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"Auf diesem Level kannst dir keine Aussetzer leisten"

Wie der Vater so der Sohn.

So cool Dominic Thiem am Dienstag seinen Sensations-Sieg über Stanislas Wawrinka einfuhr, so relaxt verfolgte auch Vater Wolfgang in der Heimat via TV die beeindruckende Vorstellung seines Sohnes.

„Meine Frau war aufgeregter als ich. Ich war gar nicht so angespannt“, erzählte der 41-Jährige im Gespräch mit LAOLA1.

„Wenn du siehst, dass dein Sohn mit dem aktuell besten Spieler auf der Welt auf Augenhöhe ist, dann freust du dich in erster Linie. Es ist eine Bestätigung für ihn und seine Arbeit.“

„Wawrinka hat Dominic anfangs überrascht“

Dabei sah es zu Beginn gar nicht gut für den Filius aus. Mit 1:6 musste Thiem den ersten Satz gegen den amtierenden Australian-Open-Sieger und Weltranglisten-Dritten klar abgeben.

„Wawrinka hat richtig gut angefangen. Von diesem hohen Tempo war Dominic am Anfang etwas überrascht“, analysierte der Vater, der ebenso wie Frau Karin als Tennis-Trainer arbeitet. „Danach hat Dominic aber wirklich gut gespielt und sich vor allem beim Aufschlag gesteigert. Dadurch hatte er mehr freie Punkte. Da kannst du natürlich befreiter spielen, wenn du nicht dauernd unter Druck stehst, dein Service zu verlieren.“

So richtig spekulierte Wolfgang Thiem mit der Überraschung erst gegen Ende des dritten Satzes. „Nachdem er bei 1:1 diese brenzlige Situation bei 15:40 überstanden hatte, hatte ich am Ende des Matches ein gutes Gefühl. Da war er näher am Break als Wawrinka.“

Auch der Vater lobt die Rückhand

Wie  der Rest der Tennis-Welt war auch Vater Wolfgang von der einhändigen Rückhand Dominics angetan. „Da waren ein paar schöne Longline-Winner dabei. Das war wirklich beachtlich.“

Im Vergleich zu Thiems letztem Auftritt im TV wird den Zuschauern vor allem der Unterschied zum Davis-Cup-Duell gegen Norbert Gombos aufgefallen sein. Damals war der Youngster nämlich vor allem bei der Backhand recht fehleranfällig.

„Mit so einem schnellen Boden (Anm.: Hartplatz) wie in Bratislava hat er sicher noch Probleme. Da hat er einfach einen Schritt weniger Zeit und er ist eben einer, der sich den Punkt gerne vorbereitet. Wenn er dann nicht die nötige Zeit hat, dann hat er sicher ein Problem. Auf Sand tut er sich da leichter. Er muss aber natürlich lernen, auch auf einem schnelleren Belag zurechtzukommen“, erklärte Vater Wolfgang.

„Im Endeffekt hat er aber sicherlich beim Davis Cup seine schlechteste Partie in diesem Jahr gespielt.“

„Dominic ist noch kein kompletter Spieler“

Für Thiem war der Sieg gegen Wawrinka der erste Sieg über einen Top-Ten-Spieler. Im vergangenen Jahr brachte er schon Jo-Wilfried Tsonga in der Wr. Stadthalle an den Rand einer Niederlage. In Rotterdam zwang er Andy Murray in einen dritten Satz.

Wolfgang Thiem ist selbst Tennis-Trainer

„Er macht seinen Job ganz ausgezeichnet“, freut sich der stolze Vater über seine beiden Söhne. Wie es zu dieser Konstellation kam?

„Moritz wollte einfach mal mit seinem Bruder mitfahren und letzte Woche hat sich das dann so ergeben, weil ihn adidas zum Chelsea-Match (Anm.: Champions League gegen Atletico) eingeladen hat.  Von dort sind sie weiter nach Madrid gereist. Am Freitag war eh schulfrei und dann haben wir gesagt, dass er so lange dort bleiben kann, wie Dominik noch im Bewerb ist. Die beiden sehen sich sonst eh so wenig.“

Für das Brüder-Paar sei es eine Win-Win-Konstellation. „Es ist für beide gut. Dominik muss für den Kleinen schließlich auch ein bisschen Verantwortung übernehmen und auf ihn aufpassen. Das schadet ihm nicht. Sonst ist er eh nur auf sich alleine gestellt. Und dem Kleinen taugt es, weil er mit dem Großen mitreisen darf.“

Profi-Wunsch nach Madrid-Reise wohl verstärkt

Der kleine Moritz ist übrigens selbst ein Talent und wird sich in Bälde auch auf internationaler Ebene versuchen. „Wie Dominik hinkt aber auch er körperlich ein bisschen her und da hast du dann bei U14-U16 kaum eine Chance“, weiß Vater Wolfgang, dass ihm zum Weg zum Profi noch ein langer Weg bevorsteht.

