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"Ich bin ein komplett anderer Trainertyp"

"Ivo, Ivo, Ivo, Ivo Jaaan"-Sprechchöre hallen durch den altehrwürdigen Bunker.

In der momentanen Situation werden sich die Fans der Graz99ers gerne an jene Momente in den ersten Jahren des neuen Jahrtausends zurückerinnern.

Momente, in denen noch Typen und Identifikationsfiguren dem Grazer Spiel ihren Stempel aufgedrückt haben. Typen, wie eben ein Ivo Jan.

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Jan beerbt Bjorkstrand

Jahre später soll nun genau dieser Ivo Jan dem Spiel der 99ers erneut seinen Stempel aufdrücken. Diesmal allerdings auf andere Art und Weise. Der mittlerweile 40-jährige Slowene ist seit Montag neuer Headcoach der Murstädter und soll nach dem völlig verpatzten Saisonstart nun die Kehrtwende herbeiführen.

Eine Kehrtwende, die vorrangig der Anfang der Woche freigestellte Headcoach Todd Bjorkstrand notwendig gemacht hat.

Nach sieben Niederlagen in den ersten acht Saisonspielen sah sich der Vorstand dazu veranlasst, Konsequenzen zu ziehen, wie auch Manager Bernd Vollmann klarstellt: "Wir haben bereits letzte Woche mehrere Szenarien durchbesprochen und nach dem vergangenen Wochenende war dann relativ klar, was wir zu tun hatten."

Gleichzeitig mit der Entlassung von Bjorkstrand wurde beschlossen, dass Jan ihm als Headcoach nachfolgen wird. Der Publikumsliebling war bereits seit der letzten Saison Co-Trainer des US-Amerikaners. Diese Saison wurde das Duo um Teppo Kivelä erweitert, der Jan weiterhin als Assistant-Coach zur Seite stehen wird.

Jan ist "glücklich und dankbar"

Ivo Jan, der in 127 Spielen für die 99ers 144 Scorerpunkte (82 Tore) verbuchen konnte, zeigte sich bei seiner Präsentation als Headcoach sichtlich dankbar und erfreut über die positive Resonanz von Medien und Fans.

"Ich bin wirklich sehr glücklich darüber, dass die Leute noch nicht vergessen haben, was ich in der Vergangenheit für diesen Klub geleistet habe. Und ich bin auch sehr dankbar dafür, dass ich nun zusammen mit Teppo diese Gelegenheit erhalte."

Vor allem auf die erwähnte Zusammenarbeit und Kommunikation miteinander und mit ihrer Mannschaft legt das Neo-Trainer-Duo besonderen Wert. Unter ihrem Vorgänger war dies großteils nicht der Fall, wie Jan auch klarstellt, der sich als "komplett andere Person und Trainertyp" beschreibt. Er sei außerdem "viel offener" und möchte "durch viel Kommunikation eine gute Vertrauensbasis mit seinen Spielern schaffen".

Die Freude ist zurück

Solch eine Basis, die den Spielern Selbstvertrauen geben soll, konnte Bjorkstrand ganz offensichtlich zu seinen Akteuren überhaupt nicht aufbauen. Somit ist es auch nicht verwunderlich, dass sich die Stimmung in der Kabine nach der Beförderung von Jan zum Headcoach sofort deutlich verbessert hat.

"Die Spieler haben wieder Freude und Spaß daran, täglich zur Eishalle zu kommen und das war zunächst auch Priorität Nummer eins. Sie sollen schließlich auch kein Problem damit haben, hart für den Erfolg dieses Vereins zu arbeiten", zeigt sich Jan bereits nach zwei Tagen positiv gestimmt und führt weiter aus, dass das Grazer Publikum eine von ihrer Grund- und Arbeitseinstellung völlig neu konstituierte Mannschaft sehen wird.

