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"Ich bin nicht der Typ, der auf der Strecke bleibt!"

Am 23. März zerplatzten alle Hoffnungen Daniel Köllerers auf eine Fortsetzung seiner Tennis-Karriere wie eine Seifenblase.

Der Sportschiedsgerichtshof (CAS) in Lausanne bestätigte das Urteil der Tennis Integrity Unit vom 31. Mai 2010 und damit die lebenslange Sperre des 28-jährigen Oberösterreichers wegen Wettbetrugs.

Nur die ebenfalls verhängte Geldstrafe in Höhe von 100.000 US-Dollar (75.517 Euro) wurde dem ehemaligen ÖTV-Daviscupper erlassen.

Mit einem Schlag wurde dem Vater eines zehn Monate alten Mädchens die Lebensgrundlage entzogen. Kein Wunder, dass Köllerer auch noch zwei Monate nach dem endgültigen Urteil die neue Situation verarbeiten muss.

„Richtig umgehen kann man nicht wirklich damit. Ich arbeite aber daran, mein Leben neu zu gestalten“, erzählt der Welser im LAOLA1-Interview.

Darin spricht Köllerer auch über seine Zukunftspläne, seine Fehler aus der Vergangenheit und die Schwierigkeiten im Alltag, die aufgrund seines Bekanntheitsgrades auftreten.

LAOLA1: Hast du die Entscheidung vom CAS schon verarbeiten können?

Daniel Köllerer: Ich bin gerade dabei. Richtig umgehen kann man nicht wirklich damit. Ich habe mir jetzt aber professionelle Hilfe geholt und werde daran arbeiten, mein Leben neu zu gestalten.

LAOLA1: Wie schaut diese professionelle Hilfe aus?

Köllerer: Ich arbeite wieder mit einem Mental-Coach und Psychologen zusammen. Die ganze Geschichte ist ja nicht lustig. Irgendwann wird einem das Ganze einfach zu viel und ich habe kein Problem damit, zu einem Psychologen zu gehen und mit ihm darüber zu reden.

LAOLA1: Inwiefern darfst du nach diesem Urteil noch im Tennisbereich arbeiten?

Köllerer: Das klingt jetzt herablassend, ist es aber nicht, aber zur Zeit darf ich mit Hausfrauen, Pensionisten oder Firmenbesitzern bzw. Kindern Trainerstunden spielen. Die Zeit auf der Tour ist für mich leider vorbei.

LAOLA1: Willst du dem Tennis also weiter verbunden bleiben oder gänzlich damit abschließen?

Köllerer: Ich will an die ITF herantreten, ob die Möglichkeit besteht, dass ich zumindest in Österreich ÖTV-Turniere und Meisterschaft spielen darf. Dadurch kann man sich ja doch eine Stange Geld erspielen. Zumindest wäre es für mich in der jetzigen Situation eine Stange Geld. Wenn ich mir am Wochenende 300 Euro erspiele, ist das für mich schon etwas. Ich gebe zwar Trainerstunden, habe dabei aber nicht so einen Kundenstamm wie zum Beispiel ein Mario Haider-Maurer oder ein Markus Egger.

LAOLA1: Wie kann man sich das Leben von Tennis-Trainer Daniel Köllerer vorstellen?

Köllerer: Mich fragen immer wieder einige Leute, ob ich Trainerstunden gebe. Viele glauben, dass man sich mich nicht leisten kann, weil ich einmal Nummer 55 der Welt war. Derzeit ist es aber einfach so, dass ich mir damit das tägliche Brot finanzieren muss. Deshalb spiele ich halt einige Trainerstunden, obwohl ich die Zeit oft natürlich lieber mit meiner Kleinen verbringen würde.

LAOLA1: Schweißt euch deine schwierige Situation in der Familie jetzt noch mehr zusammen?

Köllerer: Natürlich, bei solchen Sachen rückt man immer näher zusammen. Ich will über private Dinge aber nicht mehr so viel reden wir früher. So viel kann ich aber sagen: Ich freue mich auf den ersten Geburtstag der Kleinen am 16. Juni. Das werden wir ordentlich feiern.

LAOLA1: Nach dem Protest hat dir der CAS immerhin die 100.000 Dollar Geldstrafe erlassen. Ist das ein kleiner Trost?

Köllerer: Das war leider ein bisschen ein Nullsummenspiel und hat deshalb nicht viel gebracht. Die Anwaltskosten waren ja doch beträchtlich.


LAOLA1:
 Wie geht es dir im Alltag mit dem Urteil? Sprechen dich viele Leute darauf an? Wie reagieren sie, wenn sie dich sehen?

