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"Wenn du nicht gewinnst, nützt dir Facebook nichts"

Zu einer erfolgreichen Sportler-Karriere gehören auch Rückschläge und Lernphasen.

Eine derartige Phase musste Dominic Thiem während seiner ersten Rasen-Saison durchlaufen - zwei Spiele, zwei Niederlagen.

Dementsprechend groß ist nun die Vorfreude auf die Rückkehr auf Sand. Schließlich steht in wenigen Wochen auch das Heim-Turnier in Kitzbühel auf dem Programm.

In der Gamsstadt träumt der 20-jährige Niederösterreicher bereits vom ersten ATP-Titel. Welche Ziele Thiem 2014 noch hat, wie anstrengend sein erstes halbes Jahr auf der Tour war und warum er sich mit einer Eigenkreation anfeuert, verrät er im LAOLA1-Interview.

LAOLA1: Hast du viel aus deiner ersten Rasen-Saison lernen können?

Thiem: Ich habe schon vorher gesagt, dass ich nicht enttäuscht sein werde, wenn ich zwei Mal in der ersten Runde verliere. Und so war es dann auch. Es ist aber das letzte Mal, wo so etwas passieren darf. In der nächsten Saison will ich auch die Rasen-Saison g’scheit spielen.

LAOLA1: Dein Coach Günter Bresnik hat gemeint, dass es vor allem darauf ankommt, zu lernen, wie man sich auf Rasen richtig bewegt. Kannst du die Unterschiede beschreiben?

Thiem: Ich habe mich auf Rasen oft wie auf Sand bewegt, bin herumgerutscht und so weiter. Das geht natürlich nicht. Nächstes Jahr werde ich wahrscheinlich früher nach London fahren und richtig lernen, wie man einen Punkt aufbaut. Ich hatte vor drei, vier Jahren das gleiche Problem auf Hardcourt und das ist damals auch schnell gegangen. Nach ein paar Wochen Training funktioniert das schon.

LAOLA1: Hast du in der Juniorenzeit kaum auf Rasen gespielt?

Thiem: In Halle habe ich sogar einmal ein Turnier gewonnen. Ansonsten habe ich aber nur in Wimbledon gespielt. Das ist aber auch schon wieder zwei Jahre her.

LAOLA1: In Wimbledon hat man gesehen, dass bald einige junge Spieler nach oben kommen. Wer glaubst du, werden in Zukunft deine Hauptkonkurrenten sein?

Thiem: Jiri Vesely ist gleich alt wie ich, spielt sehr solide und war sogar früher Top 100 als ich. Nick Kyrgios hat letzte Woche in Wimbledon Nadal geschlagen, ist aber ein ganz anderer Spieler als ich. Der hackt auf alles drauf und serviert wie ein Henker. Dimitrov und Raonic sind auch noch sehr jung und werden in Zukunft wohl eine große Rolle im Herren-Tennis spielen.

LAOLA1:  Wie schauen deine Ziele für die kommenden Monate aus?

Thiem: Ich würde es gerne bis zum Jahresende unter die ersten 32 im ATP-Ranking schaffen, damit ich bei den Australian Open gesetzt bin. Außerdem bin ich heiß auf einen Turniersieg. Normale Match-Siege auf der Tour sind jetzt nicht mehr das große Highlight für mich. Ich muss aber alles Schritt für Schritt machen.

LAOLA1-Redakteur Christian Frühwald mit Dominic Thiem

Thiem: Mats Merkel. Der ist eigentlich schon seit Australien bei fast jedem Turnier dabei. Er arbeitet für adidas und ist speziell für mich abgestellt. Er war auch immer bei fast jedem Training von Günter mit dabei. Er kennt fast alle Spieler auf der Tour, was natürlich ein großer Vorteil ist. Wenn ich mit ihm trainieren gehe, trainiere ich fast nur mit Top-10-Spielern. Das passt sehr gut.

LAOLA1: Du hast gesagt, dass du letzte Woche drei Tage Urlaub gemacht hast. Wie hat dieser ausgeschaut?

Thiem: Ein richtiger Urlaub war es eigentlich nicht. Ich war in diesen drei Tagen in Deutschland, weil ich dort am Wochenende in der Meisterschaft gespielt habe. Nach der Saison werde ich leider auch keine Gelegenheit für einen Urlaub bekommen. Im November muss ich zum Bundesheer die Grundausbildung machen. Das ist natürlich nicht ideal, ist in Österreich aber leider so.

LAOLA1: Du hast auf Facebook öfter Fotos mit Jürgen Melzer gepostet. Macht ihr viel gemeinsam auf der Tour?

