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Groß: "Wir müssen neue Wege gehen"

Groß:

Am 1. März tritt Robert Groß in die Fußstapfen von Ronnie Leitgeb als ÖTV-Präsident.

"Ich werde allen die Hände reichen", will der seit zwei Jahren pensionierte Sparkassen-Direktor offen an seine neue Aufgabe herangehen.

Die zahlreichen Probleme (LAOLA1-Analyse der ÖTV-Baustellen) sind dem 67-Jährigen, der seit bereits 16 Jahren den oberösterreichischen Landesverband anführt, bewusst: "Es ist Tatsache, dass wir zu wenig Masse haben - vor allem bei den jungen Spielern."

Im LAOLA1-Interview spricht Groß zudem über die Zukunft des Bundesleistungszentrums in der Südstadt, das schwierige Verhältnis des ÖTV zur Familie Thiem und welche Bedeutung der Tennis-Sport für ihn persönlich hat.

LAOLA1: Wie kam es zur Entscheidung, dass Sie neuer ÖTV-Präsident werden wollen?

Robert Groß: Angestrebt habe ich das Amt nicht. Nachdem Ronnie Leitgeb erklärt hat, dass er aus persönlichen Gründen nicht mehr kandidieren will, hat sich die ganze Sache so ergeben. Als ich mich dann zur Verfügung gestellt habe, ist die Wahl beim Länder-Kuratorium auf mich gefallen.

LAOLA1: Wie hoch schätzen Sie den Zeitaufwand für den Präsidenten-Job ein?

Groß: Ich bin seit zwei Jahren pensionierter Sparkassen-Direktor und habe jetzt genug Zeit für solche Aufgaben.

LAOLA1: Wie würden Sie Ihre Stärken bezeichnen?

Groß: Ich habe große Erfahrung und bin zudem konsequent sowie zielstrebig. Was ich mir vornehme, versuche ich auch umzusetzen.

LAOLA1: Als bundesweiter Verbandspräsident kann die öffentliche Kritik teilweise auch recht unangenehm werden. Haben Sie sich darauf schon eingestellt?

Groß: Damit habe ich kein Problem. Gerade im Tennis gibt es sehr viel Opposition. Das war schon zu Muster-Zeiten so und hat sich unter Ronnie Leitgeb nicht geändert. Ich werde allen die Hände reichen, bin aber nicht so blauäugig, dass ich glaube, dass dies ein leichtes Amt wird. Ich werde versuchen, die verfeindeten Parteien zusammenzuführen und dann werden wir sehen, was passiert. Ich habe schon mit verschiedenen Personen wie Günter Bresnik Gespräche geführt. Wir werden das Präsidium komplett umkrempeln und eine Satzungsänderung bei den ÖTV-Statuten durchführen, sodass zwei Landespräsidenten ins neue Präsidium kommen. Aber das wird dann alles im März bei der Generalversammlung in Bad Lutzmannsburg entschieden werden.

LAOLA1: Wie ist ihr Verhältnis zu den anderen Landesverbands-Präsidenten?

Groß: Ich bin einstimmig mit einer Stimmenthaltung gewählt worden. Es müsste also eigentlich gut sein. Ich bin einer der ältesten Landesverbands-Präsidenten und kenne alle anderen. Natürlich gibt es da und dort unterschiedliche Auffassungen, aber das ist eben nun meine Aufgabe, diese auf einen Nenner zu bringen.

LAOLA1: Was wird Ihr Hauptanliegen in Ihrer neuen Funktion sein?

Groß: Es ist Tatsache, dass wir zu wenig Masse haben - vor allem bei den jungen Spielern. Zudem müssen wir die wenigen Talente, die die Möglichkeiten und den Willen haben, international Fuß zu fassen, entsprechend fördern und unterstützen - sei es durch Training oder finanzielle Mittel. Meiner Meinung nach muss man mehr an einem Strang ziehen. Oft stehen die Eigeninteressen – auch von den Trainern – im Vordergrund. Ich habe schon einige Ideen im Kopf.

LAOLA1: Jürgen Waber hat schon vor zwei Wochen im LAOLA1-Interview kritisiert, dass zu wenig für das Kinder- und Jugend-Tennis in Österreich getan werde? Gibt es bereits Planungen, etwas in dieser Richtung zu unternehmen?

