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"Bin meiner Familie unglaublich dankbar!"

In Bälde ist es soweit. Am Dienstag, den 25. Oktober 2011, wird Thomas Muster sein letztes Turnier auf der ATP-Tour bestreiten.

Dank einer Wild Card wird der 44-jährige Steirer wie schon im Vorjahr sein Glück im Hauptbewerb der Erste Bank Open in der Wr. Stadthalle versuchen.

"Die Tickets sind schon rar", mahnt der ehemalige Weltranglisten-Erste seine Fans zur Eile.

"Ich habe noch nie so richtig die Gelegenheit gehabt, mich vom heimischen Publikum zu verabschieden."

Im LAOLA1-Interview spricht Muster über sein letztes großes Match, seine "Midlife-Crisis" und warum er auf seinen Reisen um die Welt ein Heimweh verspürt, das er früher nicht gekannt hat.

LAOLA1: Du bereitest dich gerade auf die Erste Bank Open in der Wr. Stadthalle vor. Wie ist das Gefühl, so kurz vor deinem letzten Turnier auf der ATP-Tour?

Muster: Ich habe noch nie so richtig die Gelegenheit gehabt, mich vom heimischen Publikum zu verabschieden. Ich habe ja schon in Kitzbühel anklingen lassen, dass man die Dinge nicht ausreizen soll. Die Stadthalle wird mein letztes großes Turnier sein. Wie ich gehört habe, sind die Tickets schon sehr rar. Da wird es hoffentlich seit langem mal wieder 10.000 Zuschauer in der Stadthalle geben – das würde mich jedenfalls sehr freuen. Ich hoffe, dass ich dann auch ein gutes Match spielen kann. Dafür muss aber auch die Auslosung mitspielen. Den Rest wird man sehen. Ich freue mich jedenfalls schon sehr auf den 25. Oktober.

LAOLA1: Du hast in diesem Jahr nur ein einziges Match gewinnen können. Ist die Bilanz für dich enttäuschend oder hast du so etwas in der Art schon erwartet?

Muster: Ich bin überhaupt nicht enttäuscht. Ich habe unglaublich viele positive Dinge mitnehmen können. Es hat viel Spaß gemacht, gegen die jungen Spieler zu spielen, die heute in der Weltrangliste ganz vorne stehen. Ich habe es genossen, mit den neuen Bällen und Materialien herum zu experimentieren und einen kurzen Einblick hinter die Kulissen zu bekommen. Ich bin von den Spielern auch toll aufgenommen worden und würde es sofort wieder machen. Ich habe in den letzten Monaten gesehen, dass der Anschluss an die Top 100 nicht nur möglich, sondern auch da ist. Ich hätte nicht gedacht, dass diese Fortschritte in so schnellen Schritten gehen. Wenn man zehn Jahre nicht mehr professionell Tennis spielt, passiert in dieser Zeit doch einiges. Ich habe in eineinhalb Jahren körperlich und technisch viel aufgeholt und habe dabei viele Emotionen und Veränderungen durchlebt. Ein anderer hat das in zehn Jahren. Es war eine unglaublich harte Arbeit. Das Publikum hat mich dafür belohnt. Bei allen Turnieren waren die Center Courts ausverkauft und das zeigt doch einen unglaublichen Respekt.

LAOLA1: Wie geht’s dir körperlich?

Muster: Super! Ich kann überhaupt nicht klagen. Wenn ich mich in der Früh so anschaue, war ich vor vier, fünf Jahren sicherlich bedeutend schlechter beinander. Jetzt ist das schon um einiges besser. Das Beste, was ich für meinen Körper machen hätte können, war, mit dem Training zu beginnen. Ich bin halt auch ein bisschen ein extremer Typ. Es ist so, dass man versucht, den Körper zu reizen und das Letzte aus sich herauszuholen. Da tut es dann natürlich schon ein paar Mal weh. Das muss man wegstecken. Es gibt keinen Sport und vor allem keinen Leistungssport, bei dem man keinen Schmerz verspürt. Sonst geht man nicht an seine Leistungsgrenzen. Ein Auto zu testen und keinen Crash zu bauen - das geht nicht – dann ist man nicht schnell. Einmal muss man die Grenzen kennen lernen.

LAOLA1: Deine Frau hat gesagt, dass du eine kleine Midlife-Crisis durchmachst. Freut sie sich, wenn du wieder daheim bist?

Muster: Wenn man ein paar Wochen weg ist und Turniere spielt, hat man natürlich Sehnsucht nach zu Hause. Dieses Heimweh habe ich früher nicht gekannt. Wenn man eine Tochter hat, die so herzerfrischend ist und viele Dinge des Lebens ganz anders erscheinen lässt. Und meine Frau ist auch froh, wenn ich da bin. Sie hat ja keinen Tennisspieler in dem Sinne geheiratet. Sie hat keinen Thomas Muster sondern einen Thomas geheiratet. Sie ist froh, wenn sich das Familienleben wieder ein bisschen beruhigt. Und meine Tochter mir nicht mehr beim Tasche packen zuschaut. Ich bin meiner Familie aber natürlich dankbar, dass sie das mit mir gemeinsam durchgestanden hat. Es wird noch ein paar Senior-Events und das eine oder andere Challenger-Turnier geben – aber nichts Großartiges mehr.

LAOLA1: Du hast vorher schon gesagt, dass du ein Mann der Extreme bist. Man erinnere sich nur an die berüchtigten Fotos beim Golf spielen. Wirst du in körperlicher Hinsicht in Zukunft einen Mittelweg finden?

Muster: Ich kann keinen Mittelweg finden (lacht). Das Golfspielen habe ich hinter mir. Irgendetwas anderes werde ich aber schon finden.

LAOLA1: Wirst du Tennis in Zukunft ganz aus deinem Leben streichen?

Muster: Natürlich versuche ich, es ein bisschen zu verfolgen. Ich bin dann ja nur mehr Konsument. Wenn man aktiv mitmacht, hat man einen ganz anderen Zugang. Ich bin bei einem Turnier einfach am liebsten selber am Platz und nicht Zuschauer. Das wird aber nicht ewig gehen (lacht).

Das Gespräch führte Christian Frühwald