (VSV)

Es hätte so schön sein können. Mit dem Meistertitel im Gepäck kehrte der Villacher aus Salzburg in seine Geburtsstadt zurück und wurde auch prompt zum Kapitän der Adler gewählt. Dies war aber auch schon so ziemlich das letzte Erfolgserlebnis des sympathischen Kärntners bei seinem Herzensklub. Zu Beginn der Saison durch einen Fingerbruch zurückgeworfen, fand der 31-Jährige nicht in Tritt und muss sich mit lediglich drei Saisontoren in 26 Spielen zufrieden geben.

Freimüller: „Er ist ohne Zweifel eine Enttäuschung, da gibt es kein Wenn und Aber. Er war in Salzburg ein wichtiger Spieler, aber er hat sich entschieden nach Villach zurückzugehen und die Leistungen sind nicht akzeptabel. Er muss sich fragen, ob er nicht ein Spieler ist, der täglich eine harte Hand braucht, wie das bei Page der Fall war und es für ihn vielleicht nicht sogar von Vorteil war, dass er aus seiner gewohnten Umgebung herausgekommen ist. Er ist offenbar ein typisch österreichischer Spieler, der sich mit sehr wenig, sehr schnell zufrieden gibt.“

Manuel Latusa (RB Salzburg)

Manuel Latusa: Der Nationalspieler hinkt ein bisschen seiner Form hinterher und das ist nicht nur seiner vor kurzem auskurierten Verletzung zu schulden. Nach einem ganz starken Playoff im letzten Jahr erwartete man in dieser Saison ähnliches über die gesamte Spielzeit. Nach dem abgewanderten Koch und Pewal erhoffte man sich, der 27-Jährige würde gemeinsam mit Rallf in der Mozartstadt die Fahne der österreichischen Stürmer hochhalten. Diesen Ansprüchen konnte Latusa aber mit 20 Punkten (sieben Tore) nicht gerecht werden.

Freimüller: „Von seinen Punkten und Offeniv-Aktionen her, ist er definitiv zu unauffällig. Die letzten Jahre ging es mit seiner Karriere stetig bergauf, heuer stagniert er ein etwas. Man kann davon ausgehen, dass es in diesem Jahr schlicht eine Ausreißer-Saison ist. Er könnte vom Energielevel noch zulegen. Wenn man Chancen vergibt, ist es das eine, aber mit seinen Fähigkeiten sollte er zu mehr Chancen kommen. Ich traue ihm dennoch zu, dass er in der Zwischenrunde oder im Playoff wieder ganz der Alte ist.

>>>Freitag, 19:15 Uhr im LAOLA1-LIVE-Stream: Caps vs. Salzburg<<<

Sebastian Rauch