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Salzburg: Nach Debakel folgt Ursachenforschung

Salzburg: Nach Debakel folgt Ursachenforschung

Inakzeptabel. Desaströs. Unwürdig.

Salzburg, der amtierende EBEL-Champion, blamierte sich im Heimspiel gegen Fehervar AV 19 bis auf die Knochen.

Die „Bullen“ wurden vorgeführt. Überrollt von einer Offensiv-Maschinerie, die förmlich heiß lief. Am Ende standen ein kaum für möglich gehaltenes Debakel – 1:7 - und die zweite Niederlage der Platzierungs-Runde zu Buche.

Assistant Coach Reijo Ruotsalainen wirkte geschockt: „Mit so einer Leistung kann man natürlich nicht siegen. Thomas Höneckl versuchte uns im Spiel zu halten, schlussendlich war aber kein Spieler richtig auf dem Eis. Wir müssen als Team zusammenwachsen, Ausreden brauchen wir keine zu suchen.“

In der Vergangenheit liefen die Mozartstädter stets zum richtigen Zeitpunkt – sprich in den Playoffs – zu ihrer Höchstform auf. Allmählich wird es allerdings knapp, nur noch acht Spiele bleiben. LAOLA1 machte Brennpunkte ausfindig.

  • Die Defensiv-Arbeit

Es war sinnbildlich für den bisherigen Saison-Verlauf. Wie so häufig begingen die Salzburg-Cracks eine Vielzahl an eklatanten Scheibenverlusten in der Offensiv-Zone - und diese wussten die Ungarn eiskalt auszunützen. Sowohl Treffer Nummer eins durch Marton Vas, als auch Istvan Sofrons 6:0 resultierten aus einem Turnover. Mängel, welche sich wie ein roter Faden durchziehen.

Immer wieder bringt man sich durch radikale Aussetzer selbst in Bedrängnis. Zwar war die Defensive in den triumphalen Vorjahren selten das Prunkstück – 181 Gegentore bedeuteten 2010/11 nur Rang acht -, doch selbst ihre Extraklasse an vorderster Front, welche mit Robbie Earl (43 Punkte), Thomas Raffl (41) oder Ramzi Abid (38) unbestritten ist, kann darüber nicht jedes Spiel hinweg täuschen. Die Statistik belegt dies.

Trotz Sommer-Abgängen von Topscorer Ryan Duncan, Kapitän Thomas Koch oder Marco Pewal fand der Salzburger Angriff schnell zu gewohnter Stärke. Hinter Grunddurchgangs-Sieger Black Wings Linz (147 Tore) hatte man die zweitbeste Ausbeute (135). Die Abwehr-Leistung konnte diesbezüglich mit 129 erhaltenen Treffern nicht der traditionell hohen Erwartungshaltung gerecht werden, einzig drei Teams sind noch „offener“.

  • Der dichte Spielplan

„Wir vernachlässigen die Defensivarbeit, da hapert es in den Köpfen der Spieler. Zudem begehen wir in allen Zonen zu viele Fehler, diese müssen wir schleunigst abstellen“, gab Verteidiger Daniel Welser vor dem Duell mit Fehervar zu bedenken. Der Ausgang ist bekannt. Wie kann man nun Turnover oder Unkonzentriertheiten endlich abstellen?

Wegen des dicht gedrängten Kalenders mit Einsätzen am Dienstag, Freitag sowie Sonntag bestimmen wohl taktisch/regenerative Übungen die Trainings-Einheiten. Head Coach Pierre Page und seine hochprofessionellen Mitarbeiter müssen die goldene Mitte zwischen Be- und Entlastung finden. Letzteres scheint derzeit im Fokus zu stehen. Während andere Betreuer ihre Spieler nach solch Blamagen über das Eis scheuchen, gewährt Mastermind Page ihnen sogar einen Tag Verschnaufpause.

Nach den Strapazen der vergangenen Monate – mit Red Bulls Salute, Länderspielen und dem Alltag in der Liga – ist für die Kritisierten relaxen angesagt. Die Devise: Neue Kräfte tanken sowie Köpfe frei kriegen. Die „Bullen“ wirkten zu zögerlich, waren mental stets ein bis zwei Schritte hinterher und zeigten keine Gegenwehr. Schleunigst sollten die Akkus neu aktiviert werden, denn am Freitag wartet der schwere Gang nach Linz. Bis dorthin müssen die wenig „meisterlichen“ Akteure auch…

  • Die Auswärtsschwäche

…ablegen. Im neuen Jahr grassiert in Salzburg der „Ich-kann-auf-fremdem-Eis-nicht-gewinnen-Fluch“. Von sieben Auftritten wurde lediglich einer gewonnen. Zuletzt trat man am 13. Januar bei den Vienna Capitals letztmals die Heimreise mit einem Sieg im Gepäck an. Matthias Trattnig und Co. waren unter anderem in Jesenice (1:2) oder Znojmo (2:4) gern gesehene Gäste.

„Wir müssen bis zum Playoff-Auftakt am 19. Februar Konstanz finden, das ist unser großes Ziel“, gab Page unlängst die Marschroute vor. Zwei Punkte bei den Black Wings wären die Initialzündung, doch der designierte Nachfolger entwickelte sich im laufenden Bewerb zum Schreckgespenst. Von bislang vier Kräftemessen konnte die oberösterreichische Heim-Macht ebenso viele für sich entscheiden. In der Auswärts-Tabelle ist der Meister - zu Hause mit der zweitbesten Ausbeute - überdies nur Achter.

Im Kampf um das Heimrecht in der Postseason scheint ein Punkt-Gewinn nach zwei Pleiten unentbehrlich. „Auswärts müssen wir in die Spur finden, da haben wir immense Probleme“, gestand Goalie Höneckl, der gegen Fehervar neuen Diskussions-Stoff lieferte.

  • Das Tormann-Thema

Seit dem Red Bulls Salute ist ein Name in Salzburg allgegenwärtig: Marty Turco. Für das Final-Turnier der European Trophy verpflichtet, wusste die NHL-Legende (558 Spiel) vollends zu überzeugen. Seine Big-Saves entnervten die europäische Elite. Nicht nur wegen des überraschenden Triumphs eroberte er die Anhängerschaft im Sturm. Der Kanadier glänzte ebenso mit Bescheidenheit, erfüllte zahlreiche Interview-Wünsche und sein Name war unbezahlbare Werbung für Eishockey-Österreich.

Rund ein Monat nach dem Kurz-Aufenthalt in der Mozartstadt werden Spekulationen laut, wonach ein Comeback im RBS-Jersey unmittelbar bevor steht. Ein längeres Engagement wollte Turco nämlich nie ausschließen: „Je länger ich hier bin, je mehr ich das Umfeld, Leute, Geschichte und Kultur dieses Landes kennenlerne, desto mehr könnte ich mir vorstellen, zurückzukommen“, erklärte der 36-Jährige damals.

Zwar besitzt Salzburg mit Josh Tordjman einen absoluten Klasse-Mann, doch die beeindruckende Vita sowie das Leistungs-Vermögen Turcos sind nicht zu verachten. Zudem konnte Backup Höneckl, wenn er die Chance bekam, mit nur 88,33 Save-Percentage kaum überzeugen. Fällt Tordjman wie am Dienstag (Weisheitszahn) kurzfristig aus, klafft eine Lücke. Das Ziel der Titelverteidigung und der Fakt, dass Turco weiter Free Agent ist, nähren die Gerüchteküche.

Christoph Köckeis