news

Die Eishockey-Woche im Scouting-Report

Die Eishockey-Woche im Scouting-Report

Vier Spiele in sechs Tagen.

Bernd Freimüller hat sich die Champions-Hockey-League-Partie der Vienna Cpitals gegen die ZSC Lions und das EBEL-Spitzenspiel zwischen den Black Wings Linz und RB Salzburg sowie das Debakel des Dornbirner Eishockey Clubs gegen den HC Znojmo angesehen.

Außerdem blickte der LAOLA1-Scout auch über den Tellerrand hinaus und besuchte mit Kometa Brno gegen HC Trinec ein Spiel aus der Tschechischen Extraliga.

Seine Eindrücke und Analysen bietet in gewohnter Form der Scouting-Report, in dem sich der 46-Jährige wie immer kein Blatt vor den Mund nimmt:


7.10.: Vienna Capitals - ZSC Lions 5:3

Jamie Fraser holte mit seinem Hattrick das nach, was ihm in der EBEL-Saison bis jetzt nicht vergönnt war, steht der offensivstärkste Verteidiger der Capitals bis jetzt noch ohne Ligatreffer da.

Zwar fährt Fraser ab und an aufgrund mangelnder Übersicht in Sackgassen, doch seine Beine gehören zum gehobenen Niveau in Europa. Nicht auszuschließen, dass sein Sterntag auch bei anderen Schweizer Vereinen notiert wurde, Fraser steht jedoch noch ein Jahr bei den Caps unter Vertrag.

Auch für das Team Canada beim Deutschland-Cup ist der 28-Jährige ebenso ein Thema wie der Linzer Andrew Kozek, die Spiele der Capitals in der Champions Hockey League machen ein Antreten in München für Fraser allerdings fast unmöglich.

Zahlreiche NHL-Scouts in Wien

Massenauftrieb von NHL-Scouts im Eissportzentrum Kagran: Zehn Talentesucher von neun Teams (Arizona, Chicago, Detroit, Edmonton, Nashville, Ottawa, Rangers, Toronto, Winnipeg) fanden sich Dienstag in Wien ein.

Natürlich aus konkretem Grund: Sie hofften „Follow-up reports“ der beiden Schweizer Jonas Siegenthaler und Denis Malgin anfertigen zu können und wurden auch nicht enttäuscht:

Die beiden „97er“ (das Geburtsjahr bedeutet, dass die beiden im nächsten Sommer erstmals gedraftet werden können) bekamen genug Eiszeit, um die Fahrten aus Kladno, Prag, Jihlava, Trencin und Brünn zu rechtfertigen.

Für die ausnahmslos tschechischen und slowakischen Scouts lag Wien einfach näher als die Schweiz. Der großgewachsene Siegenthaler hatte allerdings mit dem Tempo ab und an Probleme und nahm einige Risiken.

Malgin präsentierte sich als kleiner, flinker Techniker. Die Hoffnungen einiger Teams, auch Caps-Goalie David Kickert nochmals unter die Lupe nehmen zu können, erfüllten sich nicht.

9.10.: Black Wings Linz - RB Salzburg 2:1

Ein krasser Gegensatz zu den letzten zwei Donnerstagspielen aus Klagenfurt: Energie in der Halle sowie auf dem Eis, das Spiel wirkte im Vergleich dazu fast wie eine andere Sportart.

Interessant zu sehen: die verschiedenen Philosophien der beiden Coaches im Penalty-Killing. Rob Daum gibt hier nur wenigen Angreifern Eiszeit, das Duo Philipp Lukas & Chad Rau bekommt meist Doubleshifts.

Dan Rathusny hingegen rotiert fast alle seine Angreifer, setzt vor allem auf ultrakurze Einsätze. Im Gegensatz zu seiner Zeit in Villach kommt sogar Johnny Hughes zu Einsätzen in nummerischer Unterlegenheit.

Hughes macht Defensivarbeit

Apropos Hughes: Natürlich wird aus ihm nie die österreichische Version eines Selke-Anwärters für den besten Defensivstürmer.

Doch im Gegensatz zu früher, als seine Abwehrarbeit darin bestand, dem Gegenspieler in der eigenen Zone mit freundlichem Interesse zuzusehen, bemüht sich der kleine Lebemann jetzt zumindest darum, ein Hindernis darzustellen.

Vielleicht auch ein Produkt der harten Arbeit seiner Nebenmänner Ben Walter und Brett Sterling (auch keine eigentlichen Defensivspezialisten). Rathushny belohnt Hughes, dessen Produktivität dadurch natürlich gegenüber seinen Zeiten in Villach abnimmt, mit Eiszeiten, die eher nach Defensivstürmern verlangen würden. Doch diese sind im Salzburger Kader ohnehin eher rar gesät.

Meckler auf dem Abstellgleis?

Interessant auch das Powerplay der Salzburger: Hinter dem gesetzten Einserpaar Trattnig-Heinrich kommen mit Kutlak, Milam und Fahey noch drei Verteidiger im Rotationsprinzip zum Einsatz.

Jeder aus diesem Trio wäre wohl bei fast allen EBEL-Teams in der ersten Überlegenheitsformation gesetzt, können sie doch auf offensiv produktive Karrieren zurückblicken.