Köllerer: Mich haben immer schon viele Leute wiedererkannt. Dieselben Leute drehen sich auch heute nach mir um und stecken dann die Köpfe zusammen. Für meine Frau ist das extrem unangenehm. Jetzt heißt es natürlich nicht mehr: „Hey! Das ist der, der bei den US Open gespielt hat“ sondern, „Hey! Das ist der, den sie wegen Wettbetrug gesperrt haben.“

LAOLA1: Es ist sicherlich nicht leicht, damit umzugehen.

Köllerer: Es gibt trotzdem einige Leute in meinem Umfeld, bei denen ich merke, dass mich die wirklich mögen und der Kontakt immer größer wird. So etwas ist natürlich auch schön, wenn man sieht, dass man für jemanden nicht nur als Tennis-Spieler, sondern als Mensch zählt. Da sieht man, dass man charakterlich in Ordnung ist. Ich glaube, dass es im Leben ganz entscheidend ist, wenn man solche Qualitäten hat. Was bringt es, wenn du Millionär bist, aber keine Freunde hast? Ich werde schon wieder auf die Füße kommen und etwas schaffen. Beim Tennis haben mir früher auch immer alle erzählt, dass ich zu deppert bin und nicht den Schädel dazu habe. Am Ende habe ich dann aber alle zum Schweigen gebracht. Nach dem Urteil zerreißen sich jetzt natürlich wieder alle ihre Mäuler. Ich werde im Tennis oder vielleicht in einer anderen Sparte etwas auf die Füße stellen und es wieder allen beweisen. Auch wenn das Tennis für mich Geschichte ist, habe ich das Vertrauen in mich, dass ich es schaffen kann, wenn ich etwas nur wirklich will.

LAOLA1: Wie schaut denn dein Lebens-Traum mittel- oder langfristig aus? Eine Tennis-Akademie?

Köllerer: Das geht leider nicht so leicht. Ich kann nicht sagen: „Servus, grüß euch! Schön, dass ihr alle da seid. Ich bin der Köllerer Daniel und ich mach jetzt eine Tennis-Akademie auf.“ Dafür braucht man die Facilities dazu. Das ist nicht einfach. Deshalb werde ich da nichts überstürzen und mir alles gut überlegen. Ich kann mir jedenfalls nicht vorstellen, dass ich ein Typ bin, der auf der Strecke bleibt.

Das Gespräch führte Christian Frühwald


LAOLA1:
 Im Tennis ist es beinahe schon Tradition, dass schlechter platzierte Spieler rigoroser und härter bestraft werden als die Superstars. Fehlt den Verbänden der Mut?

Köllerer: Da fragst du jetzt den Falschen. Wenn ich jetzt sage: „Ich war eh nur Nummer 300 und das ist ein Wahnsinn, dass sie das mit mir gemacht haben!“ heißt es, dass ich wieder in die Opferrolle schlüpfe. Die Top 10 sind natürlich für jeden Turnier-Veranstalter wichtiger als der kleine Köllerer, der nach einer Handgelenks-OP aus den Top 300 rausgerutscht ist. Darüber muss ich jetzt aber nicht mehr reden. Das wäre so, als ob mich jemand fragen würde, wie ich meine Tochter genannt hätte, wenn es ein Bub geworden wäre. Darüber mache ich mir keine Gedanken. Ich muss schauen, dass ich mit meiner Situation klar komme und bald wieder Fuß fasse. Ich habe mir immer viel zu viele Gedanken über andere gemacht. Früher habe ich für ein „Fuck!“ 500 Dollar gezahlt und bei einem anderen ist nichts passiert. So etwas ist mir mittlerweile egal. Es muss sich jeder an der eigenen Nase nehmen. Wenn ich früher immer nur auf mich geschaut hätte, wäre ich in meinem Leben und meiner Karriere wahrscheinlich weiter gekommen. An der Vergangenheit kann ich aber wenig ändern. Es ist jetzt so, wie es ist.

LAOLA1: Das Motto heißt also in die Zukunft blicken und mit dem CAS-Urteil leben lernen.

Köllerer: Das Urteil ist das Einzige, das mir extrem weh tut und woran ich noch lange arbeiten muss. Wenn man in der Zeitung liest „Amerikaner nach 18 Jahren unschuldig aus dem Gefängnis entlassen“ - da sieht man, dass es noch viel schlimmere Situationen gibt. Ich kann es nur noch einmal sagen: Ich habe mit diesem Dreck genauso wenig zu tun wie mit Doping oder Drogen im Zivilleben. Von solchen Dingen nehme ich einfach Abstand. Mir ist wichtig, dass ich das Urteil akzeptiere und dass es meiner Familie gut geht und sie gesund bleibt. Wenn irgendjemand schwer krank wird, habe ich auch von vier Millionen Euro im Jahr nichts.