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Thomas Zass - Ein Brixentaler erobert Paris

Thomas Zass - Ein Brixentaler erobert Paris

Eine Wohnung in der Rue Bardinet im „Arrondissement de l’Observatoire“, dem 14. Pariser Stadtbezirk: Dort lebt Thomas Zass seinen Traum.

Mit rund 40 Quadratmetern ist das Eigenheim zwar nicht sonderlich groß, den 22-Jährigen juckt das aber wenig. "Recht viel Freizeit bekomme ich bei Paris Volley sowieso nicht“.

Vor knapp einem Jahr wechselte der Tiroler vom VC Amstetten zum siebenfachen französischen Meister. Ein mutiger Schritt, der ihn in eine völlig neue Welt eintauchen ließ.

„Ich komme aus einer kleinen Ecke und Amstetten war auch nicht unbedingt eine Weltstadt“, schildert der Brixentaler seine neuen Lebensumstände, die auch die eine oder andere Überraschung auf Lager haben. „Ein ganzer Winter ohne Schnee – für einen Tiroler schon eine eigenartige Sache“, schmunzelt er.

Auf dem Eifelturm war er „sicher schon fünf Mal“, aber weniger aus Liebe zum Monument, sondern weil er für Freunde, die auf Besuch waren, immer wieder den Tourist-Guide mimte.

Das Spiel auf Französisch

Ein Schritt in eine andere Welt war es auch aus sportlicher Sicht. Denn Volleyball ist nicht gleich Volleyball, das weiß jetzt auch Zass. „In Frankreich wird extrem viel Wert auf Block-Verteidigung gelegt, dadurch dauern auch die Ballwechsel länger“, erklärt er.

Als Diagonal-Angreifer wurde er mit neuen Situationen am Netz konfrontiert. „Ich war es nicht gewohnt, immerzu verteidigt zu werden. Da musste ich viele neue Sachen ausprobieren, um einen Punkt zu machen.“

Weihnachten machte es "Klick"

Die Umstellung auf die neue Art zu spielen dauerte. Im Fall von Zass ungefähr bis Weihnachten.

„Am Anfang habe ich mich schwer getan. Hinzu kam, dass die ganze Mannschaft einen schlechten Saisonstart erwischt hat. Seit Weihnachten klappt es aber ganz gut.“

Und wie! Der österreichische Nationalteamspieler bewies, wie wertvoll er für die Hauptstädter sein kann, avancierte zuletzt regelmäßig zum besten Angreifer seiner Sechs. Mit insgesamt 332 Punkten ist er nur knapp hinter Todor Skrimov (349) derzeit die Nummer zwei im Team.

"Je m’appelle…"

Zweifel,  dass das Abenteuer Paris scheitern könnte, hatte er praktisch nie. „Ich war mir eigentlich sicher, dass es das Richtige für mich ist."

"Habe mein Spiel im Gesamten verbessert"

„Philipp und ich haben zuletzt vor eineinhalb Wochen miteinander gesprochen. Damals haben wir noch gehofft, dass es sich am Ende für beide ausgeht.“ Eine Wette über den Ausgang der Partie am Samstag haben die beiden ÖVV-Leistungsträger nicht abgeschlossen. „Noch nicht“, grinst Zass.

Gute Nachrede

Wie es für das Sprungwunder weitergeht, ist noch unklar. Zass hat bei den Parisern einen Einjahres-Vertrag, bei dem beide Seiten eine Option auf ein weiteres Jahr haben.

„Die Gespräche laufen gerade. Womöglich kommt aber noch etwas Anderes daher. Momentan gibt es allerdings nichts Konkretes.“

Das Feedback seiner Leistungen ist jedenfalls positiv. Das kann auch Michael Warm bestätigen. Der ÖVV-Teamchef war kürzlich beim Champions-League-Final-Four, wo er von Managern und Coaches nur Gutes hörte. „Das gilt aber nicht nur für Zass, auch Schneider und Peter Wohlfahrtstätter (Antwerpen; Anm.) konnten aufzeigen“, berichtet der gebürtige Deutsche.

Zumindest bis feststeht, ob sich das Engagement von Zass in Paris verlängert, geht sein Traum noch weiter, in der kleinen Wohnung in der Rue de Bardinet im 14. Arrondissement.

Reinhold Pühringer

Und das, obwohl er mit der französischen Sprache davor nicht viel anfangen konnte. So richtig Freundschaft geschlossen hat er mit ihr bis heute nicht.

„Das Verstehen ist mittlerweile nicht mehr das Problem, mit dem Sprechen tue ich mich aber noch schwer.“ In einem Restaurant unfallfrei bestellen könne er aber.

Das Volleyball-Vokabular beherrscht Zass hingegen bestens: „Da bleibt dir auch nicht viel übrig, da die Trainings und Video-Analysen ausschließlich in Französisch gehalten werden.“

ÖVV-Duell um Playoff-Platz

Von den vergangenen sieben Partien gewann Paris fünf. Dennoch könnte die Saison für Zass vorzeitig zu Ende gehen. Denn aufgrund des miserablen Saisonstarts liegt manderzeit nur auf dem neunten Rang, der gleichzeitig der erste Nicht-Playoff-Platz ist.

Im letzten Grunddurchgangsspiel wartet am Samstag ausgerechnet Montpellier. Die Mannschaft des zweiten österreichischen Frankreich-Legionär Philipp Schneider liegt genau auf jenem achten Platz. Ein Endspiel, in welchem die Gäste aus Montpellier die besseren Karten haben, da Paris mindestens mit 3:1 gewinnen muss.