Respekt vor dem VSV

Apropos John Hughes. Die Nachricht, dass der VSV sich von seinem Starspieler aufgrund seiner Ausgeh-Tour vor dem vierten Spiel gegen Bozen, getrennt hat, kam für Tomanek ebenso wie für alle anderen überraschend und er bezeichnet die Aktion des Kanadiers als „enttäuschend und unverständlich“. Großen Respekt zeigt er wiederum gegenüber dem Verein, der sich zum Rauswurf des Stürmers entschieden hat.

„Sie haben es gemacht, wohlwissend, dass er eine sportliche Lücke hinterlassen würde. Aber sie wussten auch, dass sie sich vor der restlichen Mannschaft blamieren, wenn sie den Schritt nicht wagen. Wenn du das nicht sanktionierst, wird in der Truppe nie wieder Disziplin herrschen. Das ist ein Signal an die anderen Spieler, dass so etwas nicht geduldet wird.“

Alkohol kein exklusives Eishockey-Problem

Der „Fall Hughes“ ist nicht der erste seiner Art, denn auch in der Vergangenheit machten Eishockeyspieler immer wieder durch Alkoholexzesse Schlagzeilen, zuletzt passiert bei den Olympischen Spielen, als Teile des Nationalteams nächtens ausrückten, um sich zu betrinken.

„Ich denke nicht, dass es ein eishockey-spezifisches Problem ist. Ich habe auch Freunde, die Profis in anderen Sportarten waren, unter anderem auch Fußball, und da gab es diese Geschichten genauso. Beim Eishockey sind jetzt die Geschichten rausgekommen, aber das passiert in regelmäßigen Abständen in allen Sportarten“, so Tomanek, der diese Aktion absolut verurteilt, aber nicht als Moralapostel auftreten will.

„Das soll nicht heißen, dass alle Eishockey-Spieler heilig sein müssen. Ich will nicht behaupten, dass ein Profi keinen Alkohol trinken und Sex haben darf. Ich war selbst Spieler und auch wir sind mal ausgegangen und hatten unseren Spaß. Aber am Tag vor so einem wichtigen Spiel, wo es für Villach um alles ging, ist es nicht zu entschuldigen.“

Salzburgs Stil hat sich verändert

Im Nachhinein ist es schwer zu beurteilen, ob der VSV ein Spiel fünf gegen den HC Bozen erzwingen hätte können, wenn Hughes sich nicht die Nacht um die Ohren geschlagen hätte. Am Ende ist es jedoch Fakt, dass die Südtiroler in der Serie und auch zuvor beim Sweep im Viertelfinale gegen Fehervar AV19 sehr souverän aufgetreten sind.

„Bozen hat in den Playoffs vollends überzeugt, denn solider kann man es nicht mehr spielen. Acht Spiele, sieben Siege. Nur in dem einem Spiel sind sie eingegangen, aber so etwas kann immer passieren. Das war schon beeindruckend“, so der Servus-TV-Experte.

Immer wieder streicht Tomanek das disziplinierte Auftreten der „Füchse“ heraus, das er aber auch beim Finalgegner aus Salzburg beobachten konnte. Die Handschrift von Trainer Don Jackson sei deutlich erkennbar, zudem sei ein klarer Unterschied zu Vorgänger Pierre Page auszumachen.

„Die Mannschaft ist unter Jackson wieder stabiler geworden und spielt disziplinierter. Die Spieler laufen nicht mehr einfach nur noch nach vorne. Die Positionen sind bestimmt und werden eingehalten. Unter Page spielte man „Five guys, no positions“. In der Defensive zeigt das Jackson-System besonders Wirkung und man verhindert viele Konter, die man sich unter Page noch regelmäßig eingefangen hat.“

Tomanek glaubt nicht an Nödl-Rückkehr

Natürlich macht der 38-Jährige auch auf die individuelle Klasse der Spieler im Salzburger Kader aufmerksam, in welchem sich unter anderem die starken Österreicher Thomas Raffl, Matthias Trattnig, Daniel Welser oder Manuel Latusa die Klinke in die Hand geben.

Jackson kann es sich sogar erlauben, Nationalteamspieler Andreas Nödl nur in der vierten Linie aufzubieten. Und das, obwohl der 27-Jährige bereits 195 NHL-Spiele in den Beinen hat und in Bälde auch wieder in die stärkste Liga der Welt zurückkehren möchte. Ein Schritt, den Tomanek dem Stürmer aber nicht wirklich zutraut.

„Bei Nödl stellt sich die Frage nach dem Alter und, nach seiner Verletzung, auch die der Qualität. Ich würde es ihm wünschen, unbedingt daran glauben tue ich nicht. Er ist ein durchaus wichtiger Baustein in der Salzburger Mannschaft, aber der „Difference-Maker“ war er bisher auch noch nicht“, so Tomanek.

Niveau gleichbleibend

Würde es Bozen gelingen, den Titel nach Südtirol zu holen, wäre dies wohl als kleine Sensation zu werten. Die Salzburger gelten trotz der Schwierigkeiten zu Playoff-Beginn gegen Dornbirn als die absoluten Favoriten.

Dass es ein ausländischer Klub ins Finale geschafft hat, ist für Tomanek aber keine Überraschung. „Von den finanziell starken drei Vereinen, Salzburg, Capitals und KAC, haben zwei relativ abgelost. Die Mitfavoriten wie Linz und Villach haben sich leicht eliminieren lassen. Somit ist es die logische Folge, dass ein ausländischer Verein um den Titel kämpft.“

Obwohl es sich dabei um einen Liga-Neuling handelt, sieht der Ex-Stürmer es nicht als Zeichen, dass die Liga in diesem Jahr spielerisch schwächer ist, als noch in den Spielzeiten zuvor.

„Jede Sportart entwickelt sich Jahr für Jahr weiter, dramatische Niveau-Unterschiede, weder zum Besseren noch zum Schlechteren, würde ich im Vergleich zu den letzten Saisonen aber nicht erkennen“, lautet das Fazit des Experten.

Sebastian Rauch