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"Früher habe ich immer alles in Frage gestellt"

Mit großer Vorfreude ist Andrea Petkovic zum in dieser Woche stattfindenden Nürnberger Gastein Ladies aufgebrochen.

Schließlich war Bad Gastein 2009 nicht nur die Stätte ihres ersten großen WTA-Titels, auch die Rückkehr auf Sand war für die 26-jährige Deutsche eine willkommene Veränderung nach der eben abgelaufenen Rasen-Saison.

Im Gegensatz zu ihren meisten Landsfrauen fühlt sich „Petko“ nämlich auf der roten Asche deutlich wohler als auf Gras.  

Halbfinale bei den French Open

Bei den French Open erreichte sie heuer erstmals das Halbfinale eines Grand-Slam-Turniers. In Bad Gastein ist Petkovic nun erstmals seit dem größten Erfolg ihrer bisherigen Karriere wieder auf Sand zu sehen.

„Als ich im ersten Training die ersten Bälle durch die Mitte geschlagen habe, war ich echt froh, wieder auf Sand zu spielen. Ich spiele einfach viel lieber auf Sand“, erzählte sie im Gespräch mit LAOLA1 über ihre freudige Rückkehr.

Daran änderte auch ihr etwas mühevoller Auftaktsieg über die Tschechin Cepelova nichts. „Das war ein bisschen eine Rutschpartie. Ich hatte jetzt allerdings auch vier Wochen die Noppen an meinen Schuhen und einen festen Stand.“

Starke Leistungen in Wimbledon

Dabei lief es auch in Wimbledon alles andere als schlecht für Petkovic. Mit Parterin Rybarikova stürmte sie im Doppelbewerb bis ins Halbfinale vor, im Einzel unterlag sie trotz einer starken Leistung der späteren Finalistin Eugenie Bouchard.

„Irgendwann kann man diese Ausreden, dass man auf Rasen nicht spielen kann, nicht mehr vor sich herschieben. Für nächstes Jahr muss ich mir wohl was Neues ausdenken“, scherzte die ebenso sympathische wie eloquente Darmstädterin.

Für nächsten Schritt bereit?

Schön langsam fühlt sich Petkovic aber sowieso bereit für den nächsten Schritt. Nachdem sie in den Jahren 2012 und 2013 insgesamt eineinhalb Jahre wegen verschiedener Verletzung pausieren musste, kehrte die ehemalige Weltranglisten-Neunte in der ersten Saisonhälfte wieder in die Top 20 zurück.

Neben dem Halbfinal-Einzug in Roland Garros war vor allem der Turniersieg in Charleston ausschlaggebend für diesen Sprung nach vorne.

„Dabei ging es mir selbst bei meinem Comeback eigentlich gar nicht schnell genug. Es waren viele Tiefpunkte dazwischen, bis ich es wieder dort hin schaffte, wo ich schon einmal war. Schlussendlich war es aber schon überraschend, wie schnell es gegangen ist.“

„Werde nicht mehr panisch“

Durch die Erfolge in diesem Jahr ist Petkovic auch ruhiger geworden. Sie hat wieder den Glauben an sich selbst gefunden.

„Ich werde nach Niederlagen nicht mehr panisch. Niederlagen passieren immer wieder – selbst einer Serena Williams. Die Leistungsdichte ist mittlerweile einfach so hoch geworden. Wenn da einmal etwas nicht passt, kann man schnell einmal verlieren. Früher habe ich da dann immer alles in Frage gestellt und an mir gezweifelt. Charleston und Paris haben mir diese Ruhe gegeben, dass ich auch einmal verlieren kann und mein Weltbild nicht ins Wanken gerät.“

Durch das neu gewonnene Selbstbewusstsein scheint nun auch der ganz große Wurf nicht mehr außer Reichweite.

„Ich weiß nicht, ob der Grand-Slam-Titel ein Traum oder ein Ziel ist, es ist aber definitiv etwas, worauf jeder Spieler hinarbeitet. Ich stand vor meinem Paris-Halbfinale schon drei Mal im Viertelfinale eines Grand-Slam-Turniers. Durch das Halbfinale hatte ich das Gefühl, schon ganz nah an einem Grand-Slam-Titel zu sein und das ist noch mal eine ganz andere Motivation.“

Schwerpunkt Ernährung

Petkovic („Ich hatte schon immer sehr hohe Ambitionen und Ziele.“) will deshalb auch nichts dem Zufall überlassen und jede Möglichkeit zur Verbesserung nutzen. So hat sie in ihrer langen Verletzungszeit auch erkannt, wie wichtig die richtige Ernährung für einen Tennis-Profi ist.

„Als Spieler nimmst du normalerweise ja nicht zu, selbst wenn du Schwachsinn isst. Für die Regeneration ist es aber trotzdem wichtig, seinem Körper Gutes zuzuführen“, erklärt Petkovic, die dafür auf eine Physiotherapeutin setzt, die zugleich auch Ernährungsberaterin und Heilpraktikerin ist.

„Ich habe sie angefleht, mit mir auf die Tour mitzukommen. Sie selbst ist Veganerin und hilft mir nach den Matches, die Entzündungen, die im Körper auftauchen, durch meine Ernährung zu lindern. Dass man mehr basische Sachen zu sich nimmt und so weiter. Ich habe viel dazu gelernt, aber wenn sie dabei ist, ist es für mich einfacher.“

Vegane Ernährung, um Knie-Op zu vermeiden

Auf diesen Zug aufgesprungen ist übrigens auch schon ihr Trainer Eric van Harpen, der seit Februar in ihrem Team ist und zuvor unter anderem Patty Schnyder, Melanie Klaffner oder auch Anna Kournikova betreute.

Um eine Knie-Operation zu vermeiden, ist der 70-jährige Niederländer mittlerweile selbst auf eine vegane Ernährung umgestiegen. „Seine Knieschmerzen sind nach nur zwei, drei Wochen viel besser geworden“, so Petkovic, die selbst aber nicht völlig auf Fleisch verzichten will.

„Für mich ist es momentan kein Thema. Ich habe meinen Fleischkonsum definitiv reduziert und ich versuche weniger rotes Fleisch zu essen. Wenn es wie in Bad Gastein die Möglichkeit gibt, sich zwischen Fisch und Fleisch zu entscheiden, wähle ich mittlerweile eigentlich fast immer Fisch. Eine vegane Ernährung steht jetzt aber nicht zur Debatte.“

Kein Weizen für Petovic

Besonderen Wert legt Petkovic dafür auf das richtige Gebäck, das sie mittlerweile selbst zu Turnieren mitnimmt. „Ich versuche weizenfrei zu essen. Wenn ich eine Scheibe Weißbrot am Tag esse, passiert mir nichts. Bei Turnieren ist es aber oft so, dass es nur Nudeln gibt und wenn ich dann schon Weizenbrot gegessen habe, dann merke ich, dass mir das nicht gut tut. Wenn dieser eine Wassertropfen das Fass zum Überlaufen bringt, spüre ich richtig, wie bei mir die Energie runtergeht.“

Derzeit macht Petkovic auf jeden Fall nicht den Eindruck, als ob ein Tropfen derartiges anrichten könnte. Zu energiegeladen und motiviert wirkt die Deutsche in ihrer aktuellen Verfassung. Wie sich eine Ernährungs-Umstellung auswirken kann, machte zudem bereits Novak Djokovic vor.

Aus Bad Gastein berichtet Christian Frühwald