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AHL - eine Liga wie geschnitzt für EBEL-Cracks

AHL - eine Liga wie geschnitzt für EBEL-Cracks

Die American Hockey League, kurz AHL, ist für eine nordamerikanisch geprägte Liga wie die EBEL der fruchtbarste Boden für Legionäre.

Wie sieht das Eishockey in dieser Liga aus und wie scoutet man sie am besten? LAOLA1 bietet einen Überblick:

Zwölf durchreiste Bundesstaaten, 13 besuchte Hallen, 20 Spiele, 5.000 Meilen im Auto und 28 von 30 Teams live gesehen – das ist die Ausbeute zweier Scouting-Trips im November und Februar.

Was gibt es über die AHL grundsätzlich zu wissen, wie packt man solche Trips an und wie covert man eigentlich soviele Spieler und Teams?

Die Liga

Die AHL erstreckt sich mit ihren 30 Teams (ohne Ausnahme NHL-Farmteams) fast über den ganzen Kontinent, doch ein Großteil der Teams ist im Osten der USA angesiedelt. Das wird sich in der nächsten Saison etwas ändern – fünf Mannschaften lassen sich dann in Kalifornien nieder, NHL-Teams wie Los Angeles oder San Jose wollen ihre Farmteams näher bei sich haben.

Das Hauptproblem beim Scouting dieser Liga: Die Teams bleiben innerhalb der beiden Conferencen (Ost und West) unter sich. Selbst innerhalb dieser Liga-Unterteilung gibt es einige Spiele - aufgrund der geografischen Lage - weit öfters als andere. So spielen etwa die Chicago Wolves, Rockford und Milwaukee – alle innerhalb von zwei Stunden erreichbar – unzählige Male gegeneinander, andere Conference-Gegner schauen in dieser Gegend weit seltener vorbei.

Daher gilt: Um die Liga so gut wie möglich zu covern, muss man flexibel sein. Der Osten ist leicht zu scouten: Flug nach New York oder Newark, von dort aus kann man mit dem Auto alle Ost-Teams covern. St. John's und Norfolk allerdings nur auswärts. Dazu kommen noch aus der Western Conference Utica und Rochester im Staate New York, insgesamt also 17 Mannschaften.

Der Westen dagegen ist schwieriger zu erreichen, ein guter Schedule - wie aktuell im Februar - hilft hier immens. Teams wie Toronto, Hamilton, San Antonio, Oklahoma City, Texas oder Charlotte kamen innerhalb weniger Tage nach Chicago bzw. in die von dort fünf Stunden entfernten Städte Cleveland und Des Moines.

Bei einem derartigen Programm gilt es dann nur zu entscheiden: Weniger fahren, dafür die gleichen Teams öfters zu sehen oder mit mehr Kilometereinsatz zahlreiche Mannschaften abzuarbeiten? Zweiteres ist mir lieber, denn egal ob ein oder drei Viewings eines Spielers, die Hausaufgaben müssen so oder so noch gemacht werden.

Die Spielpläne:

Der Großteil der Spiele steigt am Wochenende, Freitag bis Sonntag kann ein Scout aus unzähligen Partien wählen. Für einen guten Schlachtplan bedarf es vieler Wochentagsspiele. Grundsätzlich gilt: Donnerstag wird fast nie gespielt, auch der Montag ist eher eine Ausnahme. Bonusspiele sind "School Games", die an Wochentagen vormittags gespielt werden, da geht sich manchmal ein "Double Header" mit einem Abendspiel in der Umgebung aus. Von der Intensität sind diese allerdings mit Vorsicht zu genießen, genauso wie die Sonntagsspiele, die für viele Teams oft das dritte Spiel in drei Tagen darstellen.

Die Hershey Bears spielen in Pennsylvania regelmäßig vor 10.500 Zusehern

Die Hallen und Städte:

Die Regel ist: Es gibt keine Regeln. Die Hallen können alt und abgespielt (Syracuse, Worcester) oder neu und fast State-of-the-art (Hershey, Wilkes-Barre, Manchester) sein. Man kann in eine riesige Ex-NHL-Halle kommen (Hartford, 16.000 Plätze) oder in ein Mini-Stadion (Utica, 3.800). Fast alle Hallen sind Mehrzweck-Arenen, die sich die Eishockey-Teams mit anderen Sportarten oder Veranstaltungen (Konzerte) teilen. Nicht überall so extrem wie in Cleveland, wo die Lake Erie Monsters nur ein Anhängsel der NBA-Truppe Cleveland Cavaliers zu sein scheinen. In Städten wie Hershey oder Utica dagegen steht das Eishockey klar an erster Stelle.

