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Peter-Michael Reichel: "Wir sind relativ gesund"

Peter-Michael Reichel:
Depressionsgefährdete Personen sollten den Job des LASK-Präsidenten meiden.

Der Abstieg im Vorjahr, Fan-Proteste und auch finanziell ist der Traditionsklub nicht gerade auf Rosen gebettet – der Unterhaltungswert hält sich in überschaubaren Grenzen.

„Von elf Jahren waren sieben nicht gerade lustig“, gesteht Peter-Michael Reichel im LAOLA1-Interview.

Zu seinem Glück ist der 58-Jährige aber nicht nur im Fußball aktiv: Seit 20 Jahren ist Reichel mehr als erfolgreich im Tennis engagiert. Dort kann der Welser seine Laune aufbessern.

Das Generali Ladies Linz lockt jährlich zahlreiche Stars nach Oberösterreich, zudem sitzt er im WTA Board of Directors. Damit ist er einer der mächtigsten Europäer im Damen-Tennis.

Bei LAOLA1 spricht Reichel über die Unterschiede zum Fußball-Geschäft und er erklärt, warum die Wurzel des LASK-Übels schon lange vor seiner Ära wuchs.

Eine rosige Zukunft für die Schwarz-Weißen kann er sich durchaus vorstellen. Dafür muss sich allerdings einiges ändern.

LAOLA1: Das Generali Ladies Linz ist seit Jahren etabliert und ein fixer Bestandteil im Kalender der WTA-Tour. Jährlich kommen viele Stars nach Oberösterreich. Gibt es überhaupt noch Verbesserungspotenzial?

Peter-Michael Reichel: Das Turnier ist in 91 Ländern im TV zu sehen und diesbezüglich die einzige Veranstaltung in dieser Größe in Österreich. Vielen ist das oft gar nicht bewusst. Wir spielen zwischen Tokio mit 11 Millionen Einwohnern, Peking mit 21 Millionen und Moskau mit 12 Millionen. Linz ist eine 200.000-Einwohner-Stadt und kann ein beinahe gleichwertiges Starterfeld aufbieten. Was wir hier im Verhältnis leisten ist wirklich großartig. Das haben wir natürlich auch meiner Tochter Sandra zu verdanken.  Damit sind wir aber am Zenit. Eine Vergrößerung über mehr Preisgeld wäre nur möglich, wenn wir das Sponsoren-Investment vergrößern. Das ist in Österreich aber nicht leicht.

LAOLA1: Das wäre wahrscheinlich nur in Wien möglich.

Reichel: Wir haben schon vor Jahren mit dem damaligen Turnierdirektor des Stadthallen-Turniers, Leo-Günther Huemer, gesprochen, ob wir Damen und Herren zusammenlegen und abwechselnd in Wien und Linz spielen.  Es gibt kein Damen- und Herren-Turnier, das in der Halle gespielt wird.  Das wäre eine echte Alleinstellung in Europa gewesen. Die Wiener wollten das aber nicht.

LAOLA1: Hat die Investition auch den Hintergrund, in der Öffentlichkeit stehen zu wollen?

Reichel: Überhaupt nicht. Ich war in den ersten Jahren ja nicht einmal Präsident. Ich wollte immer eine Hintergrundrolle einnehmen. Erst durch die Probleme die wir dann hatten, weil ich nicht Präsident war, habe ich diese Position eingenommen. In Österreich ist es nun mal so, dass das Führungs-Organ auch Präsident werden muss.  Wenn wir einen Sponsor hätten, der auf diese Öffentlichkeitspräsenz Wert legt, würden wir das sofort ändern.

LAOLA1: Dieser Sponsor müsste dann aber Ihre Anteile kaufen, oder?

Reichel: Das Investment ist das eine, das andere ist das Sponsoring, um den Verein als Bühne für das Marketing vorzunehmen. Wenn ein Sponsor käme und gerne Präsident werden möchte, hätte ich damit kein Problem.

LAOLA1: Ist so eine Konstellation derzeit in Aussicht?

Reichel: Wir führen seit Jahren Gespräche im In- und Ausland einen Partner zu finden, der langfristig investieren möchte. Es gibt immer wieder Interessenten, aber es ist schwer, die notwendigen Beträge zu bekommen.

LAOLA1:
Im Sommer stand der LASK angeblich mit einer Investoren-Gruppe kurz vor dem Abschluss. Stimmt das?

Reichel: Das waren Leute, die das Ganze auch übernehmen wollten. Sie waren aber nicht dazu bereit, das Angebot konkret auf den Tisch zu legen. Die Vergangenheit hat gezeigt, dass so etwas gefährlich sein kann. Der LASK hat ja schon einiges erlebt.

LAOLA1: Welchen Einfluss auf diese Gespräche hat die Gugl? Kein echtes Fußball-Stadion zu haben, ist wahrscheinlich keine gute Ausgangssituation, oder?

