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Scouting Report: Die EBEL-Woche im Rückblick

Scouting Report: Die EBEL-Woche im Rückblick

Ein denkwürdiges Spitzenspiel, die Grenzen des HCI und NHL-Scouts in der EBEL

Wie jeden Montag nimmt LAOLA1-Scout Bernd Freimüller auch nach dem 1. Advent die vergangenen Spiele der Erste Bank Eishockey Liga unter die Lupe und gibt seine Sicht der Dinge zum besten.

Im heutigen Scouting-Report lässt er die Duelle zwischen Salzburg und den Capitals, Linz und Innsbruck sowie den Caps und Bozen Revue passieren und berichtet von der MHL-Partie der "Jungbullen" gegen St. Petersburg.


27.11.: Black Wings Linz – HC Innsbruck 2:1 n.P.

An Tagen wie diesen sieht man die heurigen Fortschritte des HC Innsbruck am besten: Das Mitteldrittel wird ab der roten Linie zugemacht, da ist es für den Gegner schwer mit Tempo durchzukommen und Odd-Man-Rushes werden kaum zugelassen.

Im eigenen Drittel agiert man um Lichtjahre physischer als in den Vorsaisonen. Coach Christer Olsson hat das Team auf ein Level gebracht, das man schon die letzten beiden Jahre hätte einnehmen können.

Allerdings: Ein Playoff-Platz wäre immer noch eine Riesensensation, zu dürftig ist das Personalkostüm der Tiroler. Selbst wenn Tiefenspieler wie Stern, Hanschitz und Schennach (Könnte auch nur einer von ihnen bei irgendeinem anderen EBEL-Team spielen?) fehlen, reicht es schon nur noch für drei Linien und fünfeinhalb (Saringer hatte einige Shifts) Verteidiger.

Wenn sich da noch wirkliche Stützen verletzen, wird es vor allem im gedrängten Spielplan um Weihnachten herum problematisch.

Zwei Junge zeigen auf

Zwei 1996 geborene Österreicher waren in diesem Spiel mit von der Partie: Mario Huber zeigt weiter Fortschritte und ist derzeit ein Fixbestandteil im Innsbrucker Lineup.

Die Fortschritte im konditionellen und taktischen Bereich unter Olsson sind unübersehbar. Zumindest bis zum letzten Drittel durfte Stefan Gaffal in der Linzer vierten Linie mitwirken. Von der Übersicht und den Händen ist er natürlich der beste der jüngeren Linzer, diese auf EBEL-Niveau umzusetzen wird aber von Fortschritten in seiner Beinarbeit abhängen.

Er ist ein sehr vornübergebeugter Eisläufer, da fehlt es an Mobilität und Agilität. Den Sommer in Skating Schools zu verbringen, wäre für ihn und Linz gut angelegtes Geld.

28.11.: RB Salzburg – Vienna Capitals 3:1

Die Ereignisse der letzten Minuten dieses Spitzenspiels sind es wert, auch Tage später noch aufgedröselt zu werden. Denn „Högschde Konzentration“, wie sie etwa DFB-Coach Jogi Löw gerne einfordert, ging da bei einigen Herren flöten:

Vor dem Ausgleich der Salzburger rammt Jamie Fraser Brett Sterling kopfüber in die Bande, dieser klammert sich dann umgehend an Fraser wie ein Ertrinkender an einen Rettungsring.

Die Hand der Refs blieb unten, aber Wien wurde in dieser Szene sicher nicht benachteiligt, wenn schon, hätten beide Spieler vom Eis müssen.

Referees nicht ganz im Bild

Ganz anders vor dem zweiten Tor: Die Salzburger ewig mit sechs Mann auf dem Eis, noch dazu spielten sie die Scheibe auch  aktiv in ihrer Wechselzone.

Spätestens als Ryan Duncan wie die Katze auf dem heißen Blechdach mehrmals zwischen Bande und Eis hin- und herhoppelte, hätten die Refs aus ihrem Tiefschlaf erwachen müssen.

Allerdings: Rotter und Naglich absentierten sich dann Sekunden später beide aus dem eigenen Defensivbereich und ermöglichen Salzburg so ein tiefes 4-3, das Trattnig, Duncan, Hughes und Sterling brilliant ausspielten. Ein seltener Fehler auf der defensiven Seite des Pucks für die Capitals.

Salzburger Verteidiger torhungrig

Matthias Trattnigs Ausgleichstreffer war das 22. Verteidigertor im 22. Saisonspiel für die Salzburger, eine unglaubliche Bilanz.

