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Muster: "Dann sind wir in der Steinzeit"

Muster:

Thomas Muster sieht die Entwicklung des Tennissports in Österreich nach wie vor kritisch und fordert insgesamt ein klareres Bekenntnis des Landes zum Sport.

"Sonst wird man weiter so dahindümpeln und man darf weiter keine Spitzenspieler oder Medaillen erwarten", sagte der ehemalige Weltranglisten-Erste im Tennis anlässlich eines Medientermins in Wien.

Notwendig sei vor allem mehr Geld für den Sport.

Bessere Zeiten

Tennis in Österreich hat wahrlich schon bessere Zeiten erlebt.

Die vielen aktuellen Niederlagen von Jürgen Melzer und Tamira Paszek, der Abstiegskampf der Davis-Cup-Mannschaft sowie die Vorwürfe gegen Musters ehemaligen Coach und Manager, ÖTV-Präsident Ronald Leitgeb, sind Themen, in deren Umfeld dennoch Positiv-Werbung für heimische Tennisturniere gemacht werden soll.

Muster sieht sich bestätigt

Das war auch der Grund eines Zusammentreffens von Medienvertretern mit Wien-Turnierdirektor Herwig Straka sowie Muster, der als Botschafter der Erste Bank Open in der Stadthalle dennoch weiterhin auch ein kritischer Geist ist und schon 2012 vor einer absehbaren Abwärtsbewegung gewarnt hatte.

Was ihm durchaus auch übel genommen wurde. "Man hat mich als Nestbeschmutzer bezeichnet. Aber jetzt sind wir im Tennis leider genau dort, die Tendenz ist nicht so gut", fühlt sich der 45-Jährige angesichts der aktuellen Entwicklung eher bestätigt.

Problem für Leistungssport

Sind es im Tennis die schwankenden Leistungen der Haupt-Proponenten Melzer und Paszek, so sieht Österreichs bester Tennisspieler aller Zeiten den österreichischen Leistungs-Sport allgemein mit Problemen behaftet.

"Gerade in Zeiten, in denen Kinder immer schwerer für den Sport zu begeistern sind", nimmt Muster deshalb den Bund in die Pflicht.

"Die Leichtathletik ist ein gutes Beispiel. Es war ja klar, dass es eine Pleite sein muss, wenn wir Gelder mit der Gießkanne verteilen", begrüßt Muster indirekt das neue Bundes-Sportfördergesetz.

Bekenntnis zum Sport

Deklarieren und öffnen zum Sport müsse sich in erster Linie der Staat Österreich.

"Das Sportbudget in Österreich ist relativ gering. Im Vergleich zum Kunstbudget sogar kaum vorhanden. Dann darf ich aber auch keine großen Hoffnungen in den Sport tragen und mich nicht wundern, wenn keiner Sport treiben will, wenn ich nichts dazu beitrage", kritisierte der Leibnitzer.

"Was vergleichsweise Australien raus schießt, ist sehenswert. Man muss sich hierzulande endlich zum Sport öffnen."

"Sonst sind wir in der Steinzeit"

Umso wichtiger sei es für das Tennis, dass es mit Kitzbühel und Wien zwei (Herren-) Turniere von Bedeutung weiterhin gäbe, die unbedingt zu halten seien, betonte Muster.

"Sonst sind wir in der Steinzeit", befürchtet der 44-fache Turniersieger aus der Steiermark, der 1995 die French Open gewonnen hat und 1996 für insgesamt sechs Wochen die Nummer eins der Welt gewesen war.

"Generation nach Muster fehlt"

Das regelmäßig im Oktober stattfindende Wiener ATP-Hallenturnier will sich jedenfalls weiter von Spitzenspielern unabhängig machen und reagiert vor allem auf den Zuschauer-Einbruch bei der kaufkräftigen Schicht der 20 bis 30-Jährigen.

"Die Generation nach Muster fehlt etwas, da war Tennis nicht so en vogue", hat Straka längst erkannt.

"Turnier muss auch ohne Melzer funktionieren"

Die langen Aufenthaltszeiten der Fans in der Tennishalle ("Im Fußball sind es nur 90 Minuten, im Eishockey zwei Stunden, im Tennis aber sechs bis acht Stunden") will man durch bessere Unterhaltung etwa durch mit Mobiltelefonen ansteuerbare 360-Grad-Kameras verkürzen.

Insgesamt soll sich die Facebook-Generation künftig auch beim Stadthallen-Tennis selbst besser inszenieren können. Straka: "Die Menschen sind selektiv geworden. Sie wollen nur noch das Beste, oder dass das Beste für sie herausschaut. Das Turnier muss auch unabhängig von einem Jürgen Melzer funktionieren."

Tsonga und Haas im Visier

Sportlich ist man in Wien an Jo-Wilfried Tsonga, Tommy Haas und natürlich Melzer "dran", Titelverteidiger Juan Manuel Del Potro ist eher kein Thema.

Nachfolger des im vergangenen Februar verstorbenen Turnier-Pressesprechers Gerhard Zimmer wird Karlheinz Wieser.

Der 45-jährige Steirer ist u.a. auch Medienbetreuer des Mercedes-Cups in Stuttgart, der Generali Ladies Linz, der Golf-Lyoness-Open sowie der ÖSV-Snowboarder und Ski-Crosser.

Leitgeb-Diskussion kontraproduktiv

Kontraproduktiv sehen sowohl Muster als auch Straka ("Nicht gut für das Tennis") die Diskussionen wegen der Unvereinbarkeits-Vorwürfe gegen Leitgeb, der auch als Verbandspräsident weiterhin Topspieler wie Melzer managt.

Trotz einer "schiefen Optik" wundert sich Muster aber mehr darüber, "dass man das ja auch schon wusste, als man ihn zum Präsidenten wählte."