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"Würde als Junger auch nicht in die Südstadt wollen"

13 Spiele, zehn Siege, ein Titel, ein Finale und ein Halbfinale – der Saisonstart von Julian Knowle und seinem slowakischen Partner Filip Polasek kann sich durchaus sehen lassen.

Für das bisherige Highlight sorgte das erst im August neu formierte Duo am Sonntag in Zagreb, wo es nach ihren verlorenen Finali in Wien und Doha seinen ersten gemeinsamen Turniersieg feiern durfte.

„In Wien haben wir leider nicht unser bestes Tennis gespielt, in Doha war der Kohlschreiber richtig gut. Diesmal haben wir von Anfang an gezeigt, wer das bessere Team ist und ein richtig gutes Finale gezeigt“, freut sich Knowle im Gespräch mit LAOLA1 über den insgesamt bereits 15. ATP-Titel seiner Karriere.

„Es gibt nichts Schöneres, als Titel zu gewinnen“

 „Ein Turniersieg ist immer schön.“ Daran hat sich für Knowle auch nach über 20 Jahren auf der Tour nichts geändert. „Am Ende der Karriere wird man natürlich an Titel gemessen. Es gibt auch nichts Schöneres, als Titel zu gewinnen – dafür spielt man Tennis!“

Dementsprechend sieht sich der 38-jährige Vorarlberger mit seinem elf Jahre jüngeren Neo-Partner auf einem guten Weg.

„Wir haben schon das ganze Jahr gut gespielt. Wenn wir über das Jahr gesehen weiterhin so gute Ergebnisse einfahren, dann passt das“, so Knowle, der allerdings auch auf eine Steigerung bei den Grand-Slam-Turnieren hofft.

Ausrutscher in Melbourne

Schließlich setzte es ausgerechnet bei den Australian Open die einzige Erstrunden-Niederlage. „Da haben wir mit Matchball verloren. Das ärgert einen natürlich. Aber so ist Tennis nun mal – man kann es sich nicht immer aussuchen, wie man es gerne hätte. Es hilft aber nix, der Niederlage ewig nachzutrauern. Im Tennis kann man das zum Glück Woche für Woche ausbügeln. Auch wenn es bei den Grand-Slam-Turnieren schwierig ist, weil es da ja nur vier im Jahr gibt.“

Trotz des Ausrutschers in Melbourne stehen Knowle/Polasek im Champions Race auf Platz fünf. An die mögliche Qualifikation für das World Tour Finale in London, wo die besten acht Doppel-Paare an den Start gehen dürfen, will der Österreicher aber noch nicht denken.

Knowle mit Neo-Partner Polasek

„Anfang Februar wäre das ein Blödsinn. Es wird sich erst zeigen, ob wir über die ganze Saison konstant ganz oben mitmischen können. Über ein paar Wochen haben wir es bereits geschafft. Das Ziel muss sein, dass wir so konstant wie möglich auf höchstem Niveau spielen können.“

Ausbildung zum Tennislehrer

Angesichts des aktuellen Erfolgslaufs ist ein Karriereende für Knowle zwar noch kein Thema, mit bald 39 Jahren schadet es aber dennoch nicht, für die Zeit danach zu planen.

Im Winter absolvierte der Weltranglisten-27. im Doppel eine vom ÖTV angebotene Ausbildung zum staatlich geprüften Tennislehrer für Hochleistungssportler. Sieht Knowle seine Zukunft als Profi-Trainer?

„Ausschließen möchte ich es nicht. Es ist aber noch ziemlich weit weg“, meint der ÖTV-Daviscupper, der die in der Vorwoche geplante Abschluss-Prüfung wegen seines Starts in Zagreb verschieben musste. „Es ist eine mögliche Option für mich. Was man hat, das hat man. Schaden tut es auf keinen Fall.“

Ob ihm die Ausbildung auch für seine Karriere als aktiver Spieler helfe? „Es sind ein paar interessante Sachen dabei. Für das eigene Spiel hilft es aber eher wenig. Wir sind lange genug dabei und wissen selbst, was uns gut tut und uns hilft oder nicht“, so Knowle, der beim gemeinsamen Training mit Kurs-Kollege Alex Peya  die erlernten Fachbegriffe eher scherzhaft in den Raum wirft.

Südstadt ist „deprimierend“

Gar nicht zum Scherzen zu Mute ist dem Vorarlberger, wenn das Gespräch auf eine mögliche Zukunft in der Südstadt fällt. Dort will ÖTV-Sportdirektor Clemens Trimmel das nationale Leistungszentrum wieder zu alter Blüte aufleben lassen.

„So wie es im Moment ist, kann ich mir das eigentlich nicht vorstellen“, gesteht Knowle. „Für mich ist die Südstadt – vielleicht sollte ich es nicht sagen, aber es ist für mich persönlich so – ein deprimierendes Leistungszentrum. Ich möchte dort nicht jeden Tag arbeiten. “

„Seit ich mich erinnern kann, hat sich in der Südstadt bei der Infrastruktur nichts verändert“, erzählt der Routinier. Einzig zwei Hartplätze seien zu den seit Jahrzehnten bestehenden Sandplätzen gebaut worden. „Die sind allerdings kaum bespielbar, weil sie so schlecht sind. Ansonsten ist dort relativ wenig passiert. Da ist kein Leben und keine Energie. Ich muss ehrlich sagen, dass es ein Armutszeugnis ist,  dass das das nationale Leistungszentrum in Österreich ist, wo eigentlich die Besten trainieren sollten.“

Die Besten wollen nicht

An diesem Unterfangen – nämlich die besten Jugendlichen in die Südstadt zu holen – scheiterte schon Trimmel-Vorgänger Gilbert Schaller. „Solange die Spieler privat die besseren Trainings-Bedingungen haben, wird es schwierig werden, sie in der Südstadt zu bündeln. Ich verstehe vollkommen, dass die nicht kommen wollen. Ich würde als junger Spieler auch nicht wollen.“

Ob es da nicht sinnvoller wäre, gleich auf die private Schiene zu setzen? „Grundsätzlich sollte es schon das Ziel des österreichischen Tennisverbands sein, die besten Jugendlichen zusammenzubringen“, sieht der ÖTV-Daviscupper in diesem Punkt den Verband in der Verantwortung.

„Dass das ein großer Kampf ist, weiß eh jeder und ist kein großes Geheimnis“, so Knowle, der aber keine großen Schuldzuweisungen machen will. „Ich habe nicht den Einblick und das Recht, mir hier ein Urteil anmaßen zu dürfen.“

Fakt ist aber auch: Sollte Knowles bald zweijährige Tochter Alicia irgendwann einmal den Wunsch äußern, ihre Zukunft als Tennis-Profi gestalten zu wollen, stünde für ihren Vater eines fest: „Wäre die Situation so, wie sie aktuell ist, würde ich mir sehr gut überlegen, ob ich sie in die Südstadt schicke. Ich könnte keinem Elternteil ruhigen Gewissens eine Empfehlung für die Südstadt abgeben.“

Christian Frühwald