Nicht dass es beim 35-jährigen Trattnig noch irgendwelche neuen Erkenntnisse gäbe, aber in Spitzenspielen wie diesen fällt auf, wie gut neben seiner unglaublichen Physis seine Stockarbeit ist.

Er unterbricht unzählige Spielzüge des Gegners mit seinem aktiven Stock, was in der EBEL oft weit wichtiger (und ungeahndeter) ist als krachende Checks.

30.11.: Vienna Capitals – HC Bozen 2:4

Bozen diesmal mit dem Spielglück, das ihnen über einen Großteil der Saison gefehlt hat. Nach einer schnellen Zwei-Tore-Führung scorten die Südtiroler in Druckphasen des Gegners hinein und profitierten dabei auch von einem schwachen Tag von Goalie David Kickert.

Was bedeutet so ein Spiel für NHL-Scouts (Arizona und Ottawa waren vor Ort)?

Vor allem eine Erleichterung in den Reiseplanungen, ein „exotischer“ Ort wie Wien (im Vergleich zu Schweden, Finnland oder Russland) braucht nicht umgehend nochmals angesteuert zu werden. Natürlich wird Kickert nicht komplett abgeschrieben, aber im Gegensatz zu Spielern aus „echten“ Eishockeyländern kann er nicht unendlich oft beobachtet werden.

NHL-Chance nicht vorbei

Daher werden diese Teams ihn wohl erst wieder bei Spielen des Nationalteams beobachten oder dies ihren Pro-Scout-Kollegen aus Übersee überlassen.

Übrigens: Ein Giveaway wie vor dem ersten Tor stört einen Scout weit weniger als die Tatsache, dass Kickerts Konzentration im weiteren Spielverlauf darunter gelitten hatte. Doch dass 20-jährige Goalies mental noch oft Luft nach oben haben, ist für Scouts auch klar.

Auch ein gravierender Unterschied: Da in Schweden oder Finnland fast alle Spiele von Scouts gecovert werden, ergibt sich  dort eher ein Median zwischen schwachen und überragenden Spielen als bei Cracks mit weniger Coverage.

29.11.: MHL: RB Salzburg – SKA St. Petersburg 1:6

Wie alle Spiele der russischen Nachwuchsliga war auch diese Partie – bei aller Einseitigkeit im letzten Drittel – schnell und physisch, kein Vergleich zu anderen Nachwuchspielen in Österreich.

Von den fünf bei Salzburg eingesetzten Österreichern (Goalie Feichter, die Verteidiger Lindner, Duller und Birnbaum sowie Rauchenwald) steht vor allem Christoph Duller nach dieser Saison am Scheideweg.

Der Defensiv-Verteidiger kam vor zwei Jahren noch zu Kampfmannschaftseinsätzen, Don Jackson und Dan Ratushny hatten aber weniger Verwendung für ihn.

Er muss sich in der nächsten Saison gegen Senioren beweisen und sollte für Teams mit kleinen Kadern (Graz, Innsbruck, Dornbirn) eine Überlegung wert sein.

Aus der Liga:

Luciano Aquino, von Färjestads freigesellt, ist bei den Allsvenskan-Teams Malmö und Södertälje ein Thema.

Francois Fortier hängt bei Valerenga Oslo immer noch in der Warteschleife. Grund dafür: Eine fehlende Arbeits- und Spielerlaubnis. Das gleich gilt auch für die zweite Neuerwerbung, Simon Gamache, ein Offensivkünstler, der auch für einige EBEL-Vereine interessant gewesen wäre.

Durch den Zuzug von Chris Holt könnte Znojmo die Probleme auf der Goalieposition für diese Saison behoben haben.

Wieder ein Goalie-Hüne

Nach Niko Hovinen (Salzburg) kommt mit dem 1, 93 Meter großen Ex-NHLer ein weiterer Torhüterhüne in die Liga. Während Patrik Nechvatal für die Adler wenigstens ab und an gute Leistungen bot, wies Tomas Tomek zu keiner Zeit EBEL-Niveau auf. Holt soll bereits am Freitag in Klagenfurt sein Debüt bei den Tschechen geben.

Dornbirn und Garnet Exelby einigten sich auf eine Vertragsauflösung. Exelby war ein typisches Beispiel dafür, dass viele Scouts und Manager Berichte über Spieler mit großen Meriten in Nordamerika mit dem Satz „Can’t play in Europe“ abschließen.