Apropos Städte: Da fast alle Hallen (im Gegensatz zu einigen NHL-Arenen) im Stadtzentrum liegen, bekommt man von Downtown einiges mit. Das heißt etwa, in Utica nach dem Spiel schnell abzuhauen, die Innenstadt dort ist angsteinflößend, ähnliches gilt für Springfield. In Portland, Maine, hingegen lockt eine pittoreske Innenstadt mit netten Lokalen. Aus Bridgeport oder Hartford ist man schnell wieder in Manhattan, bei den Chicago Wolves liegt der Airport gleich nebenan.

Das Niveau der Spiele:

Das Leistungsniveau ist höchst unterschiedlich, aber das gilt ja für alle Ligen der Welt. Zeitweise werden Spiele mit hoher Intensität geführt, andere Matches plätschern emotionslos dahin. Vor allem Spiele unter der Woche, die meist vor gähnend leeren Rängen stattfinden, sind nicht immer ein Fest für die Sinne. Das Hauptproblem dabei: Für Trainings bleibt aufgrund des dichtgedrängen Spielplans kaum Zeit, dazu kommen noch die vielen Änderungen im Kader, weshalb Teams eigentlich nie zusammengespielt agieren.

Natürlich ist die AHL weiterhin physischer als das Eishockey in Europa, doch auch das hat durch die Regeländerungen der letzte Jahre stark nachgelassen. Dazu passend: Die Fights werden weniger und weniger, wie in der NHL verzichten die meisten Teams auf reine Goons. Diese Spielunterbrechungen fallen also meist weg, aber drei TV-Unterbrechungen pro Drittel sorgen dafür, dass die meisten Spiele an die 150 Minuten dauern.

Wie scoutet man die AHL?

Darren Haydar ist zurzeit beim VSV aktiv

28 Teams, das sind ungefähr 530 eingesetzte Spieler (jeweils 18 Skater und mindestens ein Goalie) – wie kann man die alle beobachten und bewerten?

Natürlich gar nicht, es gilt die jeweiligen Kader im Vorfeld zu durchforsten. Nachfolgende Cracks brauchen nicht eigens beobachtet werden, bekommen nur Berichte, wenn sie ins Auge stechen:

NHL-Prospects: Vor allem, wenn deren Kontrakte noch länger laufen und sie noch jung sind. Ein 21-jähriger Spieler im ersten Jahr seines Entry-Level-Contracts ist noch Jahre von Europa entfernt.

Europäische Spieler: Nicht nur, dass ich sie größtenteils noch aus ihrer Zeit in Europa kenne. Sie kehren natürlich – sofern sie die NHL nicht schaffen – zuerst in ihre Heimat zurück und bekommen dort wahrscheinlich noch einige Chancen, ehe sie EBEL-Material werden (Beispiel: Der Grazer Marek Zagrapan). Vor allem schwedische Spieler gibt es hier wie Sand am Meer, jedes Team hat geschätzt mindestens zwei im Lineup.

Goons und reine Tiefenspieler: Wenn sich ihre Stats schon seit Jahren etwa 70-0-5-5-160 (70 Spiele, keine Tore, fünf Assists und 160 Strafminuten) lesen, kann man getrost davon ausgehen, dass sie im europäischen Hockey wohl kaum eine Rolle spielen werden

Die Stars: Wenn man die Liga über Jahre beobachtet, kennt das geschulte Auge seine Pappenheimer: Cracks wie Andi Miele (Grand Rapids), Kris Newbury (ein Gratton-ähnliches "Häferl" aus Hershey) oder Travis Morin (Texas) gehören schon seit Jahren zur Elite der Liga, ihr Spiel verändert sich kaum. Man scannt sie, schaut ob sie noch genügend Benzin im Tank haben, doch wenn sie sich einmal für Europa entschließen, sind sie natürlich KHL- oder SHL-Material. Das gleiche gilt wohl auch für Ex-NHL-Akteure wie Verteidiger Ian White (Milwaukee), der sich seine 500 NHL-Einsätze auch noch gut vergolden lassen kann.

Diese Ligastars – zu denen vor Jahren auch Cracks wie Brett Sterling oder Darren Haydar gehörten – landen (wenn überhaupt) erst über Umwege in unserer Liga. Man kennt ihre Stärken und Schwächen schon seit Jahren, hier sind Follow-up-Reports in Europa wichtiger als Bereichte aus längst vergangenen Zeit. Als Spielertypen ändern sie sich nicht mehr, es geht lediglich darum, ob sie nicht schon zu weit über ihren Zenit hinaus sind.

