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"Zeit, in Österreich Kräfte zu bündeln"

Die nächste Davis-Cup-"Schlacht" ist geschlagen. Österreich steht auch 2012 in der Weltgruppe der 16 besten Nationen. Noch bis Mittwoch müssen Jürgen Melzer und Co. darauf warten, ehe bei der Auslosung in Bangkok der Gegner und Schauplatz in der ersten Runde vom 10. bis 12. Februar bekannt wird.

Auf ihren neuen Kapitän, den Nachfolger des zurückgetretenen Gilbert Schaller, müssen sie wohl noch bis zum Turnier in der Wiener Stadthalle warten. Innerhalb der nächsten sechs Monate stehen im Österreichischen Tennisverband (ÖTV) aber gleich mehrere Personal-Rochaden bevor.

Leitgeb neuer Präsident?

Nicht nur ein neuer Davis-Cup-Kapitän und Sportdirektor muss gesucht werden, auch Präsident Ernst Wolner (71) wird nach fünf Amtsperioden bzw. 15 Jahren ausscheiden. Wolner entschied sich am Abend des Davis-Cup-Erfolgs zu einem unglücklichen Zeitpunkt zur Bekanntgabe seines Wunsches, dass Ronnie Leitgeb sein Nachfolger werden möge.

Schon im Februar 2004, als Günter Bresnik als Kapitän beim Auswärtsspiel in Kanada noch auf der Bank seine Schützlinge coachte, wurde die gesamte Mannschaft aus der Heimat von der Ankündigung überrascht, dass Thomas Muster Bresniks Nachfolger werde.

"Kein weiterer Kommentar"

"Ich bitte um Verständnis, dass ich vor der Wahl im März dazu keine Stellungnahme abgeben möchte", sagte Leitgeb Sonntagabend mitten in der Siegesfeier der österreichischen Mannschaft zur APA.

"Ich bin gefragt worden, und habe gesagt, dass ich prinzipiell zur Verfügung stehen würde, aber ich kann vor der Wahl im März keinen weiteren Kommentar zu dem Thema abgeben."

Er selbst möchte in der Südstadt an seinem dritten Lebensziel nach seiner Spieler- und Funktionärskarriere basteln und eine Gruppe junger Spieler an die Weltspitze führen. Dieses Projekt werde aber fünf bis sieben Jahre in Anspruch nehmen.

Es muss nicht immer Melzer sein

Besonders gern wird sich Schaller an die Auswärtssiege in Wimbledon gegen Großbritannien, in Israel und jenen in Belgien erinnern. Letzteren, weil es mit richtiger Teamarbeit (vier Spieler holten die drei entscheidenden Punkte) zum Erfolg gereicht hat.

"Es ist auch sehr wichtig für Jürgen, dass er merkt, es lastet nicht die hundertprozentige Last auf seinen Schultern." Auch die Entscheidung für eine andere Doppelvariante sei auch schon für seinen Nachfolger kein Nachteil gewesen. "Es muss nicht immer Jürgen Melzer drei Tage auf dem Platz stehen."

Zwei Top-50-Spieler wäre wichtig

Inwiefern Schaller Hoffnung hat, dass Österreich endlich einmal aus der ewigen "Pater-Noster"-Situation herauskommt, und sich schon mit einem Erstrundensieg fix für die Weltgruppe im Jahr darauf qualifiziert? "Wichtig wird sein, dass neben Melzer ein zweiter Spieler permanent in den Top 40, 50 präsent ist.

Es ist für Jürgen sehr schwer gegen Gegner wie Frankreich, Serbien, Spanien zwei Punkte zu holen, da bedarf es ja einer außergewöhnlichen Leistung." Mit dem starken Doppel, dass "gegen jedes Team dieser Erde einen Punkt holen kann" brauche es eines zweiten Einzelspielers, der eben einen zweiten Punkt holen kann. Dies ist freilich nur durch dementsprechende Ergebnisse und Erfahrungen auf der Tour möglich.

Wunschlos Deutschland

Zum Abschied äußerte Schaller noch sein Wunschlos, Österreich wird ja wieder ungesetzt sein:

"Wenn man die Namen Serbien, Spanien, Frankreich hört, da ist alles sehr schwer, egal ob auswärts oder daheim. Wenn man sich was wünschen darf, dann kann ich mir noch Deutschland vorstellen. Da hätten wir ein Heimmatch, von den Spielern her ist es sehr gleichwertig."

 

 

Trimmel wird genannt

In Sachen Schaller-Nachfolger dürfte Clemens Trimmel, dessen Name am öftesten genannt worden ist, nach wie vor ein Thema sein. Der offiziell für den rot-weiß-roten Verband in Antwerpen anwesende Wiener Landesverbands-Präsident Franz Sterba konnte nichts verraten.

"Ich kann über Namen nicht spekulieren, aber allzu viele fallen mir nicht ein. Das Anforderungsprofil ist internationale Erfahrung, und er sollte auch von den Spielern akzeptiert werden." Laut Präsident Wolner soll die Entscheidung über den neuen Kapitän bis zum Stadthallenturnier in Wien gefallen sein.

Zeit, um Bilanz zu ziehen

Für den scheidenden Schaller war es hingegen Zeit, Bilanz zu ziehen und auch in die Zukunft zu blicken. "Natürlich ist auch ein bisschen Wehmut dabei. Aber ich habe andere Aufgaben und das Team bekommt eine neue Führung und ich hoffe, dass man die eine oder andere Überraschung schaffen kann."

Schallers Vermächtnis ist nicht nur wie gewünscht die Weltgruppen-Zugehörigkeit, sondern auch eine Empfehlung in Richtung Strukturänderungen im ÖTV.

Kräfte müssen gebündelt werden

"Es wird definitiv Zeit, in Österreich die Kräfte zu bündeln. Das fängt im kleinen an über die Landesverbände bis zum ÖTV. Da gehört ein gewisser autoritärer Stil her, das schadet nicht. Aber natürlich haben die Landespräsidenten eine gewisse Autonomie erreicht und die ist es jetzt schwer abzubröckeln", spricht Schaller die bekannte Problematik der Interessen der Bundesländer an.

"Wenn man etwas erreichen will, dann muss ein klares Ziel vorgegeben sein und jeder muss mitarbeiten, auch wenn es manchmal gegen eigene Interessen geht."

Finanziell? Nicht rosig!

Schaller kennt die finanzielle Situation im ÖTV wie auch in den Landesverbänden. "Da schaut es überall nicht so rosig aus, da wird um jeden Euro gekämpft. Es muss eine klare Linie her. Die muss verfolgt werden, koste es, was es wolle."