Thiem: Wir waren ein paar Mal gemeinsam essen. Ich verstehe mich natürlich besser mit ihm, als mit allen anderen. Jürgen ist sehr erfahren und hilft mir auch mit Tipps aus.

LAOLA1: Du bist auf Facebook sehr aktiv. Gehört das für dich als Profi-Sportler einfach dazu?

Thiem: Das macht mittlerweile sowieso schon jeder. Es ist natürlich wichtig, aber wenn du nichts gewinnst, nützt dir das ganze Facebook nichts.

LAOLA1: Ist es für dich eine gewisse Bestätigung, wenn du plötzlich 15.000 oder 25.000 Fans auf deiner Facebook-Seite hast?

Thiem: Das macht für mich keinen großen Unterschied. Es werden sowieso automatisch mehr, wenn man Erfolge feiert.

LAOLA1: Thomas Muster hat vor ein paar Wochen gemeint, dass er dir raten würde, mehr im Ausland zu spielen, damit du nicht dauernd irgendwelchen Schulterklopfern ausweichen musst. Was sagst du zu diesem Ratschlag?

Thiem: Er hat da sicher nicht ganz unrecht. Es ergibt sich aber sowieso automatisch, im Ausland zu spielen. Ich war heuer vielleicht drei Wochen zu Hause. In meiner kleinen Ortschaft in Lichtenwörth kennt mich sowieso jeder. Wir haben ja nur um die 2.000 Einwohner.

LAOLA1: Das ATP-Turnier in Kitzbühel steht vor der Tür. Wäre das nicht ein idealer Ort für den ersten Turniersieg?

Thiem: Ich kann in Kitzbühel sicherlich jeden schlagen, der dort mitspielt. Solange der Nadal nicht nach Kitzbühel kommt, mache ich mir keine Sorgen. Als Mitfavorit sehe ich mich in Kitzbühel nicht, ich träume heuer aber schon - im Gegensatz zu den letzten Jahren vom Titel. Wenn ich gut spiele, traue ich mir das zu.

LAOLA1: Wie schaut dein Programm für die zweite Saisonhälfte aus?

Thiem: Mit Hamburg, Gstaad und Kitzbühel werde ich jetzt einmal drei Sandplatz-Turniere bestreiten. Danach geht es auf die US-Hartplätze, Davis Cup und Asien. Danach startet mit dem Stadthallen-Turnier die Hallen-Saison.

LAOLA1: Da hast du ja ein gewaltiges Programm vor dir.

Thiem: Ich habe auch ein gewaltiges Programm hinter mir (lacht). Auch daran gewöhnt man sich. Wenn man einmal ein paar Tage Pause macht, merkt man erst, wie nah man eigentlich am Limit dran ist. Die ersten Monate in dieser Saison waren sehr hart, weil ich das viele Reisen nicht wirklich gewöhnt war. Das wird aber immer besser.

LAOLA1: Hast du also sogar das Gefühl, dass dir das Reisen mittlerweile leichter fällt als früher?

Thiem: Ja, ganz sicher sogar. Das ist alles reine Gewöhnungssache. Bei den Junioren oder den Future-Turnieren reist man doch um einiges weniger, fährt sogar zu einigen Turnieren mit dem Auto hin. Auf der Tour fliegst du alle zwei Wochen woanders hin. Das ist schon eine Umstellung.

LAOLA1: Jürgen Melzer klagt bekanntlich schon seit Jahren über das lästige Koffer aus- und einpacken.

Thiem: Da mache ich es mir einfach – ich lasse das Zeug einfach drin! (lacht)

LAOLA1: Günter Bresnik geht in den nächsten Wochen auf ein Trainingslager mit Ernests Gulbis. Wer wird dich in dieser Zeit auf den Turnieren begleiten?

LAOLA1: Mittlerweile bist du wohl der mit Abstand berühmteste Sohn der Gemeinde.

Thiem: Das war nicht schwer, da es davor keine Berühmtheit aus Lichtenwörth gegeben hat. Ich war wohl schon der berühmteste Lichtenwörther, nachdem ich Landesmeister geworden bin (lacht).

LAOLA1: Du schließt deine Facebook-Einträge immer mit „Bamos!“ an. Wie ist es zu dieser speziellen Wort-Kreation gekommen?

Thiem: Ich wollte mich nicht mit „Vamos“, „Come on“ oder „Gemma“ anfeuern. Deshalb habe ich einfach etwas Eigenes erfunden. Ich schreie es jetzt am Platz aber nicht heraus, sondern sage es eher im Leisen zu mir selbst. Es ist einfach eine Eigenkreation, die mir persönlich am besten gefällt. Wer sie verwendet, muss dafür bezahlen (lacht).

Das Gespräch führte Christian Frühwald