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"Kann jetzt locker drauf los spielen"

Noch selten zuvor durfte sich ein junger Spieler über eine derartige Kulisse bei seinem ersten Sieg auf der ATP-Tour freuen.

Knapp 8.000 Zuschauern nahmen nicht nur Abschied von ihrem Idol Thomas Muster, sondern feierten auch Nachwuchshoffnung Dominic Thiem.

Der 18-jährige Lichtenwörther imponierte mit seiner Coolness und genoss die für ihn noch ungewohnte Szenerie.

„Hätte diese Unterstützung nicht erwartet“

„Ich hab mich extrem darauf gefreut. Ich war überrascht, dass mich so viele Leute unterstützt haben. Das hätte ich eigentlich nicht erwartet und das war natürlich super für mich“, meinte der Youngster, der in der Wr. Stadthalle nach Kitzbühel und Bangkok erst zum dritten Mal im Hauptbewerb eines ATP-Turniers stand.

Sein Coach Günter Bresnik war auf seinen Schützling stolz: „Es war ein ganz wichtiger Schritt für ihn. Er hat sensationell gespielt und sich das ganze Match über super verhalten. Ein abgebrühter Profi hätte es nicht besser meistern können.“

„War in Kitzbühel nervöser“

„Ich war in Kitzbühel eigentlich nervöser als in der Stadthalle“, meinte Thiem. „Die Kulisse war hier natürlich um einiges beeindruckender. Auf diesem Weg möchte ich mich auch gleich für die beiden Wild Cards bedanken.“

Viel geholfen habe ihm laut Bresnik allerdings auch sein Antreten in Bangkok, wo er in der ersten Runde beinahe den routinierten Finnen Jarkko Nieminen überrascht hätte.

„Die Erfahrung aus Bangkok hat Dominic sicher geholfen. Er hat dort mit einem Bolelli, Haas oder Monfils trainiert und dabei sehr gut mitgespielt. Zudem hat er gegen Nieminen in einer ernsten Partie eine echte Chance gehabt.“

Über 1.000 Plätze gut gemacht

Die in Thailand verpassten 20 Punkte für das ATP-Ranking holte Thiem nun in Wien nach. Damit wird sich der in der Weltrangliste aktuell nur auf Position 1.890 klassierte Niederösterreicher mit einem Schlag um über 1.000 Plätze in die Top 800 verbessern.

„Diese 20 ATP-Punkte sind extrem wichtig für ihn“, erklärt Bresnik. „In der nächsten Saison kann er sich die Punkte aus der Jugendwertung in die Haare schmieren. Wenn du mit ein, zwei ATP-Punkten auf der Herren-Tour beginnst, hängst du Woche für Woche bei irgendwelchen kleinen Futuren-Turnieren in der Qualifikation herum.“

Bresnik fordert schnellen Aufstieg

In der nächsten Saison soll Thiem schon an den Top 200 kratzen. „Das wäre mein Ziel“, so Bresnik, der auf steckengebliebene Talente verweist. „Wenn es lange dauert, um im Ranking nach oben zu klettern, wird die Karriere auch langfristig wenig erfolgreich ausfallen.“

Der ehemalige Betreuer von Horst Skoff und Boris Becker will den Youngster mit solchen hochgesteckten Zielen für zukünftige Aufgaben stählen.

„Ein schlechter Trainer wäre einer, der dauernd Druck vom Spieler nimmt. Denn der Spieler kommt zwangsläufig unter Druck, den man nicht wegdiskutieren kann. Wenn ich immer ein bisschen Druck bekomme, kann ich irgendwann auch mit viel Druck umgehen. Und das kann Dominic. Das ist auch erarbeitet. Ohne Mental-Trainer – worauf ich höchsten Wert lege.“

Kein Druck gegen Darcis

Ohne Druck kann Thiem jedenfalls am Donnerstag (nicht vor 15 Uhr) ins Achtelfinale gegen Steve Darcis gehen.

Gegen den belgischen Weltranglisten-95. ist der Niederösterreicher krasser Außenseiter.

„Da kann ich um einiges lockerer drauf los spielen. Die ganze Halle wird diesmal hinter mir stehen“, fiebert Thiem seinem nächsten Einsatz entgegen.

Hoffen auf den Aufschlag

Taktisch wird sich Thiem nicht nach seinem Gegner richten: „Er ist ein Spieler, der einfach sein Spiel mit Aufschlag und Vorhand durchziehen muss. Da werden wir nicht viel taktisch auf einen Spieler einstellen“, meint Bresnik, der das Service seines Schützlings besonders hervorstreicht.

„Das ist sein Parade-Schlag. Von dem bin ich immer noch beeindruckt. In Kitzbühel hat er sogar 223 km/h serviert. Damit war er der härteste Aufschläger in der ganzen Woche. Da steckt noch viel Potenzial drin.“

Ist die Luft raus?

Mental wird die Partie gegen Darcis aber trotzdem schwierig werden. „Nach dem Muster-Match ist die Luft ein bisschen raus. Er ist ein sehr sensibler Bursche. Ich weiß noch nicht, wie er bis Donnerstag diese ganzen Emotionen verkraften kann. “

Darcis, der am Mittwoch überraschend den an sieben gesetzten Russen Nikolay Davydenko niedergerungen hat, könnte den ÖTV-Youngster allerdings auch unterschätzen.

„Für ein ATP-Turnier ist so ein junger Spieler natürlich eine sehr gute Auslosung“, gibt sich der 27-jährige Belgier siegessicher.

Christian Frühwald