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Groß: "Wir müssen das Rad nicht neu erfinden"

Groß:

Für ÖTV-Präsident Robert Groß ist das Davis-Cup-Duell gegen die Niederlande in Kitzbühel etwas Besonderes.

Schließlich ist es für den 67-jährigen Oberösterreicher das erste Heimspiel in seiner bislang viermonatigen Amtszeit.

„Ich freue mich auf das erste große Tennis-Fest unter meiner Ära in Österreich“, fiebert er im LAOLA1-Interview dem ersten Ballwechsel in der Gamsstadt entgegen.

Positive Zwischenbilanz nach vier Monaten

Der Nachfolger von Ronnie Leitgeb hat guten Grund zur Vorfreude. Schließlich hat Groß nicht unwesentlich dazu beigetragen, dass Dominic Thiem an diesem Wochenende sein Comeback im ÖTV-Team feiern wird.

„Ich freue mich, dass ich es geschafft habe, ein Klima zu erzeugen, dass wir nicht mehr gegen- sondern miteinander arbeiten. Es geht auch nicht um mich, Bresnik oder Thiem, sondern um das Tennis in Österreich“, freut er sich über die positive Entwicklung der letzten Wochen.

Bei uns verrät er außerdem, welche „Fundamente für die Zukunft“ er und sein Team noch legen wollen und wie die Aufbruchsstimmung im heimischen Tennis-Sport genützt werden soll.

LAOLA1: Sie sind seit vier Monaten im Amt. Seitdem ist viel im österreichischen Tennis passiert. Wie sieht ihre Zwischenbilanz aus?

Robert Groß: Ich bin auf jeden Fall mit der Entwicklung zufrieden. Sowohl mit der Arbeit im Sekretariat als auch mit der sportlichen Seite. Letzteres liegt vor allem an den erfolgreichen Gesprächen mit der Familie Thiem und Günter Bresnik.

LAOLA1: Für die Öffentlichkeit am Wichtigsten war sicherlich die Rückkehr von Dominic Thiem ins Davis-Cup-Team. Was können sie uns über den Ablauf der Gespräche mit der Familie Thiem bzw. Coach Bresnik erzählen?

Groß: Es waren sehr gute Gespräche. Ich bin jemand, der nicht streiten will. Meine Aufgabe ist es, die Rahmenbedingungen für ein erfolgreiches österreichisches Tennis zu schaffen. Meiner Meinung nach ist eine Aufbruchsstimmung zu spüren. In den Gesprächen ging es vor allem darum, dass man die Fundamente für die Zukunft errichtet. Das Wichtigste ist, dass jetzt wieder Ruhe einkehrt und der Sport im Vordergrund steht. Wir haben die richtigen Weichen für die Zukunft gestellt.

LAOLA1: Wie sind Sie mit den zahlreichen Kritiken vom Thiem-Lager am Verband umgegangen?

Groß: Ich bin erst seit März Präsident. Es wurde teilweise nicht nur die sportliche Seite kritisiert, sondern es gab auch persönliche Kritik an den damaligen Amtsträgern. Ich habe klipp und klar gesagt, dass mich die Vergangenheit nicht interessiert und wir gemeinsam in die Zukunft schauen sollten. Ich freue mich, dass ich es geschafft habe, ein Klima zu erzeugen, dass wir nicht mehr gegen- sondern miteinander arbeiten. Es geht auch nicht um mich, Bresnik oder Thiem, sondern um das Tennis in Österreich. Mir ist vor allem sehr wichtig, dass wir wieder mehr Kinder zum Tennis bekommen. Das war auch ein Thema, das wir angesprochen haben. Bis zum Herbst wollen wir da einen Plan haben.

LAOLA1: Im Herbst soll diesbezüglich also ein Konzept erstellt werden?

Groß: Wir wollen ein komplettes Sportkonzept präsentieren. Dafür müssen aber noch verschiedene Eckpunkte durchbesprochen werden. Daran arbeiten wir gerade, deshalb will ich das auch erst der Öffentlichkeit vorstellen, wenn alles fertig ist. Mir ist wichtig, dass die Individual-Förderung wieder eingeführt worden ist. Es müssen jetzt nicht mehr alle in der Südstadt trainieren, um gefördert zu werden.

