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Wimbledon: Erdbeeren, Regen, Emotion, Tradition

Wimbledon: Erdbeeren, Regen, Emotion, Tradition

Der „heilige Rasen“ von Wimbledon wird heuer doppelt beansprucht. Nur wenige Tage nach dem traditionsreichen Grand-Slam-Turnier starten die Olympischen Sommerspiele in London. LAOLA1 bietet einen Überblick über das größte Rasenturnier des Tennis-Kalenders:

Die Geburtsstunde der Lawn Tennis Championships liegt 135 Jahre zurück. Bereits 1877 veranstaltete der All England Lawn and Croquet Club das erste Turnier auf dem Gelände der Worple Road in Wimbledon. Durch die Zuschauer-Einnahmen sollte eine neue Rasenwalze erworben werden.

Melzer ist dreifacher Wimbledon-Sieger

In den darauffolgenden Jahren etablierte sich das Turnier als britischer Männer-Event. Ab 1884 wurde auch ein Damen-Bewerb durchgeführt, zusätzlich gab es das Herren-Doppel. 1910 wurden erstmals auch Spieler ohne britischen Pass zugelassen. Drei Jahre später fanden schließlich die ersten Damen- und Mixed-Doppel statt.

Heutzutage haben Einzel und Doppel bei Damen und Herren, sowie das gemischte Doppel, einen fixen Platz im Turnierplan. Außerdem wird ein Nachwuchsturnier ausgetragen, in dessen Siegerliste sich Jürgen Melzer 1999 überraschend eintrug.

Melzer ist auch bei den Profi-Bewerben der erfolgreichste Österreicher. 2010 gewann er mit seinem deutschen Partner Philipp Petzschner die Doppel-Trophäe, 2011 holte er an der Seite von Iveta Benesova den Mixed-Titel.

Zusätzliche Strapazen

Diese zwei Titel sind aber unbedeutend im Vergleich mit den Rekordhalterinnen der All England Championships: Billie Jean King (6 Einzel, 10 Doppel, 4 Mixed) und Martina Navratilova (9 Einzel, 7 Doppel, 4 Mixed) holten je 20 Turniersiege in Wimbledon.

Um solche Erfolge erst möglich zu machen, müssen die Veranstalter vorab unzählige Vorbereitungen treffen. So werden beispielsweise jedes Jahr die Plätze abgetragen, Risse im Boden ausgebessert und der Rasen neu gesät. Durch die Olympischen Spiele ist der Belag heuer besonderen Strapazen ausgesetzt.

Aufwendig ist die Auswahl und das Training der Ball-Kinder. Über 700 Bewerber werden getestet, 250 davon ausgewählt. Durchschnittlich sind sie 15 Jahre alt. Ab Februar müssen die Ball-Kinder alle zwei Wochen eine Trainingseinheit absolvieren, vor Ostern werden vier Einheiten am Platz durchgeführt.

Hawk-Eye überwacht die Courts

Auch die Auswahl der Schiedsrichter-Teams muss getroffen werden. 240 britische und 70 internationale Spielleiter und Linienrichter sind während der zwei Wochen im Einsatz.

Die Linienrichter werden in Neuner-Teams (Centre-Court, Court Nr. 1, 2 und 3) und Siebener-Teams (alle übrigen Plätze) eingeteilt. Pro Spiel kommen zwei Teams zum Einsatz, wobei sich diese im 75-Minuten-Rhythmus abwechseln, um die Konzentration hoch zu halten.

Die großen vier Plätze werden außerdem mit dem elektronischen Linien-Überwachungssystem „Hawk-Eye“ ausgestattet, das eine genaue Video-Wiederholung von Linien-Bällen erlaubt.

Unter den Zusehern nehmen Promis eine besondere Rolle ein. Seit 1922 gibt es auf dem Centre-Court eine königliche Loge mit 74 Plätzen, die für Mitglieder der Königsfamilie, Politiker und geladene Prominente reserviert ist.

Erdbeeren mit Sahne haben Tradition

Erdbeeren mit Sahne

Am Abend nach dem Herren-Finale findet traditionell eine Siegesfeier statt, bei der bis 1991 ein Tanz der beiden Einzel-Triumphatoren miteinander Pflicht war. Zur großen Enttäuschung von Andre Agassi wurde diese Tradition 1992 gelockert. Auf den Tanz mit Damen-Siegerin Steffi Graf hatte sich der Amerikaner - laut eigenen Angaben - sehr gefreut. Doch dazu kam es nicht.

Mit gelockerten Traditionen hat Wimbledon sonst wenig Erfahrung. So ist das Rasen-Spektakel das einzige Grand-Slam-Turnier, bei dem die Spieler immer noch zu 90% weiße Kleidung tragen müssen. Tradition hat auch das Eröffnungsspiel, das der Titelverteidiger auf dem Centre-Court bestreitet.

Der Centre-Court ist das einzige Stadion in Wimbledon, das ein verschließbares Dach hat. Dieses kommt, bedingt durch das oft sehr feuchte Wetter, häufig zum Einsatz. Die Fans sind lange Regenpausen gewöhnt. In diesen stärken sie sich durch Erdbeeren mit Sahne. Auch das hat Tradition.

 

Rainer Liebich