news

Still und heimlich Tabellenzweiter

Still und heimlich Tabellenzweiter

Die vergangenen Wochen wurde landaus und landein über Thomas Vanek, Michael Grabner und Andreas Nödl gesprochen. Es wurde vom Höhenflug des VSV berichtet, von zahnlosen „Haien“ aus Innsbruck, doch was ein wenig aus den Augen verloren ging, waren die Vienna Capitals.

Die Wiener haben mit 23 Punkten aus 13 Spielen zur Tabellenspitze aufgeschlossen und lachen nur wegen der schlechteren Tordifferenz gegenüber Villach nicht von ganz oben herab.

Am Freitag gewannen die Hauptstädter vor ausverkauftem Haus souverän mit 4:1 gegen Vanek und die 99ers. Doch woran liegt es, dass Samuelssons Mannschaft heuer zu den Besten gehört?

Fehlende Harmonie, Verletzungspech, Öffentlicher Stunk

Vor der Saison 2011/2012 wurden die Vienna Capitals von Fans, Medien und Liga-Konkurrenten als heißer Titelkandidat genannt. Eine ausgebaute Halle, ein neuer Trainer und das höchste Budget der Vereinsgeschichte sollten den langersehnten Pokal wieder in die Bundeshauptstadt holen.

Doch wie so oft kam es anders als erwartet. Von Beginn weg war bei den Wienern der Wurm drin.

Rotter fehlte fast die komplette Saison

In der vierten Runde erlitt Spielmacher und Publikumsliebling Rafael Rotter einen Kreuzbandriss und fiel für die komplette Saison aus. Dazu waren die Ergebnisse alles andere als erfreulich.

Während die Donaustädter heuer mit elf Siegen aus 13 Spielen Zweiter in Tabelle sind, so verloren sie vergleichsweise letzte Saison neun der ersten 13.

Spieler wie Pat Kavanagh wurden verpflichtet, verjagt und dann wieder zurückgeholt. Bei der Weihnachtsfeier soll gerüchteweise ein Legionär beim allseits beliebten Engel-Bengel-Spiel ein Flugticket nach Kanada von einem Teamkollegen erhalten haben.

Kurzum, es war keine Harmonie im Team. Präsident Schmid sprach öffentlich von einer fehlenden Chemie in der Mannschaft. So kam es, wie es kommen musste: Gegen den späteren Meister, Black Wings Linz, kam im Viertelfinale das vorzeitige Aus.

Charakter vor Statistik

Sportdirektor Martin Platzer trat daraufhin in die zweite Reihe zurück und der NHL-erfahrene Bernd Freimüller stellte mit Trainer Samuelsson die Mannschaft für die Saison 2012/2013 zusammen.

Mit bekannten Gesichtern aus der EBEL gingen die Capitals wenig Risiko ein. Dass es heuer harmonischer ist und mit den Wienern wieder zu rechnen sei, konnte man im Sommer bei der European Trophy bereits erahnen.  

Mit Erfolgen gegen schwedische und finnische Top-Teams holte sich der Meister von 2005 das nötige Selbstvertrauen für den Saisonstart.

Dem NHL-Import gefällt es in Wien

Festung Albert-Schultz-Halle

In der dritten Runde dann das erste Ausrufezeichen für die Hauptstädter. In Villach konnte der VSV im Penaltyschießen bezwungen werden. Zwei Tage darauf dann ein Saisonhighlight mit den Freiluftspielen im kroatischen Colosseum von Pula.

Das Spiel wurde zwar verloren, doch allein wegen der Teilnahme werden die Spieler das ihren Enkelkindern noch erzählen können.

Genauso werden sie auch von ihrer heurigen Heimstärke berichten können. Alle sechs Spiele in ihrer Halle gewannen die „Caps“. Zum Vergleich, letzte Saison waren es insgesamt zehn Erfolge in Kagran.

Auch der wiedererstarkte Francois Fortier trägt zum aktuellen Höhenflug bei. In seiner EBEL-Premierensaison erzielte der Kanadier in 61 Spielen 51 Tore. Letztes Jahr in 47 Matches netzte er 18-Mal und heuer hält er bereits bei sieben Goals.

NHL-Glamour in der Donaustadt  

Ein weiterer Grund ist die Stabilisierung der Defensive. Der Gegentorschnitt konnte über den Sommer von 3,4 auf 2,1 Treffer pro Spiel heruntergeschraubt werden. Wichtige Faktoren hören auf die Namen Jamie Fraser und Adrian Veideman.

Umso bitterer, dass sich Letzterer einen Unterarm-Bruch zuzog und für mehrere Wochen ausfällt. Doch auch NHL-Import Corey Potter von den Edmonton Oilers spielt seine Souveränität und Übersicht gekonnt aus.

Der sympathische US-Amerikaner fühlte sich von Beginn an pudelwohl in Österreichs Hauptstadt und kann sich bei einem verlängerten Lockout auch einen weiteren Verbleib in der EBEL vorstellen.

Wien wieder eine Hockey-Town

Der Höhenflug der Capitals ist kein zufälliger. Ähnlich wie in Villach wurde aus den Fehlern der Vergangenheit gelernt.

Trainer Samuelsson wurde in die Zusammenstellung des Kaders miteingebunden und mit Bernd Freimüller ist ein internationaler Top-Mann engagiert worden. Weiters haben die Spieler wieder Spaß an ihrer Arbeit.

All diese Punkte führen zu einer guten Stimmung in der Halle, unter den Fans und sind der Unterschied zur letzten Saison.

Und wer weiß: Letzte Spielzeit waren die „Caps“ der Anwärter Nummer eins auf den Pokal und versagten. Heuer sprach keiner von ihnen.

 

Alexander Planasch