Schön, so eine Auswahl zu haben, aber wäre im Hinblick auf die Playoffs ein physisch starker Aufräumer nicht wertvoller als etwa Kutlak oder Milam, die doch mitunter etwas risikoreich agieren?

David Meckler fand sich nach einem schwachen Saisonstart zuletzt in der vierten Linie wieder. Ratushny kennt ihn natürlich nicht aus der letzten Saison, wo Meckler einer der schnellsten EBEL-Cracks war.

Das bevorstehende Comeback von Andi Kristler und die damit einhergehende Punkteproblematik könnte Meckler sogar ganz aus dem Lineup und in weiterer Folge aus dem Kader spülen.

10.10.: Kometa Brno – HC Trinec: 1:2

Kein Wochenende ohne Jakub Koreis: Nach seinem Abgang beim KAC heuerte er wieder in Brünn an, wo er seine angestammte Rolle als Drittliniencenter einnahm.

Ein weiteres Beispiel dafür, dass die Zeiten, wo Rollenspieler aus besseren Ligen automatisch zu EBEL-Spielträgern wurden, schon lange vorbei sind. Koreis ließ sich in Klagenfurt aber nichts zuschuldenkommen und drückte sich auch in Interviews nicht negativ über seine KAC-Zeit aus, er ist ganz einfach in seinen Mitteln limitiert.

Die Gerüchte, dass ihn Brünn aufgrund einer schweren Knieverletzung auf die Straße gesetzt hatte, erwiesen sich jedenfalls aufgrund des schnellen Comebacks als heiße Luft.

Tolle Stimmung in Brno

Die Rondo-Halle in Brno ist wohl der größte Hexenkessel in der Extraliga und war auch wie immer proppenvoll.

Das Spiel gehörte trotz der ungleichen Affiche (Tabellenvorletzter gegen –erster) zu den besseren seiner Art, dass EBEL-Spitzenteams natürlich schon längst mit Teams wie Trinec mithalten können beweisen ja die internationalen Ergebnisse der letzten Jahre.

Ein kleiner Vorteil der tschechischen Teams: Die jungen Cracks der hinteren Reihen sind den gleichaltrigen Österreichern meist körperlich weit überlegen.

12.10.: HC Znojmo - Dornbirner Eishockey Club 10:2

Ein unglaubliches Spiel: Dornbirn in den ersten zehn Minuten mit einer Unzahl an (nicht verwerteten) Chancen, das Unheil begann erst nach 26 Minuten, als Garnet Exelby einen Pass ins eigene Tor kickte. Sechs weitere Gegentreffer innerhalb von nicht einmal zehn Minuten, teilweise bedingt durch dumme Strafen, folgten.

Auch ein Kuriosum: Beide Torhüter wurden innerhalb von 44 Sekunden aus Leistungsgründen ausgewechselt. Znojmo-Coach Jiri Reznar verlor am wackeligen Tomas Tomek schon nach dem zweiten Gegentreffer das Vertrauen, David Madlener wurde von Dave MacQueen erst nach dem sechsten Gegentreffer erlöst.

Seinem Nachfolger, Neuzugang Nathan Lawson, ging es bei seinem Debüt noch schlechter: Zwei Gegentreffer, dann meldete er sich mit einer Hüftverletzung ab und Madlener musste im Schlussdrittel wieder in den Kasten.

DEC regiert auf Verteidiger-Problematik

Ist noch eine EBEL-Verteidigung so kopflastig wie die der Dornbirner? Die Top-Paare D’Aversa-Exelby und Magnan-Sertich bekommen irrsinning viel Eiszeit, selbst im Penalty-Killing darf das dritte Paar mit Lembacher und Jeitziner nicht ran.

Das änderte sich erst, als Jon D’Aversa nach einem häßlichen Check gegen den Kopf von Martin Nemcik ausschied.

Mit Nick Crawford kommt nun endlich der längst schon notwendige siebte Verteidiger dazu. Crawford, zuletzt drei Saison bei Rochester in der AHL engagiert, gilt als mobiler Eisläufer sowie als guter Puckverteiler und Schütze im Powerplay.

Kein physischer Spieler, aber diese Rollen nehmen ohnehin Exelby und Magnan ein. Crawford war auch beim Ligakonkurrenten Bozen im Gespräch.

Mink unersetzlich

Nach so einem Debakel ist Einzelkritik wenig angebracht, doch gewisse Tendenzen sind schon seit Saisonbeginn klar:

Während Chris D’Alvise wie im Vorjahr nach einem langsamen Saisonstart wieder in die Gänge kommt, bleibt Adam Miller weiter eine Riesenenttäuschung. Und die Wichtigkeit des einzigartigen Graham Mink, der das Dornbirner Powerplay mit seiner Präsenz vor dem Tor und seinen Abschlussfähigkeiten veredelte, zeigt sich erst jetzt:

Guillaume Desbiens hat zwar auch keine Angst, aber nicht einmal annähernd Minks Hände. Dass natürlich auch Luciano Aquinos Fähigkeiten, die Scheibe ins Angriffsdrittel zu tragen und dort zu verteilen, abgehen, liegt ohnehin auf der Hand.


Aus der Liga:

Zwei alte Bekannte könnten in Bälde ein Ligacomeback feiern: Ryan Kinasewich (Zagreb, Salzburg, Graz) und Oliver Labelle (im Sommer von Graz aus dem Vertrag freigekauft) stehen im Fokus einiger Vereine.