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Skandal-Nudel oder bester Spieler aller Zeiten?

Skandal-Nudel oder bester Spieler aller Zeiten?

Eines steht fest: An Selbstvertrauen mangelt es Bernard Tomic nicht.

„Eines Tages werde ich der beste Spieler sein, der dieses Spiel je gespielt hat“, verkündete der 20-jährige Australier, der am Samstag in Sydney seinen dritten Turniersieg auf der ATP-Tour feierte, im Dezember im heimischen Fernsehen.

Diese Aussage fiel nur wenige Tage nach seinem Rausschmiss aus dem Davis-Cup-Team.

Kapitän Patrick Rafter zog nach mehreren Eklats die Notbremse und verordnete dem extrovertierten Ausnahme-Talent eine Nachdenkpause.

Doch Tomic schweigt nicht gerne. Er redet viel, viel lieber und erklärte, dass er ja sowieso nicht mit dem Länderkampf gegen Taiwan (1. bis 3. Februar) geplant hätte, und sich lieber auf die im Frühjahr anstehende Amerika-Tournee vorbereiten würde.

Ausgelassener Lebensstil

Der Konflikt mit Rafter kündigte sich an. Der als diszipliniert geltende Sportsmann kritisierte schon seit einiger Zeit den ausgelassenen Lebensstil von Tomic, der auch privat immer wieder für einen Skandal gut ist.

Nach der Feier zu seinem 20. Geburtstag musste nach einer (angeblich aus Spaß geführten) Prügelei mit einem seiner Freunde die Polizei eingreifen.

Bei der australischen Exekutive ist der Sohn kroatischer Einwanderer aber auch durch seine Verkehrs-Delikte schon lange kein unbeschriebenes Blatt mehr.

Tomic liebt schöne Frauen und schnelle Autos

Im Jänner 2012 bekam er an einem Tag gleich drei Strafzettel verpasst. Am Ende des Tages lief er der Polizei davon und sperrte sich in seinem Haus ein. Erst vor wenigen Wochen kam er deshalb mit einer zwölfmonatigen Bewährungsstrafe davon.

Wenig Freunde im Tennis-Zirkus

Aber auch im Tennis-Zirkus machte sich der Youngster in der Vergangenheit keine Freunde. 2009 wollte ihn Lleyton Hewitt zu einer kleinen Trainings-Session in Wimbledon einladen. Der damals 17-Jährige ließ dem ehemaligen Sieger des Turniers ausrichten, dass er ihn für nicht gut genug halte.

In Miami ließ er 2012 seinen Vater aus dem Stadion schaffen. „Ich weiß, er ist mein Vater, aber er stört mich einfach“, beschwerte er sich beim Stuhl-Schiedsrichter.

Umso bemerkenswerter ist es, dass viele Kollegen und Experten weiterhin daran glauben, dass Tomic in Zukunft an der absoluten Spitze zu finden sein wird.

Turnierdirektor hat hohe Erwartungen

Craig Tiley, der Turnierdirektor der am 14. Jänner beginnenden Australian Open, hält jedenfalls große Stücke auf Tomic: „2011 hatte er mit dem Sprung in die Top 40 seinen Durchbruch. 2012 war es schwer für ihn, er ist aber immer noch der jüngste Spieler in den Top 100."

"Er ist ein großartiger Spieler, der auf seiner langen Reise noch viel lernen wird. Wir werden noch tolle Sachen mit ihm erleben.“

Nimmt gerne den Mund voll: Bernard Tomic

Als Veranstalter würde natürlich auch Tiley von einem von Tomic ausgelösten Tennis-Boom in Down Under profitieren. „Wir haben Bernard von Beginn weg unterstützt und sind immer für ihn da.“

Australian-Open-Debüt als 16-Jähriger

Schon im Jahr 2009 debütierte er dank einer Wild Card als damals 16-Jähriger im Hauptbewerb – und fuhr mit einem knappen Vier-Satz-Erfolg über Potito Starace auch gleich seinen ersten Sieg ein.  

Seitdem gilt er in seiner Heimat als DIE große Tennis-Hoffnung. Vor allem die seit 1976 andauernde Durststrecke bei den Australian Open ist dem Land mit der großen Tennis-Tradition ein Dorn im Auge.

Zahlreiche Stars wie Pat Cash, Patrick Rafter oder Lleyton Hewitt verabsäumten es immer wieder, in die Fußstapfen des damaligen Überraschungssiegers Mark Edmondson zu treten.

Mit Tomic haben die Australier nun wieder einen Spieler, der das Zeug zum künftigen Superstar hat.

Viel Lob von Djokovic

Dieser Meinung ist auch Novak Djokovic, der in der vergangenen Woche das Potenzial des Riesen-Talents am eigenen Leib zu spüren bekam.

Beim Hopman Cup musste sich der Weltranglisten-Erste mit 4:6, 4:6 geschlagen geben. Mit 25:12 schoss Tomic mehr als doppelt so viele Winner wie der fünffache Grand-Slam-Gewinner.

„Er ist sehr talentiert und auch taktisch schon sehr weit. Er muss aber noch konstanter werden“, meinte der Serbe nach der Niederlage.

„Meistens packt er nur in Australien sein bestes Tennis aus. Es liegt an ihm, dass er auch auf anderen Belägen besser wird. Er hat aber definitiv das Spiel dazu“, so Djokovic.

„Er hat einen großartigen Touch und ist sowohl in der Offensive als auch in der Defensive stark. In den Übergängen hat er also keine Probleme. Außerdem wirkt er körperlich stärker als in der Vergangenheit. Er bewegt sich gut und hat einen guten Aufschlag. Es fehlt ihm einfach noch die Erfahrung.“

Tomic fühlt sich nach Perth bestätigt

Tomic sieht sich nach dem Hopman Cup und seinem ersten Turniersieg am Samstag in Sydney (Finalsieg über Kevin Anderson/RSA) auf seinem Weg bestätigt. „Ich habe in der Vorbereitung hart gearbeitet und das zahlt sich jetzt aus.“

In Perth ließ der Jungspund auch erstmals leise Selbstkritik aufkommen. „Ich weiß, dass ich manchmal mit meiner Konzentration Probleme habe. Deshalb arbeite ich auch viel im mentalen Bereich. Ich muss meinen Fokus bewahren.“

Dieser Meinung ist auch Hewitt, der seit einigen Monaten als Mentor von Tomic fungiert: „Es gibt keinen Zweifel, dass er außergewöhnliches Talent besitzt, aber er muss es richtig einsetzen.“

Verband strich Förderungen

Der australische Verband hat zumindest vorläufig die Geduld verloren. Zeitgleich mit dem Ausschluss aus dem Davis-Cup-Team wurden dem Problemkind seine Fördergelder gestrichen.

Diese Entscheidung wurde getroffen, nachdem Tomic, der schon über eine Million Dollar Preisgeld verdiente und zahlreiche hochdotierte Sponsoren-Verträge besitzt, in seinem neuen, gelben und 300.000 Dollar teuren Ferrari über die Straßen von Gold Coast cruiste.

Diesmal kam er aber wenigstens ohne Strafzettel davon.

Christian Frühwald