Schlüsselfaktor für EBEL

Diese Ausschließungsgründe bringen die jeweiligen Kader schon auf ein vernünftiges Maß, geschätzt befasse ich mich etwa mit zehn bis zwölf Cracks pro Spiel. Je mehr Spieler man von einstigen Beobachtungen kennt, desto einfacher wird die Geschichte, man kann sich dann rein mit neuen Gesichtern befassen.

Für unsere Liga vor allem interessant: Spieler der zweiten und dritten Linien, die in ihren Junioren/College/ECHL-Zeiten gute Scorerzahlen aufwiesen, sowie mobile Puckmover an der blauen Linie. Diese Fähigkeiten mögen sich in der AHL noch nicht in entsprechenden Punkten widerspiegeln, oft auch deshalb, weil die Qualitäts-Eiszeiten (Powerplay) den NHL-Prospects bzw. den Veteranen vorbehalten sind.

Da muss man halt zwischen den Zeilen lesen, auf die Beinarbeit und Hände achten und versuchen, den Hockey Sense auszuloten. Meist handelt es sich bei diesen Europa-Kandidaten um Spieler im Alter von 23 Jahren aufwärts, die für das nordamerikanische Eishockey entweder zu klein oder zu zweikampfschwach sind. 

Brett Sterling ist sowohl in der EBEL als auch in der AHL kein Unbekannter

Kris Foucault etwa passte in dieses Profil – sein Entry-Level-Contract ging zu Ende, Minnesota betrachtete ihn als zu soft. Meist nehmen sich solche Spieler noch etwas Zeit und kommen bei anderen AHL- oder NHL-Teams unter.

Foucault oder der Grazer Luke Walker, dessen Abgang selbst die Colorado-Scouts überraschte, kamen schon sehr früh nach Europa, meist schauen die Spieler im Alter von 25 oder 26 Richtung Übersee.

Doch das hängt natürlich von deren jeweiliger Mentalität ab: Einige hecheln dem Ziel NHL ewig hinterher, andere wiederum realisieren bald, dass ihre Leistung für die große Karriere nicht reicht und bevorzugen dann ein ruhiges und gut bezahltes Leben in Europa.

Die "Kleinen" kommen zu uns

Die meisten Europa-Kandidaten sind "undersized": Den 1,90 großen Center mit tollen Händen, guter Übersicht, wunderbaren Beinen und einem soliden Defensivspiel wird man sicher nicht finden, die spielen in der NHL, wenn es sie überhaupt gibt.

Die Europa-Kandidaten sind meist kleinere Spieler, von denen es hier einige gibt. Bei den "Riegeln" – egal ob Verteidiger oder Stürmer – muss man mit großer Wahrscheinlichkeit beim Eislaufen, der Spielintelligenz oder dem Sänftegrad der Hände Abstriche machen.

Unter Insidern bekannt: Organisationen wie Hershey oder die Chicago Wolves zahlen ausgezeichnet. Dort Spieler loszueisen, ist nicht leicht. Dagegen verliert etwa Bridgeport jedes Jahr mehrere Cracks nach Europa, da die New York Islanders beim Betreiben ihres Farmteams ziemlich knauserig sind.

Alte Bekannte

20 Spiele, das ergibt knapp 200 Reports, natürlich längst nicht alle positiv, ab und zu kommt es zu einem "Can't play in Europe" oder "Would not touch this guy".  Doch neben einigen neuen Gesichtern, die die Destination Europa schon fast auf der Stirne stehen haben, sieht man auch immer wieder alte Bekannte, bei denen eine Rückkehr bevorsteht:

Corey Potter, Ex-Lockout-Defender in Wien, schielt bereits mit einem Auge über den großen Teich. Das gleiche gilt für Ex-DEL-Legionäre wie Brett Skinner oder Jamie Sifers. Caps-Flop Nicholas Deschamps fand in Syracuse Unterschlupf, wird aber nach drei europäischen Stationen innerhalb weniger Monate wohl nur mehr in Italien oder Norwegen unterkommen.

Seit Monaten wie Sauerbier angeboten: Der Ex-Salzburger Mike Duco. Er verdingt sich eine Stufe unter der AHL in Kalamazoo. Dort sah ich ihn bei meinem einzigen ECHL-Spiel, doch diese Liga verdient eigentlich wieder eine eigene Geschiche…