Reichel: Die Gugl wird jetzt immerhin teilweise renoviert. Ab Mitte 2012 haben wir dann eine komplett neue Infrastruktur. Von den Garderoben bis hin zu den Toiletten und Buffets. Da wäre es natürlich ideal, wenn wir den Aufstieg schaffen würden. Mit der Wiedereröffnung des Stadions, das bereits 1952 gebaut wurde und damit so alt wie ich ist, könnte man in der Vermarktung etwas erreichen. Es ist aber natürlich keine Fußball-Arena.

LAOLA1: Würde der LASK den Aufstieg finanziell überhaupt verkraften?

Reichel: Wenn wir den Aufstieg schaffen würden, würde es uns finanziell sogar  wieder ein Jahr gut gehen. Das Aufstiegs-Jahr  ist immer das Leichteste. Du kommst mit laufenden Verträgen hinauf und hast eine preiswerte Mannschaft zur Verfügung. Auf der anderen Seite kriegst du die Mehreinnahmen der Bundesliga: Fernsehen, Marketing und Zuschauer. Im zweiten Jahr wird’s dann wieder schwieriger. Das hat man auch in der Vergangenheit gesehen. Ab dem zweiten Jahr hat’s gekriselt.

LAOLA1: Gibt’s beim LASK noch finanzielle Altlasten?

Reichel: Nein. Verbindlichkeiten hat man natürlich immer, wir sind aber relativ gesund. Teilweise steckt aber natürlich mein Geld drin.

LAOLA1: Würde der LASK im Winter noch mal investieren, wenn eine reelle Aufstiegschance besteht?

Reichel: Wenn wir die Chance sehen, werden wir uns sicherlich auf die Suche nach echten Verstärkungen machen. Wie zum Beispiel Henrique, der uns ja wirklich weiterhilft.

LAOLA1: Würden Sie sich den Einstieg beim LASK wieder antun?

Reichel: Wenn ich gewusst hätte, dass bestimmte Leute einfach nicht ihre Zusagen einhalten, wäre ich sicher nicht eingestiegen.  In diesen elf Jahren war es vier ganz lustig und sieben nicht. Wir mussten uns oft um negative Dinge kümmern.  Eben auch deshalb, weil das öffentliche Verständnis für unser Problem fehlt.

LAOLA1: Hat Linz ein grundsätzliches Problem mit dem Fußball? Ist er hier nicht massentauglich?

Reichel: Interessanterweise kommt Blau-Weiss in die Erste Liga und plötzlich sind 12.000 Zuschauer im Stadion – auf einer Baustelle. Das ist eigentlich phänomenal und zeigt, dass Potenzial da ist, wenn das Produkt interessant genug ist. Ein Derby oder ein Spiel gegen Rapid sind interessant genug, aber ein Spiel LASK gegen Hartberg interessiert niemanden.

LAOLA1: Was hat die Zukunft für den LASK parat?

Reichel: Wenn die Gesellschaft versteht, dass man mehr investieren muss, um einen Fußball-Klub in dieser Dimension zu haben, wird es eine rosige Zukunft geben. Wenn man weiterhin glaubt, dass man ohne Geld Spitzen-Fußball bieten kann, wird es nicht gehen. Das kann man sich abschminken.

LAOLA1: Wo sind die Unterschiede zur SV Ried? Der Klub aus dem Innviertel ist seit Jahren weitaus erfolgreicher als der LASK.

Reichel: Ried hat eine ganz andere Kostenstruktur als der LASK. Zum einen haben sie ein eigenes Stadion – das ist schon einmal ein ganz wesentlicher Punkt. Sie haben dadurch ein Vermögen und können mit dem Stadion machen, was sie wollen. Wir spielen dagegen in einer öffentlichen Anlage. Ried vermarktet den Stadion-Namen, führt die Gastronomie selber durch – das geht bei uns alles nicht. Wir haben einmal eine Benchmark gemacht, was Ried und was der LASK hat – da haben wir im Vergleich ganz schlecht ausgesehen.  Außerdem haben sie einen Hauptsponsor aus der Region – so etwas ist natürlich großartig. Hätte der LASK einen Großsponsor aus der Region, würde er wahrscheinlich auch anders dastehen.

Das Gespräch führte Christian Frühwald

LAOLA1: Wäre für euch ein größeres Turnier im Ausland ein Thema?

Reichel: Wir führen immer wieder Gespräche, wo man noch ein Turnier entwickeln könnte. Aus Asien und Deutschland gibt es derzeit viel Interesse.

LAOLA1: Auch nach zwanzig Jahren Turnier-Tennis ist der Hunger nach neuen Herausforderungen also noch nicht gestillt.

Reichel: Natürlich nicht. Für mich ist es eine Art Lebensaufgabe, das Damen-Tennis weiter zu entwickeln. Sowohl als Besitzer von Turnieren, als auch als europäischer Vertreter im WTA-Board.