LAOLA1: Bresnik soll in Zukunft die 8-14-jährigen Ost-Österreicher in der Südstadt trainieren. Gibt es schon Ideen wie das funktionieren soll?

Groß: Das ist vorerst einmal angedacht. Die Details müssen noch ausverhandelt werden. Das ist einer der Punkte, die dazu beigetragen haben, dass wir uns geeinigt haben. Wobei ich die Länder und die Eltern zu nichts zwingen kann. Wien und Burgenland haben schon einmal zugesagt. Bis zum Schulbeginn im Herbst wollen wir ein gutes Angebot anbieten können

LAOLA1: Es soll also den Eltern und Kindern ein Angebot unterbreitet werden, dass sie nicht ablehnen können.

Groß: Es geht darum, dass die Jungen eine höhere Trainings-Intensität, als bislang möglich, fahren können. Bisher war es so, dass die Talente, die in die Südstadt kamen, sowohl technische als auch konditionelle Probleme hatten. Dadurch waren die Leute sehr verletzungsanfällig, was sie in ihrer Karriere oft zurückgeworfen hat. Wir müssen schauen, dass wir gezielt und behutsam vorgehen, was die Intensität anbelangt. Wenn wir aber wirklich Spitzenspieler produzieren wollen, dann müssen sich am Ende auch die Besten durchsetzen und vor allem die, die es letztendlich wirklich wollen.

LAOAL1: Inwiefern wird in diesem Alter auf die Breite Wert gelegt?

Groß: In diesem Bereich werden wir keine große Breite haben. Da muss schon eine gewisse Selektion erfolgen. Wir beschäftigen dort schließlich echte Spitzen-Trainer. Dementsprechend müssen die Spieler auch spezielle Voraussetzungen haben. Die Breite muss in den Ländern und Vereine gefördert werden. Dort müssen die Rohdiamanten ausgewählt werden, die wir dann schleifen. Das ist im Fußball nicht anders. Eigentlich müssen wir das Rad nicht neu erfinden, wir müssen es nur tun!

LAOLA1: Ist der Verband finanziell gut genug ausgestattet für diese Pläne?

Groß: Das Finanzielle ist kein Thema. Wenn wir das nicht haben, müssen wir eh zusperren. Es wird eine Kombination zwischen Eltern, Land und Verband geben. Wir investieren öffentliche Geld in die jungen Leute. Ein paar Reserven haben wir auch noch – das können wir uns also schon leisten.

LAOLA1: Wie schätzen Sie die Chancen im Davis-Cup-Duell gegen die Niederlande ein?

Groß: Ich schätze die Chancen auf 50:50. Bei einem Heimspiel erhofft man sich aber schon einen Sieg. Ich wäre ein schlechter Präsident, wenn ich nicht an unsere Mannschaft glauben würde. Im Ranking sind wir momentan sogar ein bisschen besser. Ich hoffe, dass wir knapp gewinnen. Am Ende wird die Tagesform entscheiden.

LAOLA1: Der zweifache Kitzbühel-Sieger Robin Haase ist jetzt allerdings fix im Team der Niederländer mit dabei.

Groß: Jedes Spiel beginnt bei Null. So gut ist der momentan auch nicht drauf. Er muss auch jedes Spiel einmal gewinnen.

LAOLA1: Hat es sich aus organisatorischen Gründen ausgezahlt, dass der Länderkampf zwei Wochen vor dem ATP-Turnier in Kitzbühel ausgetragen wird?

Groß: Das wird man erst nach dem Davis Cup sehen. Wir arbeiten viel mit dem Kitzbüheler Tennis-Klub zusammen und dessen Organisation ist bekanntermaßen gut. Es ist natürlich ein großer Vorteil, wenn die Infrastruktur schon bereitgestellt ist. Mir ist auch wichtig festzuhalten, dass wir in Kitzbühel den Junior-Davis-Cup spielen, dank dem unsere jungen Spieler wichtige Erfahrungen sammeln können. Dieser Bewerb wird am Samstag vor dem Doppel gespielt.

Das Gespräch führte Christian Frühwald