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"Salzburg nominell eigentlich unschlagbar"

Ein Blick auf das Tableau des Halbfinales birgt ein ungewohntes Bild. Erstmals seit sechs Jahren geht die Runde der besten vier Teams ohne Salzburger Beteiligung über die Bühne.

Die Mozartstädter waren in den vergangenen Spielzeiten das Maß aller Dinge, verpassten seit dem Aufstieg in die höchste österreichische Spielklasse überhaupt nur einmal das Finale. So geschehen im ersten Jahr in der Bundesliga, als man als Liga-Neuling den siebenten und letzten Platz belegt hatte.

In den darauffolgenden Saisonen konnte das von Dosen-Imperium Red Bull gesponserte Team vier Meistertitel feiern, nur zweimal musste man sich im Endspiel geschlagen geben.

Diese Serie ist am Donnerstag in Spiel sechs der Viertelfinal-Serie gegen den KAC jäh zu Ende gegangen.

"Konnten Form nicht aufbauen"

Mit der 2:5-Niederlage in der Klagenfurter Messehalle revanchierten sich die Rotjacken für die Final-Niederlage aus dem Vorjahr und schickten den amtierenden Champion vorzeitig in den Sommerurlaub.

Für die erfolgsverwöhnten Cracks aus Salzburg, eine ungewohnte Situation.

"Ungeachtet der Verluste am Ende durch verletzte und gesperrte Spieler hatten wir eine durchwachsene Saison und haben es auch mit der schlechten Zwischenrunde nicht geschafft, noch mal richtige Playoff-Form aufzubauen", analysiert Stürmer Manuel Latusa das Ausscheiden.

Der eigentliche Leistungsträger kam in dieser Saison, auch aufgrund von Verletzungen nicht richtig auf Touren. Elf Tore in 46 Spielen sprechen eine eindeutige Sprache. Im Vorjahr konnte der gebürtige Wiener immerhin deren 27 erzielen und blühte vor allem in den Playoffs regelrecht auf. Doch nicht nur dem Leistungsabfall des Nationalspielers war es geschuldet, dass die Salzburger den Rest der Saison vor dem Fernseher verbringen müssen.

Go-to-Guy fehlte

In den entscheidenden Situationen fehlte den Bullen der "Go-to-Guy", der Spieler der in den schwierigen Situationen das Zepter in die Hand und Verantwortung übernimmt. Im letzten Jahr hatte man mit Thomas Koch und Ryan Duncan gleich zwei Cracks in den Reihen, die den Puck immer forderten und auf die sich die Mitspieler vor dem Tor verlassen konnten.

„Es fehlte jemand, der in der Offensive die Verantwortung übernimmt. Matthias Trattnig hat diesen Part immer wieder übernommen, aber es mangelte an Unterstützung. Er ist einer der besten Spieler der Liga und geht immer mit gutem Beispiel voran. Er ist vielleicht nicht der größte Plapperer, aber wenn er aufs Eis geht, ist er da. Wenn die anderen seinen Einsatz hätten, hätte man mehr herausgeholt", deckt ServusTV-Experte Gary Venner gegenüber LAOLA1 die Mängel auf.

Dennoch will der Austro-Kanadier die Ausrede der falschen Transferpolitik nicht gelten lassen. Trotz der Abgänge hatte der Noch-Meister genügend Qualität im Kader, um den Titel zu verteidigen.

"Mit Trattnig, Latusa, Danny Bois oder auch Brent Aubin hat man einen exzellenten Kern an Spielern, das Team ist nominell eigentlich unschlagbar. Für mich war es eine unglaubliche Überraschung, dass sie ausgeschieden sind, denn ich habe bis zuletzt noch geglaubt, dass sie das Spiel in Klagenfurt noch drehen werden."

Auswärts schlicht zu schwach

Ein weiterer Grund für das vorzeitige Ausscheiden der Truppe von Pierre Page war die katastrophale Auswärts-Performance. 2012 konnte man lediglich am 13. Jänner in der Albert-Schultz-Halle gegen die Vienna Capitals einen 4:3-Erfolg nach Verlängerung verbuchen. Nicht weniger als 13 Spiele wurden seit dem Jahreswechsel in der Fremde verloren.

"Wie wir auswärts gespielt haben, war eine Katastrophe und rechtfertigt keine Halbfinalteilnahme. Das habe ich in meiner Zeit in Salzburg so noch nicht erlebt", ist Latusa regelrecht entsetzt.

Eine Erklärung für die schwache Darbietung in gegnerischen Gefilden haben sowohl die Spieler als auch der TV-Experte nicht.

"Ich bin an die 30 Mal gefragt worden, warum die Salzburger auswärts so schwach sind, aber ich habe schlicht keine Antwort darauf, wie man zu Hause so stark und sich gleichzeitig auf fremden Eis so harmlos präsentiert", so Venner.

„Page geht einen guten Weg“

Trotz der bereits überschaubaren Leistungen in der Zwischenrunde stand Trainer Pierre Page, anders als sein ehemaliger Kollege Manny Viveiros in Klagenfurt, nie zur Diskussion. Während sich der nunmehrige KAC-Sportdirektor als Trainer der "Rotjacken" laut den Verantwortlichen abgenutzt hatte, sah man in Salzburg keinen Grund vorzeitig zu reagieren.

Eine richtige Entscheidung, wie Venner meint.

„Page wird zwar in der Liga immer als verrückter Professor gesehen, aber er weiß was er tut. Er lässt die Mannschaft, ähnlich wie es viele NHL-Coaches praktizieren, immer ein wenig in ein Loch fallen, um zu sehen, ob sie den Charakter und den Teamgeist haben, um sich selbst da raus zu holen. Die Spieler haben aber die Kurve nicht mehr bekommen. Page versucht mit der Akademie im Rücken andere Wege zu gehen, das Eishockey in Österreich zu verbessern und attraktiver zu machen. Wenn die Spieler ihre Leistung nicht bringen, liegt das nicht immer am Trainer. Auch wenn er meist der Erste ist, der den Kopf hinhalten muss.“

European Trophy als Mitgrund

Vielmehr sieht der 55-Jährige die Belastung in der European Trophy als Knackpunkt für die Liga-Performances. Dabei bezieht sich Venner allerdings nicht ausschließlich auf die körperliche sondern vorallem auf die mentale Belastung.

„Salzburg hat in der European Trophy sehr viel Power liegen lassen und das hat ihnen nicht wirklich gut getan. Nach dem hohen Level beim Red Bulls Salute war plötzlich der Liga-Alltag wieder da. Da spielen die international, zugegebener Maßen auch mit ein paar Gastspielern, auf höchstem Niveau und dann kann diese Mannschaft unsere Liga nicht gewinnen. Da kann doch was nicht stimmen.“

Doch es stimmt und seit Donnerstag ist es auch für alle Salzburg-Fans traurige Gewissheit: Der Liga-Dominator der letzten Jahre wird seinen Titel nicht verteidigen können.

Ein Blick auf das Halbfinal-Tableau bestätigt das.

Sebastian Rauch