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"Jeder muss vom Grand-Slam-Titel träumen"

Das 9. Nürnberger Gastein Ladies kann in dieser Woche mit gleich zwei Premieren auffahren.

Mit Samantha Stosur ist nicht nur eine Grand-Slam-Siegerin am Start, auch Tamira Paszek gibt sich heuer erstmals die Ehre.

Die 24-jährige Vorarlbergerin darf sich dank einer Wild Card sowohl im Einzel als auch im Doppel (an der Seite von Annika Beck) im Hauptbewerb versuchen.

„In den letzten Jahren war es terminlich einfach schwer. Deshalb freue ich mich umso mehr, dass heuer endlich Zeit für die Premiere ist“, erklärte sie im kleinen Kreis einer Runde Journalisten, bei der auch LAOLA1 zugegen war.

Auftakt gegen Karin Knapp

Da Paszek verletzungsbedingt mehr als ein halbes Jahr pausieren musste und erst im April ihr Comeback feiern konnte, ist sie im WTA-Ranking nur mehr auf Position 242 zu finden und deshalb auch auf die Wild Card angewiesen. Dementsprechend wichtig wäre es auch, ihr Punktekonto wieder etwas aufzustocken.

In Bad Gastein trifft sie am Dienstag (2. Partie nach 10 Uhr) auf die Südtirolerin Karin Knapp, aktuelle Nummer 43 der Welt.

„Karin kenne ich schon aus Jugendzeiten. Sie steht definitiv nicht umsonst da, wo sie steht und ist demnach auch klare Favoritin. Sie hat in den letzten zwei Jahren, in denen ich meist verletzt war, sehr stabil gespielt. Ich werde aber mein Bestes geben.“

„Es geht wieder bergauf“

Nach einem holprigen Comeback, bei dem sie zu Beginn einige deutliche Niederlagen einstecken musste, sammelte sie mit der erfolgreichen Wimbledon-Qualifikation und einigen Erfolgen bei ITF-Turnieren etwas Selbstvertrauen und Spielpraxis.

„Es geht auf jeden Fall wieder bergauf. Ich bin erst auf dem Anfang von meinem Weg zurück. Das Wichtigste ist, dass jetzt wieder die Basis stimmt und ich seit ein paar Monaten verletzungsfrei bin. Der Rest kommt früher oder später“, ist sich Paszek, die sich wieder voll fit fühlt, sicher.

Als Betreuer agiert weiterhin der ehemalige Kuerten-Coach Larri Passos, der derzeit allerdings in seiner brasilianischen Heimat weilt. In den letzten Wochen begleitete sie ihr Vater auf der Tour.

Paszek setzt auf Stabilität

Paszek, die ein Jahr in Dubai wohnte, inzwischen aber wieder in ihren Heimatort Dornbirn zurückkehrte, setzt in Zukunft auf Stabilität. „Ich habe viele Achterbahnfahrten erlebt. Deshalb will ich in den nächsten Jahren auch endlich eine stabile Basis haben.“

Die vielen Trainerwechsel der Vergangenheit würde sie heute nicht mehr vollziehen. „Mein Papa war immer die stabilste Person in meinem Leben. Es hilft einem Spieler, wenn er eine Person hat, die eine gewisse Basis für einen bildet.“

Dass der Weg zurück kein leichter werden würde, war Paszek schon im Vorfeld klar. „Die ersten Partien waren eine Mega-Klatsche. Das ist mir noch nie passiert und da war es dann auch schwierig, meine Motivation zu halten. Das war schon ein Schock-Erlebnis. Dann ist es aber schnell besser geworden und ich habe einen Rhythmus bekommen.“

„Ich war ein seltener Fall“

„Nach so einer langen Pause braucht es einfach Zeit, bis man seine Trainingsleistungen ins Match umsetzt“, erklärt Paszek, die bis Jahresende wieder in den Top 100 stehen will. Dadurch würde sie bei den Australian Open fix im Hauptbewerb stehen.

Paszek beschreibt ihren Plan entspannt. Es ist offensichtlich, dass sie trotz ihres Alters schon viel erlebt hat. Seit 2005 ist sie bereits auf der Tour unterwegs. Mit 15 Jahren feierte sie in Portoroz den ersten ihrer bisher drei WTA-Titel.

„Ich war ein seltener Fall“, erinnerte sich Paszek zurück. „Natürlich war der öffentliche Druck dann groß. Es wäre sicherlich einfacher gewesen, jetzt damit zu dealen, als als Kind. Deshalb ist jetzt aber nicht meine Karriere schiefgegangen.“

Seit ihrem Debüt auf der Tour habe es auch eine Weiterentwicklung des Sports gegeben. „Das Tennis hat sich seitdem stark verändert. Es ist physischer und schneller geworden. Zudem ist mehr Preisgeld zu ergattern. Dadurch sind die Cuts gestiegen. Jeder Spieler hat die Motivation, mehr Geld zu verdienen.“

Traum vom Grand-Slam-Titel

Spricht man Paszek darauf an, dass sie schon seit über zehn Jahren mit dabei ist, kann sie es teilweise selbst kaum glauben. „Es ist extrem, wie schnell die Zeit vergeht, denn es fühlt sich nicht an wie zehn Jahre. Es gibt viele Spieler, die mit über 30 Jahren noch voll dabei sind. Deshalb bin ich auch schon gespannt, was die nächsten zehn Jahre bringen. Ich kann mir auf jeden Fall noch vorstellen, bis 35 zu spielen“, zeigt sich die Vorarlbergerin immer noch hungrig.

„Ich habe schließlich meine Ziele noch nicht erreicht.“ Dazu gehört neben den Top 10 auch ein Erfolg bei einem Grand-Slam-Turnier. „Diesen Traum muss ein Sportler immer haben.“

Keine Worte wollte Paszek übrigens über damalige Skandale wie Blutbehandlung und den Streit um die Olympia-Nominierung verlieren. „Das ist Vergangenheit und für mich abgeschlossen. Es gibt keinen Grund, dass man da wieder nachbohrt. Menschen sollten aus ihren Fehlern  lernen. Ich spreche lieber über das Positive.“

Und davon soll es in Zukunft wieder einiges zu berichten geben. In den nächsten Monaten kann sie bei sieben Turnieren noch ihr Protected Ranking von 129 einsetzen. Paszek wird die Qualifikations-Bewerbe in Washington, Toronto und vielleicht Cincinnati bestreiten.

Niederlage ist kein Drama mehr

Bei Letzterem könnte sich der Cut nicht ausgehen. Als Alternative steht ein 100.000er in Vancouver auf dem Programm. „Danach spiele ich bei den US Open in der Qualifikation und dann in Quebec, wo ich 2010 das Turnier gewann und dementsprechend gute Erinnerungen daran habe.“

Von Rückschlägen will sich Paszek nicht mehr aus der Bahn werfen lassen. „Mittlerweile habe ich die nötige Erfahrung. Man wird immer Matches gewinnen und verlieren. Die Zeiten, in denen für mich eine Niederlage ein Drama war, sind vorbei. Nächste Woche ist das nächste Match.“

Christian Frühwald