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Warum wir kaum Volleyball-Legionäre haben

Warum wir kaum Volleyball-Legionäre haben

„Wenn man wirklich sehr gute Spieler haben möchte, kommt man nicht daran vorbei, als dass man sie ins Ausland schickt.“

So lautet der Ratschlag, den André Meyer, Präsident des europäischen Volleyball-Verbandes (CEV), Österreich mit auf den Weg für eine erfolgreiche Zukunft gibt.

Ein Blick auf die vergangenen Wochen lässt den Eindruck entstehen, dass sich die heimischen Akteure den Tipp des Luxemburgers bereits zu Herzen genommen haben.

Denn mit Peter Wohlfahrtstätter (Antwerpen) und Thomas Zass (Paris) wechselten gleich zwei Nationalspieler binnen kurzer Zeit ins Ausland.

Weit weg vom „Exportschlager“

Trotz der herrschenden Aufbruchstimmung im ÖVV-Team dürfen Meyers Worte nicht ungehört bleiben.

Denn die Gattung „Legionäre“ gehört in der Nationalmannschaft nach wie vor zu einer bedrohten Art. Neben der eingangs Erwähnten verdient lediglich Philipp Schneider (Montpellier) sein Geld noch außerhalb der österreichischen Grenzen.

Während rot-weiß-rote Fuß- und Handballer in übereuphorischer - aber eben typisch österreichischer Manier - auch gerne einmal als „Exportschlager“ tituliert werden, sind im ÖVV die „Fremdgeher“ nach wie vor rar gesät.

Doch woran liegt das? Warum bringt Österreich kaum Volleyball-Legionäre heraus? LAOLA1 hat sich auf die Suche gemacht und folgende Ursachen gefunden:

1. Fehlender Mut der Spieler

„In den letzten Jahren hat sich eine Art Automatismus entwickelt“, hat Teamchef Michael Warm eine Antwort parat.

„Bei den heimischen Vereinen haben zwar viele Österreicher gespielt, aber sie hatten nicht wirklich den Mut, sich an den internationalen Profi-Volleyball heranzuwagen“, erklärt der Deutsche, der mit seinem Wirken dies ändern möchte.

2. Zu geringe Mittel

Nicht ganz der Meinung seines Teamchefs ist Neo-Legionär Zass. Der Tiroler glaubt viel mehr, dass der Hund woanders begraben liegt.

„Wenn man einfach die Mittel nicht hat, ist es schwierig, den Sprung ins Ausland zu schaffen. Was wir jetzt vor der EM trainieren, ist in anderen Ländern Standard. Bei uns ist noch nie so viel investiert worden“, so der 22-Jährige, der aber zugibt, in den vergangenen Jahren selbst nie über einen Transfer nachgedacht zu haben.

3. Zu wenige leistungsstarke Klubs

Als einer der Hauptgründe gilt das Niveau der heimischen Volleyball-Szene. „Das Problem ist, dass es nur vier, fünf sehr gute Vereine gibt“, weiß selbst CEV-Boss Meyer.

Tirols Daniel Gavan sieht das genauso. Die Folge sind zu wenige leistungsfähige Spieler. „Momentan sind es gerade einmal 20, die für das Nationalteam ernsthaft in Frage kommen. Das ist einfach zu wenig“, meint der ÖVV-Kapitän. Die Produktion von Spielern, die für ausländische Klubs interessant sind, müsste demnach erhöht werden. Doch wir sind auf einem guten Weg.

„Vor zwei, drei Jahren hatten wir vielleicht acht Spieler auf internationalem Niveau. Das haben wir seither verdreifacht“, bestätigt Gavan, der den Aufwärtstrend zu einem großen Teil an der Verpflichtung von Warm festmacht.

„Mit ihm wurde der ideale Mann für diesen Posten geholt. Einen Besseren gibt es momentan wohl nicht.“

 

Keine Notwendigkeit

Warm selbst möchte den Aufschwung nutzen, um noch weiteren Schützlingen zu einem Auslands-Transfer zu verhelfen. Allerdings nicht auf Zwang.

„Für mich geht es gar nicht darum, dass sie unbedingt weg müssen. Für mich sind vielmehr zwei Dinge wichtig“, meint der gebürtige Nürnberger.

„Zum einen, dass sich die Jungen darüber bewusst sind, dass sie in ihrem Leben voll auf Volleyball setzen können und dass sie sich auch bei internationalen Klubs durchsetzen können. Zum zweiten ist es halt oft so, dass, wenn man sich die Karriere großer Sportler ansieht, viele den Wohnort einmal gewechselt haben. Die Erfahrung, sich abseits der Heimat durchzusetzen, führt zu einer großen Persönlichkeitsentwicklung.“

Auf dem Sprung

Die zwei jüngsten Transfers sollen freilich noch nicht das Ende der Fahnenstange sein. „Es ist durchaus denkbar, dass dieses Jahr noch ein, zwei den Sprung wagen werden“, verrät Warm.

Mitentscheidend hierfür wird wohl das Abschneiden bei der EM im September sein.

Alles in allem stehen die Zeichen aber gut, dass Schneider, Wohlfahrtstätter und Zass im ÖVV-Team nicht mehr lange unter „Artenschutz“ stehen.