Dies sei natürlich erst der erste Schritt in eine bessere Zukunft. "Wir wissen natürlich, dass die Veränderungen und Verbesserungen nicht über Nacht passieren. Aber ich gebe mein Versprechen, dass wir hart an unseren Schwächen arbeiten und in der Tabelle wieder weiter nach vorne kommen werden."

Verbesserung des Powerplays und Eiszeit für die Jungen

Gelingen kann dies nur, wenn die 99ers anfangen, mehr Tore zu erzielen. Mit lediglich elf erzielten Treffern ist man in dieser Kategorie mit großem Abstand auf dem letzten Platz.

Neben kleineren taktischen Veränderungen soll dies vor allem durch ein verbessertes Powerplay geändert werden. "Wir arbeiten intensiv daran, denn eine der wichtigsten Sachen im Eishockey ist, dass man eine numerische Überlegenheit ausnützt."

Wirft man einen Blick auf Jans Statistiken, so sieht man, dass der Slowene in dieser Hinsicht durchaus weiß, wovon er spricht. Ebenfalls Erfahrung hat der 40-Jährige bei der Arbeit mit jungen Spielern. Von 2012 bis 2014 war er zwei Saisonen als Co.- bzw. Headcoach bei Olimpija Ljubljana tätig und musste aufgrund von finanziellen Engpässen auf viele junge slowenische Cracks zurückgreifen.

Diese Förderung der Nachwuchshoffnungen will er zusammen mit Kivelä nun auch bei den 99ers in Angriff nehmen. So wurde mit der Vereinsführung vereinbart, den jungen Spielern entsprechend Eiszeit zu geben und konsequent, sofern es das Ergebnis zulässt, mit vier Linien zu spielen.

Jan ist Gegner der Tryout-Phase

Begünstigt könnte dieses Vorhaben dadurch werden, dass Jan sich offenkundig als Gegner der Tryout-Phase äußert.

"Viele Tryout-Spieler erlegen sich selbst oft zu viel Druck auf und bringen dann nicht die Leistung, die sie unter normalen Umständen bringen würden. Zusätzlich denke ich, dass eine eingehende Spieleranalyse hinsichtlich des Charakters, der Fähigkeiten etc. vor der Verpflichtung sehr wichtig ist, damit man gleich weiß, was man bekommt."

Bei Stürmer Patrick White wurde diese Recherchearbeit anscheinend nur mangelhaft bewältigt. Sein Tryout-Vertrag wurde ebenfalls am Montag aufgelöst. Ob für ihn ein Ersatz geholt wird, steht noch nicht fest. Ein ähnlich exzessives Spielertesten in den letzten Wochen der Tryout-Phase, wie das im Vorjahr der Fall war, erscheint in Anbetracht von Jans Aussagen aber eher als unwahrscheinlich.

Jerich Jr. zurück im Vorstand

Nicht mehr getestet werden, muss hingegen ein alter Bekannter im Vorstand der Graz99ers. Herbert Jerich Jr. ist nach achtmonatiger Pause wieder zurück in der Führungsetage der Steirer. Erst Anfang des Jahres verabschiedete er sich, nachdem der von ihm geforderte Trainerwechsel nicht stattgefunden hat.

Nachdem sich sein Wunsch mit etwas Verspätung nun doch erfüllt hat, ist er zur Freude von Geschäftsführer Bernd Vollmann wieder mit an Bord: "Es ist sehr wichtig für den Verein, dass uns ein Mann mit so vielen positiven Emotionen und positiver Verrücktheit wieder unterstützt. Außerdem ist es auch ein Zeichen des Vertrauens gegenüber Teppo und Ivo."

Ein entgegengebrachtes Vertrauen, dem Ivo Jan und sein Team gerecht werden wollen. Damit die Grazer Fans in Zukunft erneut einen Grund haben, die Mauern des Bunkers mit "Ivo, Ivo, Ivo, Ivo Jaaan"-Sprechchören zum Beben zu bringen.

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Marc Schwarz