LAOLA1: Wie sehen Sie die aktuelle Lage im Damen-Tennis? Fehlen die Superstars?

Reichel: Wenn Serena Williams, Maria Sharapova und Kim Clijsters ausfallen, ist es schwierig. Bei den Herren gibt es auch nur drei, mit Murray sind es vier. Bei den Damen gibt es viel mehr. Früher hatten wir die Frau Evert und die Frau Navratilova. Wenn eine krank war, haben wir kein Match mehr gehabt. Danach kamen Graf und Seles. Das ist mit der heutigen Breite nicht zu vergleichen. Damen-Tennis ist sicherlich DIE Frauen-Sportart. Durch die Gesellschaftsentwicklung in der ganzen Welt ist das Produkt quasi selbstwachsend. Das habe ich schon vor 20 Jahren gesehen.

LAOLA1: Wie stark sind Sie im WTA-Board im Einsatz?

Reichel: Das sind ungefähr 40 Arbeitstage pro Jahr und Reisen rund um die Welt. Dazu kommen zwei bis drei Telefon-Konferenzen in der Woche. Das ist also schon ein ziemlicher Job. Derzeit versuchen wir die Fernseh-Vermarktung zu verbessern.

LAOLA1: Im Tennis leisten Sie seit Jahren weltweit anerkannte Arbeit. Im Fußball läuft es als LASK-Präsident nicht so rund. Warum?

Reichel: Das ist leicht erklärt. Es gibt in Linz ein gewachsenes, geschichtliches Fußball-Problem. Nach dem Meistertitel im Jahr 1965 war der der LASK pleite und musste 67, 68 aufgefangen werden. Seit damals konnte man keine finanzielle Basis legen, die für einen nachhaltigen Erfolg sorgt. Es ist immer ein Auf und Ab und ein halbherziges Engagement von Wirtschaft und Politik. Die Messlatte sollte bei Sturm liegen. Was Graz zusammenbringt, sollte auch für Linz machbar sein. Sturm hat ein Budget über elf Millionen, wir hatten in der Bundesliga nur sieben bis acht. Jetzt haben wir nur zwei  Millionen.

LAOLA1: Wo liegt der Unterschied zwischen dem Tennis- und Fußball-Geschäft?

Reichel: Theoretisch ist es das Gleiche.  Du musst eine Medienleistung produzieren, die du möglichst gut an Sponsoren vermarkten kannst. Das ist im Fußball theoretisch der Fall, in der Praxis ist es aber schwierig. Du musst nur schauen, welche Sponsoren es bei uns gibt: Der Verbund, die Wien Energie, die Estag, die Kelaq, die Tiwag – das Engagement der Energiewirtschaft fehlt in Oberösterreich.

LAOLA1: Dabei wäre der Chef der oberösterreichischen Energie AG, Leo Windtner, der aktuelle ÖFB-Präsident.

Reichel: Theoretisch hätten wir sogar einen Heimvorteil. Derzeit ist es aber eher ein Heimnachteil.

LAOLA1:
Wie ist die Beziehung zwischen Ihnen?

Reichel: Dazu möchte ich nichts sagen. Das ist ein heikles Thema.

LAOLA1: Haben Sie es sich vor elf Jahren, als Sie beim LASK begonnen haben, einfacher vorgestellt?

Reichel: Viel einfacher. Die hohe Medienleistung, die der Fußball – die größte Sportplattform in Österreich - bietet, wird einfach nicht bezahlt.

LAOLA1: Wie schaut es finanziell derzeit aus?

Reichel: Die Restrukturierung nach dem Abstieg ist äußerst schwierig gewesen.  Wir mussten das Budget um über 50 Prozent kürzen, Personal abbauen, Spieler austauschen. Es ist uns aber besser gelungen, als wir geglaubt haben. Wir sind vorne dabei. Die Hoffnung auf den Titel lebt.

LAOLA1: Das Jahr nach dem Abstieg ist ja bekanntlich das Schwierigste.

Reichel: Sehr schwierig. Dieser ganze Missmut und die Anti-Stimmung. Die Fans sind nach den Leistungen der letzten Jahre natürlich angefressen. Kein Wunder, wir haben ja praktisch drei Jahre gegen den Abstieg gespielt.

LAOLA1: Hat Walter Schachner als Trainer wieder Feuer in die Mannschaft gebracht?

Reichel: Er hat eine super Atmosphäre reingebracht. Er ist sehr ruhig und arbeitet sehr kontrolliert und konsequent.

LAOLA1: Sie investieren selbst viel Geld in den LASK. Wie gehen Sie damit um?

Reichel: Ich bin sicherlich der größte Sportinvestor in Oberösterreich und habe wirklich sehr, sehr viel Geld in den LASK investiert. Das ist nicht leicht und es ist auch nicht lustig, immer in die eigene Tasche greifen zu müssen. Aber gut: Das ist halt auch meine Aufgabe, der ich mich gestellt habe und die muss ich jetzt konsequent umsetzen.