Groß: Wir müssen das Tennis im Kinder- und Jugendbereich attraktiver machen. Wir machen zum Beispiel schon seit vielen Jahren das Jugend-Tennis mit den orangen, roten und grünen Bällen, wodurch die Kinder leichter das Tennis-Spiel erlernen können. Auch durch Aktivitäten in den Schulen müssen wir mehr Masse erzeugen, damit mehr Kinder auf die Tennisplätze kommen. Früher waren die Kinder die ganze Zeit auf dem Platz. Heute werden sie zum Training abgeliefert, es wird brav trainiert, aber zu wenig gematcht. Da muss man neue Wege gehen.

LAOLA1: Wie ist Ihre Einstellung zum Bundesleistungszentrum in der Südstadt?

Groß: Es ist notwendig, dass das zentrale Leistungszentrum in der Südstadt weiterhin in Betrieb ist. Da und dort sind aber sicherlich Adaptierungen notwendig.

LAOLA1: Wird es wieder die Funktion eines Sportdirektors geben, wie sie Clemens Trimmel in den letzten drei Jahren ausgeübt hat?

Groß: Zuerst müssen wir analysieren. Wenn es diese Analyse gibt, werden wir wissen, was für Funktionen wir brauchen. Natürlich muss es in der Südstadt eine Koordination geben, um zum Beispiel Probleme, wie es sie seit Jahren mit der Tennisschule Bresnik gibt, lösen zu können. Ich weiß natürlich, dass man es nicht jedem recht machen kann. Das ist das Los eines ehrenamtlichen Funktionärs. Wir werden hart arbeiten und schauen, dass unter dem Strich das Optimum für das österreichische Tennis herauskommt.

LAOLA1: Wer wird diese Analyse machen?

Groß: Das wird ein Kernteam aus dem Präsidium sein. Zusätzlich werden wir auch einige Spezialisten in dieses Team hereinholen und dann die entsprechenden Entscheidungen treffen. Im Nachhinein wird man dann sehen, ob diese richtig waren. Die bis jetzt agierenden Personen haben sich bei ihren damaligen Entscheidungen ja auch etwas überlegt. Auch wenn es am Ende nicht funktioniert hat.

LAOLA1: Derzeit wird bereits auf der ÖTV-Homepage ein Sportkoordinator gesucht. Greift man hier Ihrer Analyse nicht vor?

Groß: Da Herr Trimmel nicht mehr verlängert wurde, wurde dies notwendig. Wir müssen schauen, ob es reicht, dass ein Sportkoordinator mit Hilfe von Davis- und Fed-Cup-Kapitän agiert oder ob wieder ein eigener Sportdirektor installiert werden muss. Wir wollen natürlich keinen aufgeblähten Apparat, sondern eine schlanke Struktur, damit wir kostengünstig arbeiten können.

LAOLA1: Ein heißes Thema war in den letzten Jahren das Verhältnis zwischen dem Verband und der Familie Thiem. Wie ist Ihre Einstellung zu den Streitigkeiten?

Groß: Ich kenne die Familie nur privat und das sehr oberflächlich. Wir werden natürlich versuchen, den aktuell besten österreichischen Tennis-Spieler mit ins Boot zu holen. In den letzten Jahren ist leider viel Porzellan zerschlagen worden. Es konnte nie eine optimale Lösung gefunden werden. Zuletzt wurden ihm die versprochenen Förderungen gestrichen. Ich gehe unvoreingenommen an die Sache heran. Mehr als die Hand entgegenstrecken kann ich aber nicht. Das Finanzielle ist natürlich nicht unwichtig. Man darf nicht vergessen, dass Tennis-Spieler nicht lange Zeit haben, Geld zu verdienen. Das ist eine simple Kosten/Nutzen-Rechnung. Wenn man sich anschaut, was so eine Tennis-Karriere kostet, dann ist das nicht einfach zu finanzieren. Ich verstehe die Eltern, wenn sie sehr viel investiert haben und gerne Rückflüsse vom Verband hätten. Ich bin aber guter Hoffnung, dass wir eine Lösung finden werden. Ich bin schon alt genug und habe viel Erfahrungen beim Thema Menschenführung.

LAOLA1: Welche Bedeutung hat für Sie der Tennis-Sport?

Groß: Ich bin bei den Senioren selbst fünf Mal Staatsmeister mit der Mannschaft geworden. Ich habe damals für Steyr in der Bundesliga der Senioren gespielt. Ich habe auch zum Kornspitz Team Oberösterreich sehr enge Beziehungen und spiele noch immer Tennis. Mittlerweile allerdings nicht mehr in der Meisterschaft sondern aus gesellschaftlichen Verpflichtungen. Aber das geht schon noch ganz gut (lacht).

Das Gespräch führte Christian Frühwald