„Durch die Reise nach Madrid wird sein Wunsch, Profi zu werden, wahrscheinlich noch verstärkt worden sein. Er hat sicherlich auch diesen Ehrgeiz, aber ob dann wirklich etwas daraus wird, wird man erst sehen."

Der Weg zum Tennis-Profi halte schließlich auch viele Schattenseiten parat. "Das Training, die vielen Reisen und die Niederlagen – das ist ein langer Weg, bis man einmal dort ist, wo Dominic jetzt ist.“

Zumindest beim großen Bruder kann man mittlerweile davon ausgehen, dass sich die Entbehrungen auf diesem Weg auszahlen werden.

Christian Frühwald

„Aus diesen Partien hat er sicherlich gelernt. Wenn du dauernd Matches auf diesem Niveau hast, passt du dich an und verbesserst dich. Auf diesem Level kannst du dir einfach keine Aussetzer leisten – auch das hat er gelernt.“

Stark verbessert habe sich Thiem am Aufschlag, der immer mehr zur Waffe wird. „Er ist noch nicht so, wie er sein soll, er ist aber schon viel konstanter. Ein paar Puzzleteile müssen noch zusammengebaut werden. Er ist ja noch kein kompletter Spieler. Es gibt noch viele Sachen, die man verbessern könnte.“

Ohne Fleiß, kein Preis

Gerade dieser Umstand ist es, der zum Träumen einlädt. Wenn ein Spieler die Nummer drei der Welt schlägt und immer noch so viel Potenzial in sich trägt, dann sind diesem nur wenig Grenzen gesetzt.

Eines steht aber fest: Ohne Fleiß, kein Preis. „Auch in Zukunft gibt es viel zu tun. Du musst dich auf der Tour jeden Tag neu beweisen“, weiß Vater Wolfgang, dass sich ein Tennis-Profi nicht auf seinen Lorbeeren ausruhen darf.

Dementsprechend wichtig wird es sein, nach dem Erfolg gegen Superstar Wawrinka auch gegen Feliciano Lopez die Konzentration zu bewahren, um die Bestleistung abrufen zu können. Am Donnerstag bekommt es Thiem im Achtelfinale mit dem Spanier in der dritten Partie nach 15 Uhr zu tun.

"Lopez serviert super, hat eine gute Vorhand und einen giftigen Slice. Er attackiert viel und ist dadurch recht unangenehm. Solche Spieler, die so extrem nach vorne spielen, hast du heute fast nicht mehr. So etwas ist ungewohnt, da dieser Spielstil nicht mehr sehr häufig gespielt wird."

Wolfgang Thiem freut sich über Tennis-Begeisterung

Bei einem neuerlichen Erfolg würde Dominic Thiem erstmals in seiner noch jungen Karriere im Viertelfinale eines ATP-1000-Turniers stehen. Und damit wohl für einen neuerlichen Tennis-Begeisterung in Österreich sorgen.

Ein Umstand, der Tennis-Fan Wolfgang so richtig „taugt. Man sieht, dass jetzt wieder eine Tennis-Begeisterung da ist. Das kann  man schon an den Reaktionen auf Facebook oder der allgemeinen Berichterstattung erkennen.  Im Endeffekt kannst du den Sport nur über solche Erfolge pushen.“

„Wenn diese in einer gewissen Regelmäßigkeit stattfinden, dann schauen sich die Leute die Partien auch wieder im Fernsehen an“, ist Thiem senior überzeugt. Naturgemäß ist er auch darüber erfreut, dass sein Sohnemann in der Öffentlichkeit gut ankommt. „Ob er gewinnt oder nicht, ist vielleicht gar nicht so wichtig. Die Leute wollen einfach sehen, dass der da draußen sich den Arsch aufreißt. Die Leistungsbereitschaft muss da sein.“

Brüder-Paar profitiert voneinander

Pluspunkte in der Öffentlichkeit sammelt Dominic Thiem in Madrid wohl auch durch seinen Coach. In seiner Spielerbox drückt in dieser Woche nämlich nicht sein langjähriger Betreuer Günter Bresnik, sondern sein erst 14 Jahre junger Bruder Moritz die Daumen.